Erfolgreiches Schuhgeschäft auf Venloer StraßeKölsche Kippa Köpp gedenken jüdischen Karnevalistens

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Neben zwei Stolpersteinen in Gedenken an Joseph und Berta Jakobs liegen zwei Bilder. Ein Porträt von Joseph und ein Bild von seinem Schuhgeschäft auf der Venloer Straße.

Das Schuhgeschäft „Jakobs“erhielt in der Presse der 1920er-Jahre viel Beachtung.

Der begeisterte Karnevalist Joseph Jakobs heiratete in London Berta Herz. Es ist nicht nur wegen des Hochzeitsorts eine ungewöhnliche Ehe.

„Lechol isch jesch schem.“ Mit dieser ersten Zeile des hebräischen Gedichts von Zelda Mischkowski beginnt auch Volker Scholz-Goldenberg seine Rede. „‚Jeder Mensch hat einen Namen.' Als jüdischer Karnevalsverein ist es uns eine Herzensangelegenheit, das zentrale Anliegen der Stolpersteine zu unterstützen: Jedem einzelnen Opfer der Nazi-Barbarei seinen Namen zurückzugeben“, sagte das Vorstandsmitglied der Kölschen Kippa Köpp am Donnerstagnachmittag in Ehrenfeld.

Zum Gedenken an den jüdischen Karnevalisten Joseph Jakobs und seine Frau Berta hat der Künstler Gunter Demnig zwei Stolpersteine auf der Venloer Straße/Ecke Thebäerstraße verlegt. Die Kölsche Kippa Köpp stifteten die Gedenktafeln, die nun vor dem ehemaligen Wohnhaus des Paares liegen. Der Verein, der die Erinnerung an die vielen jüdischen Kölnerinnen und Kölner im Karneval vor 1933 wachhalten möchte, hat bereits etwa ein Dutzend Stolpersteine in Köln finanziert. Am Mittwoch und Donnerstag verlegte Demnig 58 weitere Steine in Köln. Insgesamt liegen im Stadtgebiet mehr als 2650 Stolpersteine, so das NS-Dokumentationszentrum auf Anfrage.

Ungewöhnliche Heirat mit 26 Jahren Altersunterschied

Den Recherchen der Kippa Köpp zufolge wird der Metzgersohn Joseph Jakobs am 25. November 1889 in der Gemeinde Muffendorf in Godesberg geboren und wächst zunächst in Herne auf. Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs heiratet der damals 24-Jährige Berta Herz in London. Zu dem Zeitpunkt ist sie 50 Jahre alt und damit älter als Josephs Vater. Zu den ungewöhnlichen Hintergründen des Altersunterschieds und dem Trauungsort liegen dem Verein keine Informationen vor.

Kurz nach dem Krieg zieht das kinderlose Paar nach Köln, wo Joseph das Gebäude auf der Ecke Venloer/Thebäerstraße kauft. Im Erdgeschoss eröffnet er um 1919/20 das Schuhhaus „Jakobs“, das sich schnell zu einem führenden Geschäft in Ehrenfeld entwickelt. Im hinteren Teil des Gebäudes wird ein modernes Kino mit 250 Plätzen eingebaut. Der Um- und Ausbau 1928 bringt Jakobs viel Beachtung in der Presse, kostet ihn aber viel Geld. Den privaten Konkurs kann er gerade so abwenden.

Der begeisterte Karnevalist wird aktives Mitglied des 1922 von Max Salomon gegründeten jüdischen Karnevalsvereins „Kleiner Kölner Klub K.K.K.“. Das Schuhhaus dient bis 1929 als öffentliche Vorverkaufsstelle für KKK-Veranstaltungen. Der Verein Kölsche Kippa Köpp sieht sich in der Tradition des Kleinen Kölner Klubs und hat bewusst die drei K's übernommen. Im Herbst 2023 möchte der Verein zwei Stolpersteine für zwei KKK-Mitglieder und Verwandte von Berta Jakobs im Agnesviertel und in Braunsfeld verlegen lassen. 

Die Dreißigerjahre haben gravierende Folgen für Joseph Jakobs. Am 12. April 1936 stirbt Berta Jakobs nach einer langanhaltenden, schweren Krankheit in ihrer Wohnung im ersten Stock. Sie wird auf dem jüdischen Friedho in Boklemünd beerdigt. Ihr Witwer wird um 1938 in Köln für mehrere Tage in Haft genommen. Das belgische Konsulat erteilt dem jüdischen Flüchting am 22. August 1939 ein Durchreisevisum und er flüchtet nach Ostende. Zu seiner geplanten Weiterreise in die USA kommt es jedoch nicht mehr.  

Noch am selben Tag des Überfalls von Nazi-Deutschland auf Belgien wird Joseph Jakobs wie andere politische Geflüchtete verhaftet und nach Frankreich verschleppt. Zwei Jahre lang sitzt er im berüchtigten Gefangenenlager Drancy bei Paris in Haft. Am 10. August 1942 wird er im Transport Nummer 17 mit 1006 anderen Männer, Frauen und Kindern nach Ausschwitz verschleppt. Nur einer von ihnen erlebt im Mai 1945 die Befreiung des Konzentrationslagers.

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