Nach jahrelanger Debatte entscheiden die Bezirksvertretungen in Ehrenfeld und Nippes im September über drei neue Straßennamen in Köln.
Umbenennung in KölnVergangenheit wird aufgearbeitet – Neue Straßennamen für Nippes und Ehrenfeld

Die „Gregorius-Marus-Straße“ in der Kölner Innenstadt steht kurz vor ihrer offiziellen Umbenennung: Im Oktober geht die Übergangsfrist zu Ende. Im Semptember entscheidet sich, ob drei weitere Straßen in Köln einen neuen Namen erhalten. (Archivbild)
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Zwei Straßen in Ehrenfeld und eine Straße in Nippes stehen kurz vor der Umbenennung: Die jeweiligen Bezirksvertretungen müssen den neuen Namensvorschlägen in ihren Sitzungen am 8. und 9. September nur noch final zustimmen. Grund für die Suche nach neuen Straßennamen ist die historische Belastung der bisherigen Namensgeber – alle drei stehen im Zusammenhang mit Verbrechen des Nationalsozialismus und der deutschen Kolonialzeit.
Die Stadt Köln setzt damit ihre Bemühungen fort, das koloniale Erbe Kölns aufzuarbeiten. Im vergangenen Jahr war bereits die Umbenennung der „Mohrenstraße“ in der Kölner Innenstadt in „Gregorius-Maurus-Straße“ beschlossen worden. Im Oktober verstreicht die sogenannte Übergangsfrist, in der beide Straßennamen parallel verwendet werden und die Namensänderung tritt offiziell in Kraft.
Zwei neue Straßennamen für Ehrenfeld beschlossen
Die Bezirksvertretung Ehrenfeld entscheidet am 8. September über zwei neue Straßennamen. Bereits im November 2023 hatte sie auf Empfehlung des von Oberbürgermeisterin Henriette Reker initiierten Historischen Beirats die grundsätzliche Änderung beschlossen.
Die Mehrheit der Anwohnerinnen und Anwohner in Ehrenfeld befürwortete die Umbenennung. Im Rahmen einer Öffentlichkeitsbeteiligung konnten im vergangenen Jahr Namensvorschläge eingereicht werden. Über die konkrete Auswahl der Straßennamen konnte bis zum 14. Juni auf dem städtischen Beteiligungsportal meinungfuer.koeln abgestimmt werden.
„Wißmannstraße“ wird zu „Fasia-Jansen-Straße“
Die „Wißmannstraße“ in Ehrenfeld wurde 1888 nach dem Reichskommissar der Kolonie Deutsch-Ostakfrika, Hermann von Wißmann, benannt. Er spielte eine zentrale Rolle bei der gewaltsamen Durchsetzung der deutschen Kolonialherrschaft, insbesondere durch militärische Einsätze gegen einheimische Widerstandsbewegungen.

Sollte die Bezirksvertretung am 8. September zustimmen, werden hier bald zwei Straßenschilder hängen – zumindest für ein Jahr, denn so lange dauert die sogenannte Übergangsfrist in Köln. (Archivbild)
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Als neue Namensgeber für die Straße standen unter anderem zwei Zeitzeugen des Nationalsozialismus mit afrikanischen Wurzeln – Theodor Wonja Michael und Mohammed Husen – zur Auswahl. Die Entscheidung fiel letztlich auf Fasia Jansen, die während des Nationalsozialismus zur Zwangsarbeit verpflichtet wurde und später als Liedermacherin und Aktivistin zu den wichtigsten künstlerischen Stimmen der sozialen Bewegungen in Westdeutschland zählte.
„Gravenreuthstraße“ soll „Cilly-Servé-Straße“ heißen
Sigmund Ulrich von Gravenreuth war im Zweiten Weltkrieg ein Offizier der Luftwaffe der Wehrmacht und NSDAP-Funktionär. Bei der öffentlichen Namensfindung standen deshalb fünf der sechs Vorschläge in Zusammenhang mit Persönlichkeiten, die im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv waren oder Opfer des NS-Regimes wurden.
Die Wahl fiel auf Cilly Servé, die Teil der sogenannten „Ehrenfelder Gruppe“ der Edelweißpiraten in Köln war. Im Widerstand gegen das NS-Regime bot sie Deserteuren, geflohenen Zwangsarbeitern und politisch Verfolgten in ihrer Wohnung in der Schönsteinstraße 7 Schutz – unweit der voraussichtlich bald nach ihr benannten „Cilly-Servé-Straße“.
„Gustav-Nachtigal-Straße“ im Nippeser Afrikaveedel heißt bald wohl „Manga-Bell-Straße“
Auch in Nippes soll die lange Debatte um die Umbenennung einer Straße im Afrikaveedel bald ein Ende nehmen: Am 9. September stimmt die Bezirksvertretung final über den neuen Vorschlag für die bisherige „Gustav-Nachtigal-Straße“ ab.
Mit seiner Arbeit als früherer Reichskommissar für Westafrika trug Gustav Nachtigal maßgeblich zur gewaltsamen Durchsetzung des deutschen Kolonialismus bei. Den Straßennamen stufte der Historische Beirat der Stadt Köln deswegen als „schwer belastet“ und „nicht haltbar“ ein. Der neue Name sollte ein deutliches Zeichen gegen den deutschen Kolonialismus in Afrika setzen.

Das Schild der Gustav-Nachtigal-Straße in Nippes wurde schon mehrfach übermalt oder überklebt. (Archivbild)
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Wie in Ehrenfeld wurde auch in Nippes die Öffentlichkeit in die Namensfindung einbezogen. Der Vorschlag, der die meisten Stimmen für sich gewinnen konnte, ist „Manga-Bell-Straße“. Er soll an Emily und Rudolf Manga Bell erinnern – zwei Symbolfiguren für den antikolonialen Widerstand in Kamerun. Rudolf Manga Bell wurde im Jahr 1914 von der deutschen Kolonialverwaltung wegen Hochverrats hingerichtet, nachdem er sich gegen die koloniale Unterdrückung erhoben hatte.
Einjährige Übergangsfrist für neue Namen
Sollten die jeweiligen Bezirksvertretungen den Umbenennungen am 8. und 9. September zustimmen, sollen die neuen Straßennamen laut Stadt Köln offiziell im Amtsblatt veröffentlicht werden. Während der Übergangsfrist von einem Jahr werden beide Straßennamen parallel verwendet. Die neuen Straßennamen werden – wie im Falle der „Gregorius-Maurus-Straße“ – bis zum Ablauf der Frist noch mit einem roten Balken versehen bleiben.
Diese Frist soll Anwohnerinnen und Anwohnern ausreichend Zeit, beispielsweise für Adressänderungen bei Behörden, einräumen.