FalschmeldungKölner Musik-Produzent Reiner Hömig aus Versehen für tot erklärt

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 FC-Fan Reiner Hömig.

 FC-Fan Reiner Hömig.

Köln – In der Zeitung von seinem eigenen Tod zu lesen – das passiert nicht vielen Menschen. „Ich war da zuerst schon richtig schockiert“, sagt der Kölner Musik-Produzent Reiner Hömig. Eine Dortmunder Zeitung und das Internetportal eines BVB-Fanclubs hatten in der Vorwoche das Ableben der Produzenten der Stadion-Hymne „Heja BVB“ von Borussia Dortmund vermeldet, die bei den Heimspielen des Club jeweils von 80.000 Fans gesungen wird. Doch nicht der Autor und Komponist Hömig, sondern der damalige Sänger Karl-Heinz Bandocz war verstorben. „Da wohl schlecht recherchiert wurde, war es offensichtlich zu dieser Verwechslung gekommen.“

Aber was hat der erklärte FC-Fan Hömig, der in seiner Karriere schon mit vielen deutschen und internationalen Schlagergrößen zusammengearbeitet hat und an so manchen kölschen Karnevalshit beteiligt war, mit dem BVB zu tun? Der Heya-Song sei im Jahr 1978 durch die Vermittlung von befreundeten Musikern aus dem Ruhrgebiet entstanden. „Ich hab’ mich hingesetzt, etwas komponiert und eingereicht. Und dann wurde das genommen.“

Brief an Borussia Dortmund

Die vermeintliche Todesnachricht hatte sich bei Hömigs Kollegen schnell verbreitet. „Viele Freunde aus dem Ruhrgebiet haben bei mir angerufen und waren erleichtert, dass ich persönlich am Telefon war.“ Nun sollen auch die Vereinsoberen von Borussia Dortmund mitkriegen, wie gut er seinen Tod überstanden habe. In diesen Tagen will er einen Brief an den BVB-Vorstand schreiben. „Damit die sich selbst davon überzeugen können, wie lebendig ich noch bin, sollen sie mir zwei Vip-Karten für das Rückspiel des FC im Westfalen-Stadion schicken“, sagt Hömig und lacht.

Schließlich wolle er noch lange arbeiten, um noch so manches Lied aus seiner Feder in den Hitparaden platzieren zu können. Mit Schlagergrößen wie Wolfgang Petry, Mireille Mathieu und Patrick Lindner oder auch Bernd Clüver, Klaus Lage, Jürgen Drews und DJ Ötzi hat er das schon geschafft. Für jeden hat Hömig den richtigen Ton gefunden. Dafür stellt er sich zumeist bei Konzerten ins Publikum und beobachtet die Fans. Um den Nerv der jeweiligen Anhänger zu treffen, will er wissen, bei welcher Art Liedern diese begeistert mitsingen und bei welchen Songs sie auf die Toilette gehen.

Nicht nur Schlagersänger, sondern Spezialist im Studio. Wir kennen uns seit Kindertagen. So fünf, sechs Jahre haben wir gemeinsam viele Lieder geschrieben und produziert. Das ist schon eine Art Lebenswerk. Heute lebt der zurückgezogen. Bisweilen treffen wir uns zum Fisch essen.

Sie brachten ihre Hunde mit und waren sehr mütterlich: erst einmal gespült und die Küche aufgeräumt. Wenn ich mit den Damen und den Pudel n durch die Stadt gefahren bin, bin ich heute noch froh, dass mich kein Bekannter gesehen hat.

Mit „Ich bau dir ein Schloss“ habe ich die zweite Karriere des „König von Mallorca“ mit eingeleitet. Für mich ist er der Grand-Seigneuer der Schlagerszene. Uns verbindet eine Männerfreundschaft. Wenn wir in einem Café zusammenhocken, erzählen wir uns Geschichten aus dem Leben, die außer uns keiner hören darf.

Der Spatz von Avignon wohnte in Paris. Der Kontakt kam über den früheren Musikverleger Manfred Schmitt. Dem gefiel ein Song von uns. Er rief Mathieu an, eine Woche später stand die bei uns im Studio. Außer „Colour of Gold“, der Eröffnungsmusik für die Olympischen Spiele in Seoul 1988, haben wir ein ganzes Album gemacht. Aber da in der Zeit ihr Mann und Manager starb, hatte sie für viele Jahre mit dem Singen ausgesetzt. Bei mir liegen heute noch unveröffentlichte Lieder von ihr.

Als Kind träumte Hömig davon, von Beruf Schützenkönig zu werden. Doch weil es dafür keine Ausbildung gab, lernte er nach der Volksschule Fernmeldetechniker bei der Post. Doch die Beatles stoppten dieses Berufskarriere. „So ab dem Jahr 1963 hatte plötzlich jeder eine Band.“ Mit Freunden spielte er als Gitarrist die Hits von John Lennon und Paul McCartney rauf und runter und die Songs der Rolling Stones nach. Zur Gitarre brachte er sich in den Folgejahren noch Bass, Blockflöte, Klavier und Schlagzeug bei und begann,selbst Lieder zu schreiben.

Über Umwege kam er schließlich zu den Bläck Fööss und schrieb für sie die „Kaffeebud“ und den „Polterovend en d'r Elsaßstroß“. Die Gitarre mit der er einst auf einer Wohnwagentour mit Tommy Engel den Hit „Fronkreich, Fronkreich“ erfunden hatte, liegt auch heute noch auf seinem Kleiderschrank. Auch „Bye bye, my Love“ und rund 50 andere Fööss-Lieder, die im Team mit den Musikern entstanden sind, zählen mit zu den Werken des rührigen Komponisten und Texters, der von der Band auch das legendäre Bläck-Fööss-Studio in Lindenthal übernommen hat und auch heute noch betreibt.

„Ich muss nicht selbst auf der Bühne stehen“

Mit seiner Rolle in der zweiten Reihe kann er gut leben, „Ich muss nicht selbst auf der Bühne stehen.“ Und wenn in der nächsten Woche zum Sessionsauftakt auf dem Heumarkt geschunkelt wird, sind zahlreiche seiner Melodien mit dabei. Außer den Fööss auch im Repertoire von Höhner, Paveier und Räuber, von King Size Dick, Boore und Rabaue sowie Marita Köllner, deren aktueller Titel „Do hänge mir dran“ von Hömig stammt.

Allerdings ärgert sich Hömig derzeit ganz gewaltig, dass viele seiner Titel wie auch die seiner Kollegen nicht mehr so häufig im Radio laufen, wie man das in den Vorjahren gewohnt war. Seit einigen Monaten haben bundesweit die Radiostationen nach seinen Beobachtungen („Mehrere Musikredakteure haben mir das bestätigt“) die deutschen Produktionen im Programm zurückgefahren und setzten verstärkt auf Hits aus England und Amerika.

Hömig: „So haben deutschsprachige Künstler weniger Chancen einen Hit zu landen, beim Publikum anzukommen, ausreichend CDs zu verkaufen und die Fans in ihre Konzerte zu locken.“ Der wirtschaftliche und kulturelle Schaden sei noch gar nicht einzuschätzen. Hömig: „Nachher heißt es noch, die Deutschen machen keine Musik mehr.“

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