Kommentar zum Kneipen-AusDas „Schulz“ in Neuehrenfeld soll schließen – Gipfel der Intoleranz erreicht

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 Bitte an Gäste am Eingang zum Lokal Schulz in Neuehrenfeld. Foto: Rösgen

Mit diesem Schild bitten die Pächter die Gäste um Rücksicht auf die Nachbarn. Genützt hat es offenbar nichts.

Das Lokal „Schulz“ in Neuehrenfeld wird wohl schließen müssen. Nachbarn fühlen sich gestört. Was zur Hölle? Ein Kommentar.

Es kann der Frömmste nicht in Frieden feiern, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Diese Erfahrung machen Gastronomen in Köln am laufenden Band. In der Südstadt muss die Kneipe Johann Schäfer früher als andere ihre Tische vor dem Lokal einklappen, weil ein Nachbar hartnäckig Klage führt. Der Tanzbrunnen darf nicht länger als bis 22 Uhr Konzerte oder Partys veranstalten, weil eine „Nachbarin“ von der anderen Rheinseite diese „Sperrstunde“ juristisch erwirkt hat.

Statt Beschwerden: „Drink doch eine met, stell dich nit esu ahn!“

In diesem Jahr finden in der Volksbühne am Rudolfplatz nur noch wenige Konzerte statt, weil die Rechtslage gerade unklar ist. Ein Nachbar hat geklagt... Natürlich ist es gut, dass das Recht auf Ruhestunden gesetzlich geschützt ist, aber fragwürdig wird der Fall doch spätestens dann, wenn jemand sehenden Auges und offenen Ohres in ein Haus einzieht, in dem sich eine Kneipe befindet. Und dann aber unbedingt seine Ruhe haben will.

Im Fall des Schulz kommt den genervten Anwohnern nun der Umstand zupass, dass die Baugenehmigung für das Lokal noch aus den 1980ern stammt und offiziell nur Musik aus dem Kassettenrekorder erlaubt. Die aktuellen Betreiber nutzen aber zeitgemäße Musikabspielgeräte nebst Boxen. Die Stadt kann sich nun auf diese Diskrepanz berufen und die Schließung verfügen.

Dass es gar nicht erst so weit kommt, würde man sich in einer idealen Welt, in der Rücksicht und Dialog regieren, eigentlich wünschen. In einer Stadt wie Köln, die sogar eine Hymne besitzt, die tolerantes Trinkverhalten propagiert, würde man erst recht erwarten, dass das Gezerre um Kneipen-Öffnungszeiten und Konzert-Termine mit einem – zur Not an der Theke – erzielten Kompromiss endet: „Drink doch eine met, stell dich nit esu ahn!“ 

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