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Geschäft in Köln-Ehrenfeld„Utensil“ feiert 15 Jahre Industriekultur für zu Hause

4 min
Anna Lederer mit Elbsegler-Kappen und Panama-Hüten, die nach ihrer Auskunft auch von australischen Rangern getragen werden. Dazu Erlenmeyerkolben, Waagen, Eierbecher, Sandalen etc aus ihrem Sortiment.

Anna Lederer mit Elbsegler-Kappen und Panama-Hüten, die nach ihrer Auskunft auch von australischen Rangern getragen werden. Dazu Erlenmeyerkolben, Waagen, Eierbecher, Sandalen aus ihrem Sortiment.

In Anna Lederers Laden werden alltagstaugliche Stücke aus Industrie und Handwerk zu stilprägenden Elementen des privaten Wohnens umfunktioniert.

Die Lampen in ihrem Schaufenster gefallen Anna Lederer ausnehmend gut. „Eigentlich gehören die in einen Saustall, aber die machen sich auch über dem Küchentisch oder im Kinderzimmer ausgezeichnet“, meint die Betreiberin des „Utensil“ in der Körnerstraße. Schlicht, formschön und robust kommen die aus der Landwirtschaft stammenden Alu-Leuchten rüber und entsprechen damit in idealer Weise dem Konzept des Haushaltswarenladens, der im September sein 15-jähriges Bestehen feiert: funktionale Alltagsgegenstände aus der Arbeitswelt der privaten Nutzung zugänglich machen.

„Industriekultur für Zuhause“ also, denn was in der Arbeitswelt bestehen kann, wird es auch im Haushalt schaffen, lautet Lederers Grundgedanke. Auch wenn ihr ein Kunde hinsichtlich der Beständigkeit ihrer Ware gerade ein bisschen in die Parade fährt: Heute Morgen ist ihm der kleine, streng rechteckige Rasierspiegel zerbrochen. Er ist für Menschen gedacht, die viel unterwegs sind. „Komisch, die halten sonst sehr viel aus“, wundert sich die Ladeninhaberin. Aber ein Ersatz-Exemplar ist rasch gefunden, der Kunde kann zwischen Rahmen in verschiedenen Primärfarben wählen.

Stapel-Gläser, Fischerhemden, Ostfriesennerze

Einiges aus dem Sortiment des „Utensil“ hat längst den Sprung in den Alltag geschafft, zum Beispiel die gelben „Ostfriesennerze“ oder die gestreiften Fischerhemden gleich daneben. Anderes ist hierzulande nicht so bekannt, die kleinen stapelbaren Trinkgläser „Provence“ des Herstellers Duralex aus Frankreich zum Beispiel, „stoß- und hitzefest“. Die waren in den 40er Jahren eigentlich für französische Werkskantinen gedacht, mittlerweile finde man die „in fast jedem französischen Café“, erzählt Lederer.

Sie selbst findet man häufig in italienischen, spanischen oder französischen Haushaltswarenläden - wohin sie die Urlaubspläne gerade verschlagen. Dann ist sie auf der Suche nach passenden Neuzugängen für ihr Sortiment.

Wird auch verkauft: das Seepferd-Abzeichen.

Wird auch verkauft: das Seepferd-Abzeichen.

Auch der heimische Markt gibt natürlich einiges her, in den Regalen des „Utensil“ steht so mancher Gegenstand aus Laboren, Krankenhäusern oder aus der Gastronomie. Erlenmeyerkolben zum Beispiel lassen sich bestens als Karaffen oder zum Dekantieren von Wein nutzen. Die aufgedruckten Skalen nimmt man als Design-Element gerne mit.

Frittenbuden-Salzstreuer mit Puderzucker oder Kakao füllen

Wärmeflaschen, Eierbecher oder Zahnbürsten wirken mit ihren klaren, funktionalen Konturen überraschend modern, die voluminösen Salzstreuer aus der Frittenbude kann man beispielsweise auch mit Puderzucker oder Kakaopulver füllen. Und die massiven Gummistiefel aus dem Schlachthaus sind besonders dicht, das hätten ihr viele Kunden bestätigt, berichtet Lederer.

In den Regalen liegen auch die bekannten Seepferdchen-Aufnäher aus dem Schwimmbad: als Accessoire gedacht, und nicht, um nicht-vorhandene Fähigkeiten vorzutäuschen. Allzu weit weg vom ursprünglichen Verwendungszweck sollen die Utensilien allerdings nicht eingesetzt werden, meint Anna Lederer. Denn „Originalität“ ist nicht das Ziel, sie verzichtet auch auf bewusste gestalterische Eingriffe. Lediglich die leichten griechischen Sandalen werden eigens auf ihren Wunsch hin auf Kreta angefertigt: „Der Familienbetrieb hatte die Produktion dieses Modells schon eingestellt, früher wurden sie von Hirten getragen.“

Ladenlokal in leerstehender Metzgerei

Ganz neu sei das Konzept des „Utensil“ aber nicht. Lederer hatte es Ende der 90er Jahre kennengelernt, als sie beim Einrichtungshaus Magazin in Bonn eine kaufmännische Ausbildung absolvierte. Die Zeit dort hatte sie inspiriert, selbst ein Studium an der Köln International School of Design aufzunehmen.

Dann fuhr sie eines Tages im Jahre 2009 durch die Körnerstraße in Ehrenfeld, entdeckte eine leerstehende Metzgerei und sprach den bisherigen Betreiber Atila Tosun an, der gleich nebenan passendere Räumlichkeiten gefunden hatte. „Ein Handwerksbetrieb in einem früheren Arbeiterviertel – das passt, dachte ich mir“, so Lederer. Deshalb ließ sie Kacheln gleich an den Wänden, auch die Fleischertheke blieb. Die Verbundenheit mit ihrem Nachbarn zeigt ein Foto: Lederer hält einen halben Rinderrücken im Arm, Tosun eine Hebammentasche.

Die häufig günstigen Preise im „Utensil“ passen zur Herkunft ihrer Ware, dennoch seien ihre Kunden selten „Ersteinrichter“, sondern meist Menschen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren mit Sinn für Qualität. Na klar, privat nutzt Anna Lederer auch gern die funktionalen Gegenstände aus ihrem Laden. „Aber nicht nur“, schränkt sie lachend ein. „Das Leben hat auch noch andere Seiten.“

www.utensil-shop.de