Der Schulwald der Max-Ernst-Gesamtschule soll für einen Mensa-Neubau verschwinden. Schüler und BUND gehen auf die Barrikaden.
Protest gegen RodungWald an der Max-Ernst-Gesamtschule in Bocklemünd soll Mensa weichen

Gegen das Kettensägen-Massaker an Bäumen protestieren zahlreiche Schüler der Gesamtschule.
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Sprüche wie „Der Wald bleibt. Basta!“, „Bäume sind Leben“, „Fott mit den Bäumen, aus mit den Träumen“ haben Schüler aller Stufen der Max- Ernst-Gesamtschule (MEG) auf ihre Schilder gemalt, nun tanzt der Flashmob zu heftigen Beats im Schulwäldchen. Und zwar in einem Teil des Wäldchens, der durch die Neubaupläne der Stadt gefährdet ist: Spätestens im Sommer 2029 soll an dieser Stelle eine neue Mensa stehen. Schülerin Zoe Tauber ist damit gar nicht einverstanden: „Für mich ist der Wald so ein toller Rückzugsort.“
Einige ihrer Mitschüler schließen sich an: „Die Bäume schützen uns vor dem Straßenlärm von der Militärringstraße und der Hitze im Sommer“, sagt Emil Müller. Gustav Herschel erzählt von den Fünftklässlern, die hier immer Versteckspielen, Maximilian Wagner von den Bienenstöcken, die hier aufgestellt sind, und Lilli Wanz geht einfach „gern spazieren“ im Schulwald. Auch Helmut Röscheisen könnte aus der Haut fahren: „Einen eigenen Wald haben nur ganz wenige Kölner Schulen auf ihrem Gelände, und so ein Wald senkt den Stresspegel und erhöht die Ausschüttung von Glückshormonen“, betont das Vorstandsmitglied der BUND Kreisgruppe Köln. „Aber hier will die Verwaltung roden, ohne über Alternativen nachzudenken.“

Die marode alte Mensa soll abgerissen werden.
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Röscheisen ist eigens zur Protestaktion der Schüler nach Bocklemünd gekommen. Ihr waren bereits zwei Demos vorausgegangen: Am 16. und 23. Juni hatten sich je rund 250 Schüler, Lehrer und Eltern der MEG vor Sitzungen des Bauausschusses beziehungsweise des Schulausschusses am Historischen Rathaus versammelt, um ihren Unmut über die Neubaupläne kund zu tun. Denn aufgrund des Mangels an Schulplätzen soll die jetzt fünfzügige Gesamtschule sechszügig werden. Dafür wird ein großer, dreistöckiger Erweiterungsbau anstelle der Container-Anlage „Villa Hügel“ errichtet, für den Bäume gefällt werden müssen. Aber auch die alte Mensa wird abgerissen, die neue, größere Mensa inklusive Aula soll gleich nebenan entstehen: in dem Waldstück, in dem sich an diesem Morgen der Flashmob getroffen hat.
Weshalb die neue Mensa nicht auf der Fläche des Vorgängerbaus hochgezogen wird, fragt sich nun mancher aus der Schulgemeinschaft. Das würde die Fällungen nebenan überflüssig machen. „Der Stadtteil ist sowieso schon betonlastig und nicht unbedingt privilegiert“, so Ute Reckers, Mutter eines MEG-Schülers. „Solche Maßnahmen verschärfen die sozialen Themen noch.“
Neue Gesamtschule in Köln-Ossendorf
Hinzu kommt, dass sich die Schülerzahlen anders entwickeln als prognostiziert: „Weil in Ossendorf eine neue Gesamtschule eröffnet wurde, sind die Anmeldezahlen hier nicht so hoch, wir könnten also fünfzügig bleiben“, meint MEG-Lehrerin Gerhild Püschel. Hier und da macht man sich deshalb auch schon Gedanken über den Erweiterungsbau an der jetzigen „Villa Hügel“. Der müsse vielleicht nicht ganz so groß ausfallen wie geplant, auch könnte man baulich eher in die Höhe gehen als in die Breite. Das würde ebenfalls einige Rodungen ersparen.
Auf eine entsprechende Anfrage von Ratsmitglied Oliver Seeck (SPD) im Schulausschuss bestätigte die Gebäudewirtschaft, dass der Bedarf an Gesamtschulplätzen derzeit stadtweit gedeckt sei. Allerdings verweist die Verwaltung auf „die massiven Wohnbauentwicklungen“ in Ehrenfeld, darunter Großvorhaben wie das „Max-Becker-Areal“ und die „Weststadt“: Bis 2045 entstünden hier rund 3700 Wohneinheiten neu, das ziehe einen Mehrbedarf an Schulplätzen nach sich.
Zu bedenken gab die Gebäudewirtschaft auch, dass die Arbeiten zur MEG-Erweiterung zeitgleich mit dem Neubau der benachbarten Grundschule Kunterbunt durchgeführt werden sollen. Die Grundschule ist aufgrund ihres maroden Schulgebäudes seit 2017 an einem Interimsstandort am Vogelsanger Kolkrabenweg untergebracht, schon der tägliche Transport dorthin stellt eine Belastung für die Kinder dar. Die Verwaltung lässt in ihrer Antwort durchblicken, dass auch die Grundschule mit „Umsetzungsverzögerungen“ zu rechnen habe, wenn Teile der MEG-Erweiterung neu geplant werden müssen. Das beträfe auch die Förderschule Kolkrabenweg, die wegen Platzmangels zusätzlich den jetzigen Interimsstandort der Grundschule nach deren Auszug nutzen soll.
„Die Rückkehr der Grundschule nach Bocklemünd muss absolute Priorität haben, der jetzige Zustand ist nicht tragbar, da bin ich mit meinem Kollegen von der Grundschule einig“, sagt MEG-Schulleiter Ralf Emmermann. Er meint aber, dass die Bauarbeiten an den beiden Schulen unabhängig voneinander stattfinden könnten, dann bliebe Zeit für eine Neuplanung der Mensa auf dem Grundstück der alten: „Wenn nötig, eben zweistöckig.“ Die Erweiterung der Gesamtschule hält Emmermann aber insgesamt für sehr sinnvoll: „Früher mussten wir oft 300 oder 400 Anmeldungen zurückweisen, das tat weh. Es ist gut, wenn die Verwaltung an die Zukunft denkt.“