Neues QuartierWarum macht Köln 55 Millionen Euro Verlust mit dem Deutzer Hafen?

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So soll der Deutzer Hafen einmal aussehen.

Köln – Der Umbau des Deutzer Hafens vom einem industriell geprägten Areal zu einem Wohn- und Arbeitsquartier mit Rheinschwimmbad soll Platz für 6900 Bewohner und 6000 Arbeitsplätze schaffen — doch laut einer internen Analyse geht die Stadt Köln von einem Verlust im Jahr 2035 von 58,1 Millionen Euro aus. Die Summe muss die Stadt ausgleichen. Wie kann das sein in einer Zeit, in der Flächen in Köln begehrt und teuer sind, noch dazu direkt am Rhein plus einem Hafenbecken?

Die „Moderne Stadt“ als Stadtentwicklungsgesellschaft der Stadt Köln für den Deutzer Hafen teilt in ihrem Geschäftsbericht ja sogar mit: „Bereits heute ist ein großes Interesse von Investoren am Erwerb von bebauungsfähigen Grundstücken an diesem Standort erkennbar.“

„Die Stadt Köln hat nur begrenzte Möglichkeiten“

Die „Moderne Stadt“ hatte 80 Prozent der Flächen vor Jahren der städtischen Häfen- und Güterverkehr abgekauft, weitere 20 Prozent sind in Privatbesitz. Später verkauft die „Moderne Stadt“ die Baufelder an Investoren, die darauf bauen – doch davon profitiert die Stadt nur bedingt.

In der Finanzanalyse der Stadtwerke, die als Treuhänder fungieren, heißt es: „Die Stadt Köln hat nur begrenzte Möglichkeiten, Einnahmen aus der Entwicklung zu generieren und von konjunkturellen Bodenwertsteigerungen zu profitieren. Die Vermarktung von Grundstücken erfolgt zum größten Teil durch die Stadtentwicklungsgesellschaft der Stadt Köln Moderne Stadt.“

Linke prangern Heimlichtuerei der Verwaltung an

Und warum wird die Diskussion über diese Verluste im nicht-öffentlichen Teil der Gremien des Stadtrates geführt? Die Fraktion der Linken kritisiert das als „Heimlichtuerei“, ihr Geschäftsführer Michael Weisenstein sagt: „Das Handeln der Verwaltung und die Kosten des Deutzer Hafens müssen öffentlich diskutiert werden.“

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Die Siegburger Straße am Deutzer Hafen.

Der Finanzbericht beleuchtet die Situation zum Jahresende 2021. Die Stadt Köln teilte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu den 58,1 Millionen Euro Verlust  mit: „Es handelt sich hierbei nicht um einen Verlust, es handelt sich um Erschließungskosten.“ Eine bemerkenswerte Aussage zu einem Bericht eines anderen städtischen Unternehmens, die Stadtwerke verwenden explizit den Begriff Verlust.

Das Defizit ist laut Verwaltung ein Zwischenstand, beispielsweise über Förderprogramme könne man es noch drücken. Und: Die „Moderne Stadt“ ist ein städtisches Unternehmen. Wie aus der Verwaltung zu hören ist, führt sie Geld zurück an die Stadt ab, wenn sie beim Verkauf der Grundstücke an Investoren mehr Geld einnimmt als geplant.

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Ein Blick auf den geplanten Deutzer Hafen.

Insgesamt investiert die Stadt für den seit 2021 laufenden Umbau laut des Berichtes rund 333,8 Millionen Euro, unter anderem 130,1 Millionen Euro für neue Straßen, das Kanalnetz, die Rad- und Fußgängerbrücken, Parks und Promenaden. Weitere 70,6 Millionen Euro sind vorgesehen für den Abbruch von Gebäuden, die Altlastensanierung sowie die Kampfmittelräumung, zudem 20,1 Millionen Euro für Gebäude wie ein Hafenamt oder ein Quartierszentrum. Auf der anderen Seite nimmt die Stadt rund 62,7 Millionen Euro durch Grundstücksverkäufe ein.

Werden die Mieten bezahlbar sein?

Das bedeutet: Einen Quadratmeter neues Bauland zu entwickeln, kostet im Deutzer Hafen 2326 Euro und führt zu 594 Euro, die ein Quadratmeter Bruttogeschossfläche in den Gebäuden später kostet. Im Stadtrat sorgen sich nun Politiker, ob diese hohen Summen den Bau bezahlbarer Wohnungen im Deutzer Hafen erschweren.

Es sollen auch 30 Prozent öffentlich gefördert sein, weitere 20 Prozent preisgedämpft  – allerdings nur auf den Flächen der „Modernen Stadt“, ihr gehören aktuell 80 Prozent, auf denen später 75 Prozent der Bruttogeschossfläche für Büros und Wohnungen gebaut werden.

Wirtschaftliches Risiko durch Krieg und Corona

Und angesichts steigender Baukosten durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg gerät der öffentlich geförderte Wohnungsbau laut Andreas Röhrig, Geschäftsführer der „Modernen Stadt“, massiv unter Druck. Über das Kooperative Baulandmodell sollen eben 30 Prozent der Wohnungen mit Geldern des Landes subventioniert werden, im Gegenzug ist die Miete für 25 bis 30 Jahre gebunden, aktuell sind es zwischen sieben und 7,60 Euro je Quadratmeter.

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Weitere 20 Prozent sollen preisgedämpft sein, in Düsseldorf beispielsweise sind das 9,80 Euro je Quadratmeter. Doch die 20-Prozent-Quote gilt nur für die Flächen der „Modernen Stadt“, Röhrig bekannte sich jüngst aber für diese Flächen zum preisgedämpften Wohnungsbau.

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Ein geplanter Platz im Deutzer Hafen.

Aber können die Mieten in den 50 Prozent frei finanzierten Wohnungen ohne Mietbindung so hoch sein, dass sie die vergleichsweise niedrigen Mieten der geförderten Wohnungen refinanzieren? Röhrig sagt zur Entwicklung von Bauprojekten: „Bisher klappte das, aber das wird unter der Maßgabe gestiegener Baukosten an anderen Stelle sicher diskutiert werden. Beim Deutzer Hafen gehen wir davon aus, dass wir das in Balance bringen können.“

Gelingt diese Balance aber nicht, sagt Röhrig: „Dann haben sie ein wirtschaftliches Thema.“ Was übersetzt heißt: Es droht Verlust.

Baudezernent Greitemann ist optimistisch

Baudezernent Markus Greitemann sagt aber zum Deutzer Hafen: „Bei der Lage kann man letztendlich entspannt sein.“ Und falls der Markt die hohen Mieten zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht hergibt, kann die „Moderne Stadt“ laut Röhrig den Verkauf der besonders begehrten Baufelder aufschieben, ohne dass das gesamte Projekt gefährdet sei.

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So sieht es aktuell dort aus.

Es dauert ohnehin noch, bis dort Wohnungen und Büros tatsächlich stehen, erst 2035 soll alles fertig sein. Noch gehören der „Modernen Stadt“nicht alle Flächen, in einigen Fällen wehren sich die Besitzer gegen die Pläne, vor dem Oberverwaltungsgericht Münster laufen laut einer Sprecherin noch Vermittlungsgespräche.

Für die geplanten Bürogebäude an der lärmintensiven Bahntrasse fehlt immer noch ein Ankermieter, nachdem Rewe 2019 abgesagt hatte. Laut Röhrig sei man in guten Gesprächen.

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