Abo

Geisterhäuser trotz WohnungsnotWarum dieses Wohnhaus in Ehrenfeld seit 15 Jahren leer steht – und wohl noch lange leer stehen wird

Lesezeit 3 Minuten
Ein runtergekommenes, unbewohntes Haus in der Kölner Glasstraße 6, mit grauer Fassade, auf die der Spruch „Miethaie zu Fischstäbchen“ gesprüht ist, steht seit mindestens 15 Jahren leer.

Das Geisterhaus an der Kölner Glasstraße 6 ist seit mindestens 15 Jahren unbewohnt.

Die Bezirkspolitiker fordern die Stadt Köln auf, an der Glasstraße endlich aktiv zu werden. Doch der Fall scheint aussichtslos.

Das „Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot“ gleicht mittlerweile einem Wanderzirkus. Es ist zieht durch die Stadt und findet immer wieder neue Orte, an denen es Banner sowie Plakate aufhängt und seine Empörung zum Ausdruck bringt.

Das Bündnis, bestehend aus Mitgliedern der Initiative „Recht auf Stadt“, der„ Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim“ und anderen, demonstriert gegen den Leerstand von Wohngebäuden, zuletzt unter anderem an einem Geisterhaus an der Glasstraße 6.

Zorn über leer stehende Häuser in Köln wächst

Mit der wachsenden Wohnungsnot und Obdachlosigkeit wächst auch der Zorn über die zahlreichen leer stehenden Häuser in der Stadt. Das Wohnhaus an der Glasstraße 6 ist bereits seit etwa 15 Jahren unbewohnt und ist dem allmählichen Verfall preisgegeben. Dabei hat die Stadt Köln seit dem Jahr 2014 eine Wohnraumschutzsatzung, wonach Zweckentfremdung von Wohnraum untersagt ist – und dazu zählt auch, ihn leer stehen zu lassen.

Wer gegen die Wohnraumschutzsatzung verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro je Wohneinheit belegt werden. Allerdings gilt diese Satzung nur für solche Wohnhäuser, die bei ihrem Inkrafttreten noch bewohnt waren – sonst genießt der Leerstand quasi Bestandsschutz.


Wohnraumschutz in Köln: Rechtliches

  • Kölner Wohnraumschutzsatzung: Wohnraum in Köln ist gefragt – in den meisten Gegenden übersteigt der Bedarf das Angebot. Deshalb gibt es seit 2014 die Kölner Wohnraumschutzsatzung. Sie erlaubt Behörden dagegen vorzugehen, wenn Immobilienbesitzer ihre Häuser oder Wohnungen länger als drei Monate unvermietet lassen oder ihr Wohneigentum dauerhaft über Internetportale als Ferienwohnung anbieten.
  • Das Amt für Wohnungswesen im Sachgebiet Wohnungsaufsicht/Wohnraumschutz setzt seit 2014 die Wohnraumschutzsatzung um. Die Rechtsnorm soll helfen, den Wohnungsbestand in der Stadt zu erhalten.
  • In Fällen des Abbruchs wird garantiert, dass neuer Wohnraum errichtet wird. Umwandlungen in Ferienwohnungen sind ohne Genehmigung nicht mehr möglich.
  • Ordnungsverfahren wegen Zweckentfremdung dauern meist sehr lange, führen aber teilweise zum Erfolg.
  • Das Formular zum Melden von Wohnraumzweckentfremdung gibt es online.

Und so verhält es sich auch im Falle des Hauses an der Glasstraße 6. Im Grundbuch ist eine Eigentümerin eingetragen, deren Namen schon erkennen lässt, dass es sich um eine ältere Dame handeln muss. Sie ist bereits 1935 verstorben, wie das Wohnungsamt mitteilt. „Aufgrund einer Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft steht das Gebäude mindestens seit 2008 leer“, schreibt ein Sprecher der Stadt.

Kölner Wohnungsamt sieht keine Chance, Erben zu verpflichten

Das Wohnungsamt sieht mangels Anwendbarkeit der Wohnraumschutzsatzung keine Möglichkeit, die Erben dazu zu bewegen, sich ihres Eigentums anzunehmen und das Haus wieder zu Wohnzwecken zur Verfügung zu stellen: „Einen Erbschein für die Nachfolge gibt es nicht“, so der Pressesprecher, „und es konnten auch nicht alle Erben ermittelt werden.“ Die Wohnungsaufsicht sei dennoch bemüht gewesen, mit den bekannten Verfügungsberechtigten in einen Austausch zu treten und eine positive Entwicklung zu fördern. Es sei aber leider rechtlich nicht möglich, die Erben zu einer Mitwirkung im Hinblick auf eine Vermietung zu verpflichten.

Die entsprechende baurechtliche Vorschrift ist nicht anwendbar, sie wäre unverhältnismäßig und auch nicht durchsetzbar
Amtfür Stadtentwicklung Köln

Die Ehrenfelder Bezirkspolitikerinnen und -politiker sind allerdings der Auffassung, dass die Stadtverwaltung härter gegen den Leerstand vorgehen kann und sieht eine rechtliche Möglichkeit dafür. Bereits vor fünf Jahren hat das Gremium die Verwaltung beauftragt, in den Fällen, in denen Wohnungen bereits so lange leer stehen, dass sie aus dem Anwendungsbereich der Wohnraumschutzsatzung fallen, ein Bau-Gebot nach dem Baugesetzbuch zu erlassen.

Ehrenfelder Bezirkspolitiker fordern Bau-Gebot

Mit einem solchen Gebot kann sie nicht nur Eigentümerinnen und Eigentümer zum Bauen verpflichten, mit ihm kann die Stadt sie auch im Geltungsbereich eines Bebauungsplans dazu verpflichten, innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist ein vorhandenes Gebäude zu sanieren. Voraussetzung dafür ist, dass die Sanierung den Eigentümerinnen und Eigentümern wirtschaftlich zumutbar ist.

Sollte der Eigentümer oder die Eigentümerin dem Gebot nicht nachkommen, ist sogar eine Enteignung möglich. Nach dem Beschluss der Bezirksvertretung soll die Stadtverwaltung jetzt ein solches Bau-Gebot für das Gebäude an der Glasstraße 6 erlassen und die Erbengemeinschaft enteignen, wenn sie dieses nicht befolgt.

Nach Einschätzung des Amtes für Stadtentwicklung der Stadt Köln kann ein solches Gebot im vorliegenden Fall allerdings nicht erlassen werden. Denn die entsprechende baurechtliche Vorschrift sei nicht anwendbar, schreibt der Sprecher des Amtes. „Die Anwendung wäre unverhältnismäßig und auch nicht durchsetzbar.“ So wird das verlassene Wohnhaus an der Glasstraße 6, wie viele andere in der gesamten Stadt Köln, wohl noch viele weitere Jahre leer stehen.

KStA abonnieren