„Leute sind es selbst schuld“Köln schränkt Glühweinverkauf ein – Wirte sind wütend

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„Glühwein-Wanderweg“ steht an der Glasscheibe einer Eisdiele in Köln.

Köln – Am Ende war es keine große Überraschung mehr, was die Stadt am Mittwoch den Gastronomen und allen Kölnern auferlegt hat: Mit abendlichem Glühwein in der Südstadt, in Ehrenfeld, Mülheim und überall sonst in der Stadt ist es nun vorbei – vorerst zumindest. „Verkauf und Abgabe warmer oder heißer alkoholhaltiger Getränke wie Glühwein, Punsch, Tee mit Rum usw.“ sind im ganzen Stadtgebiet verboten, hat der Corona-Krisenstab beschlossen. Das Verbot gilt ab Donnerstag und jeweils unter der Woche ab 16 Uhr und am Wochenende schon eine Stunde früher. 

Zu eindrücklich schienen die Schilderungen des Ordnungsamtes zu sein, das am vergangenen Freitagabend von einer Ansammlung von etwa 200 Menschen an den Glühweinbuden auf der Ehrenfelder Bartholomäus-Schink-Straße sprach. Die Ordnungskräfte seien von Anwohnern gerufen worden, hätten die Straße geräumt und die Budenbetreiber gebeten, den Verkauf zu stoppen. Seither schon stand ein Glühweinverbot im Raum. Ein generelles Alkoholverbot wie in anderen Teilen Deutschlands gibt es damit aber weiterhin nicht.

Verkauf etwa von kühlem Flaschenkölsch erlaubt

Auch nicht von dem neuen Verbot betroffen ist der Verkauf etwa von kühlem Flaschenkölsch in Supermärkten und Kiosken. Offensichtlich wollte der Krisenstab speziell den Verkauf von Glühwein unterbinden, der zuletzt im Konzept der sogenannten „Glühweinwanderwege“ in mehreren Stadtteilen recht erfolgreich lief.

Offenbar aber in Teilen zu erfolgreich, weil es mitunter lange Schlangen gab. Zudem waren viele Kunden nicht der Idee gefolgt, von Stand zu Stand zu spazieren, sondern haben sich in Kleingruppen in der Nähe der Buden zusammengestellt. Anscheinend sah die Stadt darin ein zu großes Infektionsrisiko.

Glühweinverbot in Köln: „Sind mal wieder die Prügelknaben“

Besonders hart trifft die Regelung nun die Gastronomen, die mitten im zweiten Lockdown ohnehin vor einem ungewissen Winter stehen. Noch vor wenigen Wochen hatten einige Wirte ihre Läden mit neuem Mobiliar tauglich gemacht für den ersten Corona-Winter. Darauf folgte Anfang November die Schließung, der einige Betreiber mit dem To-go-Verkauf von Glühwein, anderen Getränken und auch Mahlzeiten begegneten. Nun folgt also der nächste Riegel, den ihnen die Stadt vorschiebt.

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Im Johann-Schäfer-Biergarten im Rheinauhafen stapelt sich jetzt der Glühwein, den Betreiber Till Riekenbrauk für den Dezember eingekauft hat. „Jetzt haben wir wunderschönen Winzerglühwein hier rumliegen. Der ist bestimmt ein paar Tausend Euro wert“, sagt er. Wenn der To-Go-Verkauf in den vergangenen Monaten nicht gewesen wäre, hätte er seine etwa 25 Mitarbeiter nicht bezahlen können.

Größtenteils haben sich Menschen an Vorgaben gehalten

Die Entscheidung der Stadtspitze hält er für „klare Branchendiskriminierung“. Monatelang sei gepredigt worden, man solle sich draußen aufhalten, wo sich das Virus nicht so schnell verbreite wie in Räumen. „Und nun sagt man, dass das doch alles nicht geht. Die Gastronomen sind wieder einmal die Prügelknaben.“ Größtenteils, wie auch an seiner Bude im Rheinauhafen, hätten sich die Menschen an die Vorgaben gehalten – auch dank eines eigenen Sicherheitsdienstes. „Ich glaube nicht, dass wir in irgendeiner Form für Neuinfektionen verantwortlich waren“, sagt Riekenbrauk.

Dass es ein paar Grenzüberschreitungen wie in Ehrenfeld gegeben habe, dürfe nicht dazu führen, dass die komplette Branche belangt wird. „Das ist so, als hätte ein Fan im Stadion Pyrotechnik angezündet und als Strafe wird das nächste Spiel ein komplettes Geisterspiel“, sagt er. Die nächsten Wochen wolle er es mit Kakao und Kinderpunsch versuchen. „Der Glühwein hält sich ja auch noch bis Januar“, sagt er.

Kunden halten Wanderweg nicht ein

Wer für die Entscheidung der Stadt verantwortlich zu machen ist, steht für Frank Glitscher indes fest. „Das sind die Leute selber schuld. Wenn man sich an die Regeln halten würde, wäre es eine tolle Sache gewesen, aber leider hapert es an der Umsetzung, weil die Leute so unvernünftig sind und den Wanderweg nicht einhalten“, sagt der Wirt des Sülzer Lokals „Em Birkebäumche“.

„Es heißt Glühweinwanderweg und nicht Verweilweg!“ Die Wirte seien froh gewesen, während des Lockdowns wenigstens ein bisschen arbeiten und außer Haus verkaufen zu können. „Aber so eine Sache steht und fällt mit der Einsicht der Menschen.“ 

Betreiber der Kölschbar geben auf

„Man könnte sicher auch hier wieder Schlupflöcher finden“, ist Malte Böttges überzeugt. „Morgens Glühwein verkaufen oder alkoholfreien Glühwein. Es ist nicht so, dass wir Wirte nicht erfinderisch wären, um unsere Existenz zu retten. Aber wir haben keine Lust mehr, ungerecht behandelt und zum Buhmann gemacht zu werden. Wir geben auf!“, erklärt einer der Betreiber der Kölschbar an der Lindenstraße.

Ob durch das Verbot Infektionszahlen heruntergingen, während Bahnen und Kaufhäuser vor Weihnachten aus allen Nähten platzten, bliebe abzuwarten, „Wir machen Winterschlaf bis uns einer mit guten Neuigkeiten weckt.“

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