Von Trash-Kneipe zu Kreativ-Küche: Das Esszimmer liegt jenseits des Gürtels an der Venloer Straße, wo sich ambitionierte Gastronomen häufen.
Neueröffnung in Köln-EhrenfeldDas „Esszimmer“ bietet Pastrami und Spitzen-Patisserie

Alexander Marx, Antonia Pasch und Philipp Drosten (v.l.) vor dem Restaurant, das einmal die Kneipe „Zoo“ war.
Copyright: Lioba Lepping
Karl Hermanns, Fabian, Crevette Rose: Aller guten Dinge sind nun vier, denn mit dem Esszimmer rechtfertigt jetzt ein weiteres ambitioniertes Lokal einen Trip nach Uptown-Ehrenfeld, also den Abschnitt der Venloer Straße zwischen Gürtel und Äußerer Kanalstraße. Verantwortlich für die Neueröffnung ist Alexander Marx, der sich vor zwei Jahren schwor: „Ich mache nur noch das, was mir wirklich Freude bereitet“, erzählt der 34-Jährige Unternehmer. Das Restaurant ist im wahren Wortsinne sein Herzensprojekt, denn es war sein Herz, das ihn wegen eines angeborenen Defekts damals fast im Stich ließ. „Ich war tot, man hat mich so gerade wiedergeholt ins Leben.“
Hinterhaus und die Kneipe Zoo waren Sanierungsfälle
Ein Leben, in dem er jetzt seine zwei erlernten Berufe zusammenbringt. Der Neunkirchen-Seelscheider hat im Hyatt eine Koch-Ausbildung absolviert, besann sich dann aber erstmal anders. Er studierte Bauingenieurwesen und gründete ein eigenes Unternehmen. „Ich kaufe Grundstücke, plane Projekte und verkaufe sie wieder.“ Manchmal betätigt er sich auch als „Problemlöser“.
Als solcher kam er auch an den Sanierungsfall „Zoo“, oder vielmehr zunächst an das Gebäude im Hinterhof, die Kneipe war eher der Anbau zur Straße hin, um den er sich nach erfolgter Sanierung des Hinterhauses dann auch noch kümmerte. „Im Februar war das Gebäude fertig, im April stand die Kneipe leer“, erinnert sich Marx.
Alles zum Thema Venloer Straße
- Entwicklung im Kölner Westen Wohnungen auf dem ehemaligen Werksgelände von 4711 in Bickendorf geplant
- Polizei sucht Zeugen Rollerfahrer kollidiert in Köln mit Radfahrerin – Unfallflucht
- Fahndung Jugendlicher in Kölner Straßenbahn bedroht – Wer kennt die Täter?
- Razzia im 4711-Gebäude Stadt Köln und Polizei stoppen Prostitution in Studentenwohnheim
- 4711 trifft Streetwear Kölner Duftikone bringt Modekollektion mit Mojo heraus
- Offenbar Leerstand Telekom prüft Zukunft des 101-Meter-Hochhauses am Kölner „Colonius"
- Cash Group Bankkunden können bald kein Bargeld mehr bei Shell abheben

Alexander Marx begann mit der Sanierung des Hinterhauses und arbeitete sich dann nach vorn.
Copyright: Lioba Lepping
Also arbeitete er sich einfach nach vorne zur Straße durch und widmete sich dem Gastraum. Einen sechsstelligen Betrag investierte er in die Komplett-Sanierung. Wo jetzt die Küche ist, waren früher die Toiletten, diese hat er in den Keller verlegt, bis auf eine. Die Stadt Köln habe auf einer ebenerdigen Toilette bestanden. Das Interieur samt bunten Stühlen und Barhockern wurde mithilfe eines Gastro-Inneneinrichters aus Frechen konzipiert. Den Kontakt stellte die Brauerei Früh her. Von ihr kommt im Esszimmer Kölsch vom Fass. Natürlich gibt es auch eine Weinkarte.

Viele Zweiertische mit farbigen Sesseln finden sich im Esszimmer.
Copyright: Lioba Lepping
Köche und Service-Personal zu rekrutieren, gestaltete sich verblüffend einfach. „Die Leute kommen einfach rein und fragen.“ Seine neuen Köche lässt er bei seinem Freund und Geschäftspartner André Schneider im Pulheimer Restaurant Mood „einkochen“. Sie lernen dort alles, was Marx und sein Team im Esszimmer auftischen wollen: Zum Allday-Breakfast (bis 16 Uhr) gibt es Pancakes, Bagels oder Joghurt mit Mandel-Granola und Cassis oder Skyr mit Honig, Himbeere, Bananen und Mandel (beides für 10,90 Euro). Der Favorit des Inhabers stammt eindeutig aus der herzhaften Abteilung: Brot mit Pastrami, Champignons und Trüffelcreme für 16,90 Euro.
Zu den Lunch-Gerichten zählen Caesar Salad mit Mais-Hähnchen oder Rotgarnelen für 21,90 Euro (22,90 Euro). Marx bezeichnet die Speisen-Auswahl als saisonal und international interpretiert. Dazu hat er sich mit Philipp Drosten einen renommierten Patissier geholt. Drosten hat nach Lehr- und Wanderjahren bei Gastro-Größen, wie Käfer in Wiesbaden oder dem Kempinski im schweizerischen St. Moritz auch eine Station bei Maximilian Lorenz im L'Escalier gemacht. Zuletzt kreierte er im Hyatt süße Sünden wie Petits Fours und Pralinés.
Culture Clash in Köln-Ehrenfeld soll jetzt im Esszimmer ankommen
Jetzt freut er sich zusammen mit seinem Freund und Chef Alexander Marx auf das buntgemischte Ehrenfelder Publikum. „Der Culture Clash in Ehrenfeld ist genau, das, was ich will“, sagt Marx, der jeden in seinem Esszimmer willkommen heißen möchte. Die Freude an seinem in frischen Tönen erstrahlenden Restaurant, das so gar nichts mehr gemein hat mit dem rauen Abbruch-Charme des Vorgängers, will er nicht nur mit den Gästen, sondern auch mit seinem Team teilen. „Ich möchte, dass hier jeder Spaß hat an der Arbeit und das soll sich auch auszahlen. Jeder wird am Gewinn beteiligt.“
Und dass er den machen wird, daran glaubt der 34-Jährige fest. Die Vorzeichen stehen nicht schlecht. Die Zahl der Reservierungen für den Abendbetrieb jedenfalls steigt stetig, obwohl er die Werbetrommel gar nicht gerührt hat. In den ersten zwei Wochen gab es nur Frühstück- und Mittagsgerichte. Gäste und Mitarbeiter sollten sich erstmal langsam eingrooven. Die Schonzeit könnte dann allerdings auch schnell vorbei sein.
Esszimmer, Venloer Straße 434, 50825 Köln, geöffnet dienstags bis sonntags von 10 bis 22.30 Uhr