Geheimnis Genossenschafts-KneipeDie „Trink-Genossin“ in Ehrenfeld gehört 207 Leuten

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Louisa Manz und Marian Bosse sind im Vorstand der Genossenschaft.

  • In Neuehrenfeld gibt es die einzige Genossenschaftsbar Kölns.
  • Ein Beispiel auch für andere Veedel? Wir haben mit den Machern gesprochen.

Köln-Neuehrenfeld – Die eigene Kneipe - es gibt wohl kaum jemand, der nicht schon einmal mit dem Gedanken gespielt hätte, einen eigenen Laden zu haben: Eine Bar betreiben, hinter der Theke stehen, mit den Stammgästen plaudern und den Laden genauso gestalten, wie man möchte. Vielen Menschen fehlen für die eigene Lokalität jedoch die finanziellen Mittel und das nötige Know-How. 

Wie wäre es also, wenn die Kneipe nicht einen, sondern mehrere Eigentümer hätte? 200 oder mehr sogar? Diese Idee hatten Kai Berthold und Jan Buckenmayer 2015. Die beiden Design-Studenten gründeten eine Genossenschaft mit dem Ziel, eine demokratisch geführte Bar zu eröffnen, die von allen Mitgliedern gleichermaßen finanziert und betrieben wird.

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Auch über die Einrichtung entscheiden alle Mitinhaber der Kneipe gemeinsam. 

Bevor die „Trink-Genossin” auf der Subbelrather Straße ihre Pforten im August 2020 öffnete, sammelte die Genossenschaft das Startkapital mit Hilfe einer Crowdfunding-Kampagne. Für 250 Euro konnten Interessenten einen Genossenschaftsanteil erwerben und so Mitglied werden - und das ist auch heute noch möglich, wie Louisa Manz vom Vorstand erklärt, die selbst im Zuge der Kampagne zum Projekt dazugestoßen ist. 

Miteigentümer, Gast und Bestimmer

Im Gegenzug wird man so zum Miteigentümer der Kneipe, aber auch zum Mitarbeiter, Gast und Bestimmer - die Getränkeauswahl wird gemeinschaftlich entschieden, auch das Programm aus Kunstausstellungen und Konzerten wird auf demokratische Weise festgelegt: „In einer Kneipe kommen Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen und Bereichen zusammen”, erklärt Louisa Manz, „und auch unsere Genossenschaft ist für jeden da.”

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Über Ausstellungen und Interieur entscheiden die Mitglieder demokratisch. 

Wie Manz weiter erklärt, sei die Genossenschaft, die mittlerweile 207 Mitglieder zählt, in vielerlei Hinsicht divers aufgestellt - das Alter der Mitglieder liegt in der Regel zwischen 30 und 40 Jahren, jedoch seien viele Genossinnen und Genossen auch jünger oder älter.

Die Trinkgenossin

Ein Mühlen Kölsch vom Fass kostet 1,90 Euro, ein Hellers Pils kostet 2,90. Ein Glas Rot- oder Weißwein sowie Sekt bekommt man für 4,20 Euro, die Kurzen liegen zwischen 2 imd 2,90 Euro. Longdrinks und Cocktails - wie etwa ein “Kölscher Caipi” aus lokalem Walnuss-Schnaps und Limette - kosten zwischen 6,90 und 7,50 Euro.

Trink-Genossin, Subbelrather Straße 254, geöffnet dienstags, mittwochs, freitags und samstags ab 19 Uhr sowie donnerstags ab 18 Uhr.

Auch sind viele Berufe vertreten, etwa Handwerker und Ärzte. Louisa Manz und Marian Bosse vom Vorstand sind im IT-Bereich tätig: „Jeder von uns hat ganz unterschiedliche Fähigkeiten, die man in die Genossenschaft und in die Kneipe einbringen kann”, erklären die beiden.

So sind auch eine Handvoll Gastronomen in das Projekt involviert, für die meisten aber bedeutet die Kneipe „learning by doing”: „Hinter der Theke stehen bezahlte Mitarbeiter, aber Mitglieder der Genossenschaften können auch ehrenamtlich Schichten übernehmen”, erklärt Marian Bosse, der ebenfalls gerne am Zapfhahn aktiv wird. 

Hauseigener Messenger für alle Genossinnen

Außerhalb der Kneipe können sich die Genossinnen und Genossen über den hauseigenen Messenger in das Projekt einbringen: Über diesen tauschen sich die Mitglieder über die Getränkekarte und die Gestaltung der Bar sowie alle Themen aus, die für die Bar relevant sind.

Alle zwei Wochen kommen die Genossenschafter zudem in dem Lokal zum Plenum zusammen, einmal im Jahr findet eine Generalversammlung statt: „In der Gastronomie muss man viele Hürden überwinden und so sterben die Veedelskneipen in Köln langsam aus”, erklärt Louisa Manz, „wir aber wollen zeigen, wie man eine Bar auf demokratische Weise langlebig gestalten kann.”

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Wie die 33-Jährige sagt, hätte die Genossenschaft ihre Krisenfestigkeit immerhin in den Jahren der Pandemie bewiesen: „Wir mussten später eröffnen als geplant und dann im Lockdown auch wieder schließen. Weil wir aber so viele sind, konnten wir uns gut über Wasser halten.” Wer auf ein Bier in die „Trink-Genossin” einkehren will, muss übrigens kein Mitglied der Genossenschaft sein - wer die Kneipe mitgestalten möchte aber schon. 

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