Aus Christchurch nach Köln-EhrenfeldDianne McFarlane fertigt Schmuck-Unikate mit Geschichte

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau mit hochgestecktem Haar steht lachend hinter einer Juwelier-Theke.

Dianne McFarlane fertig mit ihrer Kollegin und Goldschmiedin Annika Soltani Schmuck aus recyclten Metallen.

Die geborene Neuseeländerin, die auch Stand-up-Comedienne ist, reist um die halbe Welt und findet in Deutschland zurück zu ihrer Leidenschaft: dem Schmuck.

Das Tolle an Schmuck ist, wie Dianne McFarlane findet: „Ich darf die Geschichten der Menschen in Materialien formen und sie ihnen wieder zurückgeben.“ Die Schmuckgestalterin fertigt besondere Stücke. Unikate, einige davon Erbstücke, die sie eine neue Form bringt und ihnen damit ein neues Leben gibt. Dabei verwendet sie ausschließlich recycelte Materialien. In ihrem Laden „Doris in the Hamptons“ an der Sömmeringstraße in Ehrenfeld bietet sie auch Kurse an. Es kommen internationale Kunden. Sie selbst ist aus Neuseeland eingewandert. 

Ehrenfelder Schmuckgestalterin erzählt ihre Einwanderungsgeschichte

Ihr halbes Leben verbringt die 54-Jährige nun in Deutschland. „Da fragt man sich, wer man ist. Auswandern stellt die eigene Identität in Frage“, sagt Mc Farlane. „Ich bin beides. Ich bin ‚gerwi‘. Am Anfang ist das Land neu und die Leute machen gefühlt alles falsch, weil man es einfach nicht gewohnt ist. Wenn ich jetzt nach Neuseeland reise, geht mir die entspannte und lockere Art meiner Familie und Freunde auf die Nerven“, scherzt die Schmuckdesignerin, die auch als Stand-up-Comedian auf der Bühne steht.

In ihrer ersten Woche in Deutschland saß sie mit ihrer Freundin im Café. Als der Tisch wegen der U-Bahn anfing zu wackeln, sprang die Schmuckdesignerin auf und versteckte sich unter dem Tisch. Ihre Freundin fragte sie verwundert, was sie da mache. McFarlane antwortete, sie bringe sich vor dem Erdbeben in Sicherheit. „Was in der einen Kultur lebensrettend sein kann, ist in der anderen peinlich“, sagt sie und lacht. 

In Köln findet sie zu ihre Leidenschaft zurück

McFarlane ist in Christchurch geboren, die größte Stadt auf der Südinsel, die 2011 bei einem Erdbeben stark zerstört wurde. Nach der Kunstschule studierte sie Anthropologie und Handwerksdesign. Sie lernte mit Holzen, Stoffen und Metallen zu arbeiten. Nach dem Studium war sie als Bühnenmanagerin im Theater tätig. Mit dem Rucksack reiste sie durch Europa, wo sie schließlich der Liebe wegen in Deutschland landete. Anfangs jobbte sie in Kneipen, gab Englischunterricht bis sie ihre Leidenschaft im Schmuckdesign wiederfand. Ihren Laden in Ehrenfeld eröffnete sie vor elf Jahren.

Eine Frau steht vor dem Schaufenster ihres Schmuckgeschäfts.

Dianne McFarlane steht vor ihrem Laden „Doris in the Hamptons“ in Ehrenfeld.

Ihre Eltern sind damals selbst aus England eingewandert. Sie ist damit aufgewachsen, dass Einwanderer willkommen seien. „Neuseeland ist ein Immigrationsland“, sagt sie. In den 80er Jahren wurde in ihrer Heimatstadt die erste Moschee gebaut. „Wir haben das gefeiert. Wir waren richtig stolz.“ Vor fünf Jahren wurde die Moschee Ziel eines Anschlags durch einen Rechtsextremisten, der 51 Menschen erschoss und ein Dutzend weitere verletzte.

In Deutschland hätten die Menschen vergessen, was sie haben, sagt McFarlane. Sie macht sich Gedanken: „Ich hatte neulich ein Gespräch mit meinem Kind. Sie hat Angst, dass ich abgeschoben werde, wenn die AfD Macht bekommt. Ich will Deutschland nicht klein machen, auf der ganzen Welt ist das Thema.“ 

Die studierte Anthropologin ist der Meinung: „Die Gesellschaft ist ein Lebewesen, das sich permanent ändert. Entweder man hat Angst und stößt dagegen oder man akzeptiert und steuert es mit“, so McFarlane. „Verschiedene People of Colour haben mir ihre Energie gegeben, mich zur Reflexion gebracht. Das ist ein Geschenk. Mehr zuhören, weniger reden“, ist ihre Devise. 

KStA abonnieren