Neu in Köln-EhrenfeldBei dieser Ausstellung geht es für die Besucher aufs Baugerüst

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Eine Frau im Ringelshirt steht an ein Baugerüst gelehnt und lacht in die Kamera.

Iren Tonoian hat ein Baugerüst im Atelierzentrum aufbauen lassen.

Eine Ausstellung von oben: Im Atelierzentrum bietet ein Baugerüst besondere Aus- und Einblicke und regt den Spieltrieb des Betrachters an. 

Frauen sollten ihre Stöckelschuhe gegen bequemes Schuhwerk tauschen, Hunde und kleine Kinder müssen draußen bleiben: Die neue Ausstellung „Now we play a different game“ im Ehrenfelder Atelierzentrum von Iren Tonoian stellt ganz eigene Anforderungen an ihre Besucher. Auch schwindelfrei sollte man sein, denn Tonoian lädt dazu ein, den gut sieben Meter hohen Raum von einem Baugerüst aus zu entdecken. „Ich wollte neue Perspektiven eröffnen“, sagt Tonoian, die das Thema Raum zum Leitmotiv des ganzen Jahres erhoben hat. 

Die dritte und letzte Ausstellung des Jahres ist in jeder Hinsicht der Höhepunkt. Der Besucher, der das blau-gelb-gestrichene Eckhaus an der Hospeltstraße betritt, findet sich gleich auf dem Baugerüst wieder, das in wenigen Tagen in der Halle einer ehemaligen Kartonagen-Fabrik aufgebaut wurde. „Die Besucher dürfen natürlich nur in eine Richtung gehen“, sagt Tonoian, die mit fleißigen Helfern am Vortag der Vernissage letzte Handgriffe erledigt. Das Kunstzentrum Artrmx ist seit zehn Jahren an der Hospeltstraße. Darin sind zehn Ateliers, die dauerhaft vermietet sind an freischaffende Künstler. Tonoian leitet das Zentrum und kuratiert die Ausstellungen. 

Pendel laden dazu ein, vom Betrachter bewegt zu werden

Gilbert Geister, der an der Kunsthochschule Berlin studiert hat, bringt technische Komponenten in sein einst klassisches Schaffen. Von ihm stammen kleinformatige Bilder mit rot leuchtenden LED-Lämpchen, die Tonoian und ihre Helfer noch an die Wand bringen müssen. Auch interaktive Elemente hat der Künstler im Programm: Zwei lange Schnüre, die mit jeweils zwei Steinen beschwert sind, hängen von der Decke. Vom Gerüst oder vom Erdboden aus können sie in Schwingung gebracht werden. Ein rotes Licht am unteren Ende der Schnüre zeichnet wie bei einem Katzen-Spielzeug Kreise auf den Boden. 

Unter einer Lampe ist ein technisches Konstrukt mit zwei Plastikhänden zu sehen.

Arbeit von Georgy Ponomarenko, die Hände werden durch Solarstrom bewegt.

Vom vorgezeichneten Weg über das Baugerüst steigt man am Ende ab, um den filigranen Glasarbeiten von Lena Trost zu begegnen. Sie studierte am Institut für Künstlerische Keramik und Glas der Hochschule Koblenz. Die Reagenzgläser, Kolben und zylindrische Glasgefäße, die im Zentrum der Halle arrangiert sind, hat sie selbst hergestellt. Es hat was von Chemie-Raum, es fehlen nur die blubbernden Flüssigkeiten. Doch gerade die Abwesenheit von Geruch fasziniert Trost an ihrem Arbeitsmaterial Glas.

Mehrere Beamer werfen Zitate an die Wände, die sich auf das Thema Raum beziehen. Gesammelt hat sie die Architektin Miriam Hamel, die sich mit Fragestellungen an der Schnittstelle von Gesellschaft, Lebensumfeld und Gestaltung beschäftigt. Außerdem finden sich an der Wand kinetische Skulpturen im Miniaturformat von Georgy Ponomarenko. 

Bei einer berühren sich immer wieder zwei Hände, sie wird mit Solarstrom, der durch die Lampe erzeugt wird, betrieben. Videoinstallationen von Arsenyi Shuster ergänzen das Programm, das zeigt, wie vielschichtig Kunst sein kann, und dass es sich lohnt, einmal die Welt oder auch die eigene Kunsthalle mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten.


„Now we play a different game“, bis 14. Januar 2024 im Atelierzentrum, Hospeltstraße 69, geöffnet dienstags, mittwochs und samstags von 16 bis 20 Uhr. Die Vernissage ist am Freitag, 15. Dezember, ab 19 Uhr.

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