Eine Woche lang war Benedikt Spieß, Fotografie-Student aus Köln, in Kiew und Umgebung unterwegs. Seine Bilder aus der Zeit stellt er nun aus.
„Liebe Trotz Krieg“ im HochbunkerAlltag im Krieg – Kölner Fotograf zeigt Bilder aus der Ukraine

Ein Bild der Ausstellung von Benedikt Spieß.
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Ein Bild, das man nicht so schnell aus dem Kopf kriegt: Zwei Kinder, nicht mal zehn Jahre alt, die sich großformatige Fotos von halb verbrannten Leichen ansehen, vermutlich aus Mariupol. Diese Fotografien waren irgendwo in der Innenstadt von Kiew ausgestellt, Anfang April hat Benedikt Spieß die beklemmende Szene fotografiert. „In der Stadt wird die Bevölkerung an vielen Orten von der Regierung ganz bewusst an den Krieg erinnert. Mit erbeuteten russischen Panzern zum Beispiel, mit Fotos von Gefallenen, oder eben mit Bildern von Leichen“, erzählt er.
Welchen Alltag haben Menschen im Krieg?
Spieß ist 24, Student an der Fotoakademie Köln und hatte die Gelegenheit, eine Woche in Kiew und Umgebung zu verbringen. Er war mit einem Freund unterwegs, dessen Vater russische Wurzeln hat und der seit einigen Jahren in der Ukraine lebt. „Mich hat interessiert, wie die Menschen dort in ihrem Alltag mit dem Krieg umgehen“, sagt er.
39 Fotos, die dort entstanden sind, zeigt Benedikt Spieß noch am kommenden Wochenende – Freitag, Samstag und Sonntag, 21. bis 23. Juni, jeweils von 14 bis 21 Uhr – im Hochbunker, Körnerstraße 101. „Liebe Trotz Krieg“ lautet der Titel seiner ersten eigenen Ausstellung. „Nach meiner Rückkehr wollte ich die Bilder unbedingt zeigen, der Hochbunker war der ideale Ort. Glücklicherweise hatten sie gerade einen Raum frei“, erklärt Spieß.
Panzer, Liebespaare, Familien
Zu sehen sind eindrucksvolle Fotos unterschiedlichen Formats, auf denen nicht nur Panzer und verstörte Menschen zu sehen sind. Auch Liebespaare, fröhliche Kneipen-Szenen, oder eine Familie, die am Flussufer Picknick macht, als befände sie sich an der Rodenkirchener Riviera. „In der Stadt gegen jeden Tag die Sirenen, aber die Raketen oder Drohnen werden so gut wie alle abgefangen. Kiew ist die sicherste Stadt in der ganzen Ukraine“, berichtet Spieß.
Die Bewohner versuchten, einen ganz normalen Alltag zu führen, so gut es eben geht. „Und natürlich besteht immer die Gefahr, dass man von herabfallenden Trümmern getroffen wird, deshalb muss man regelmäßig in den Bunker oder in den Keller.“
In der Stadt werde man auch nicht an jeder Ecke mit den Auswirkungen des Kriegs konfrontiert, lediglich punktuell. Die Fotos von ausgebombten Häusern, die er ebenfalls im Hochbunker zeigt, stammen teils aus Butscha und Irpin. Aber natürlich sind auch viele Bewohner Kiews vom Krieg und seinen Folgen gezeichnet. So wie die erschöpften Fahrgäste im Bus 354, die das größte Bild der Ausstellung zeigt. Es ist in Teilen bewusst unscharf, Benedikt Spieß hat es im Format 2,50 Meter mal 1,67 Meter auf einer Lkw-Leinwand belichtet und im Anschluss mit Holzkohle und Schleifpapier bearbeitet und Löcher hineingerissen