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EinbürgerungKölner Jeside als Junior-Botschafter in den USA – Vorbildliche Integration

Lesezeit 3 Minuten
Sufjan Ato Shawrdi am Schreibtisch seines Arbeitgebers, er lächelt in die Kamera.

Sufjan Ato Shawrdi wartete mehr als 19 Monate auf seine Einbürgerung. 

Der 24-Jährige hat bislang einen irakischen Pass und hätte damit wahrscheinlich nicht in die USA einreisen dürfen. 

Sufjan Ato Shawrdi hatte die höchsten Politiker des Landes angeschrieben und die Kölner Oberbürgermeisterin, schließlich auch den „Kölner Stadt-Anzeiger“: Der 24-jährige Jeside, der mit seiner Familie vor neun Jahren vor dem Islamischen Staat geflohen war und sich vorbildlich integriert hatte, wartete mehr als 19 Monate auf seine Einbürgerung – nur als deutscher Staatsbürger würde er im August sein Stipendium im Rahmen des Parlamentarischen Partnerschaftsprogramms (PPP) des deutschen Bundestags antreten können. Nach öffentlichem Druck und der Unterstützung zahlreicher Politikerinnen und Politiker erhielt Shawrdi am Montag endlich die ersehnte Nachricht: Seinem Einbürgerungsantrag ist zugestimmt worden, am 1. Juli kann Shawrdi, der in Köln eine Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement abgeschlossen hat, in Vollzeit für einen Bürodienstleister arbeitet und ehrenamtlich als Fußballschiedsrichter jobbt, seine Einbürgerungsurkunde abholen.

Die Einbürgerung ist für mich nicht nur ein Verwaltungsakt, sondern ein neues Kapitel, in dem ich Verantwortung übernehme. Ich darf künftig wählen und werde – wo auch immer ich bin – Deutschland und seine Werte vertreten
Sufjan Ato Shawrdi

„Die Einbürgerung ist für mich nicht nur ein Verwaltungsakt, sondern ein neues Kapitel, in dem ich Verantwortung übernehme. Ich darf künftig wählen und werde – wo auch immer ich bin – Deutschland und seine Werte vertreten“, sagt Shawrdi. Nachdem die USA Termine zur Visa-Vergabe für Studenten zwischenzeitlich gestoppt hatten, ist das inzwischen wieder möglich. „Ich hoffe sehr, dass ich das Visum noch rechtzeitig bekomme und meinen Flug in die USA am 16. August antreten kann.“ Der Kölner wird Deutschland dort als Junior-Botschafter des Bundestags vertreten. Vorgeschlagen hatte ihn der langjährige SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich.

Die Einbürgerung bedeute ihm enorm viel, sagt Shawrdi. „Ich bin im Irak geboren, als Jeside. Dieser Hintergrund hat vieles am Anfang erschwert. Heute fühle ich mich angekommen – als Teil einer Gesellschaft, die mir Schutz, Möglichkeiten und Zukunft gibt. Mein Ziel ist es, überall einen positiven Eindruck zu hinterlassen.“ Er hoffe, dass seine Geschichte zeige, „dass Integration gelingen kann – wenn man Chancen bekommt und sie nutzt. Ich habe viel investiert, gelernt und mich eingebracht, und heute bin ich stolz, sagen zu können: Ich bin angekommen“.

Die Schule hatte Shawrdi abgeschlossen, während er mit seinen Eltern und den fünf Geschwistern in Turnhallen und Flüchtlingsunterkünften lebte. Als seine Einbürgerung zur Hängepartie wurde, wendete er sich an Bundeskanzler Friedrich Merz, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, den ehemaligen Gesundheitsminister Karl Lauterbach und viele weitere Politikerinnen und Politiker. Einige von ihnen schrieben daraufhin die Stadt Köln an.

Seit Juni 2024 können Ausländer schon nach fünf Jahren (und bei besonders guter Integration nach drei Jahren) in Deutschland eingebürgert werden – vorher mussten sie acht Jahre hier gelebt haben. Das hat zu einer Vielzahl von Anträgen geführt, die die Ausländerbehörden massiv überfordert haben. Das Kölner Amt hatte im vergangenen Mai kapituliert: Die Behörde hatte Einbürgerungsanträge für mehrere Monate nicht mehr angenommen, weil sie die Anfragen nicht mehr bearbeiten konnte.

Köln: Ein Jahr Wartezeit für Erstgespräch zur Einbürgerung

Aktuell warten Antragsteller auf Einbürgerung laut Stadtverwaltung im Schnitt „etwa elf bis zwölf Monate auf das sogenannte Antragsklärungsgespräch, in dem Identitäten geprüft, Urkunden abgeglichen und Unterschriften geleistet und die Gebühr bezahlt werden. Je nach Komplexität des Falles, Vollständigkeit der Unterlagen und Dauer der Rückmeldung der Behörden dauert die dann abschließende Bearbeitung von wenigen Wochen bis zu etwa acht Monaten“.