Kölner FernsehturmKein Geschäft mit dem Colonius

Der Kölner Fernsehturm Colonius bei Sonnenuntergang
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Köln – Beim Blick aus den Panorama-Fenstern bietet sich ein atemberaubender Blick auf die Altstadt, den Rhein und die umliegenden Städte. Auf einer Plattform in einer Höhe von 168 Metern können die Besucher in gemütlicher Atmosphäre Kaffee und Cocktails genießen. Eine Etage höher wartet ein Restaurant auf die Gäste. Es ist eine Szenerie, die jederzeit auf dem Kölner Fernsehturm Colonius vorstellbar wäre. Tatsächlich spielt sie sich jedoch auf seinem Düsseldorfer Pendant, dem 240,5 Meter hohen Rheinturm, ab.
Während auf der anderen Rheinseite in schwindelerregender Höhe das pralle Leben tobt, bietet der mit 266 Metern etwas höhere Colonius in seinem Inneren den trostlosen Blick auf Technikeinrichtungen der Telekom. Das einstmals in den Räumen untergebrachte Dreh-Restaurant wurde im Jahr 1994 geschlossen. Seitdem wurde kein neuer Pächter gefunden. Die Dorint-Gruppe hatte sich damals als Betreiber zurückgezogen, weil die Erträge nicht mehr ausreichten. Im Jahr 1998 wurde auch die Aussichtsplattform geschlossen.
Dabei zählte der 1981 eröffnete Kölner Fernsehturm in seinen erfolgreichsten Zeiten pro Jahr rund 300 000 Besucher. Eine Zahl, die sich mit den 320 000 Gästen in Düsseldorf durchaus messen kann. Doch aus Sicht von Udo Bonkowski, Direktor des Düsseldorfer Rheinturms, gibt es viele Gründe, warum sich in Köln seit nunmehr 20 Jahren kein neuer Investor gefunden hat.
„Das Turm-Geschäft ist sehr hart, und es ist schwierig, einen Gewinn zu erzielen“, sagt der Mitarbeiter der Betreiber-Firma Günnewig. Als die deutschen Fernsehtürme gebaut wurden, hätten die Planer vor allem den Transport von Daten im Blick gehabt. Eine touristische Nutzung habe nur an zweiter Stelle gestanden. „Wir haben das große Glück, dass der Rheinturm direkt am Rhein und neben dem Landtag zwischen Altstadt und Medienhafen steht“, sagt Bonkowski. Das ziehe sehr viele Menschen in das direkte Umfeld, und ein großer Teil von ihnen fahre hoch, um die Aussicht zu genießen.
„Der Colonius hingegen liegt an der Inneren Kanalstraße praktisch im Niemandsland“, sagt Bonkowski. Nichts in der Umgebung locke Menschen an; an Touristen sei überhaupt nicht zu denken. Zudem sei der Parkplatz deutlich zu klein. „Ehrlich gesagt, ist das mit der Leuchtwerbung auch optisch nicht gerade ein Hingucker. Das wirkt eher wie ein reiner Zweckbau“, so Bonkowski. Um an dieser Stelle wirtschaftlich ein Restaurant zu betreiben, bedürfe es jedoch einer enormen Zahl von Gästen. In Düsseldorf speisen jährlich zwischen 40 000 und 45 000 der Rheinturm-Besucher im Restaurant.
Eine halbe Million im Jahr für die Aufzüge
Den damit verbundenen Einnahmen stehen erhebliche Kosten gegenüber. So verschlingen alleine der Betrieb und die Wartung der Aufzüge rund eine halbe Million Euro im Jahr. „Deshalb kostet die Fahrt nach oben immer fünf Euro, auch für die Restaurant-Gäste“, sagt Bonkowski. Der Aufzug müsse sich sozusagen „selbst finanzieren“. Hinzu kommen Brandschutz-Auflagen, die denen eines Flughafens entsprechen. Regelmäßig müssen die Mitarbeiter geschult und Übungen abgehalten werden.
Mehrmals pro Jahr gibt es Kontrollgänge und umfangreiche Prüfungen der 52 Brandschutz-Türen. Auch die Kunststoffrollen, auf denen sich das Dreh-Restaurant bewegt, sowie die Pumpen müssen immer wieder ausgetauscht werden. „Wir bewegen hier schließlich jede Menge Frisch- und Abwasser über eine Höhe von 170 Metern“, sagt Bonkowski. „All das geht voll zulasten unseres Gewinns.“ Diesen Bedingungen müsse sich auch ein möglicher Colonius-Investor stellen.
Während der Rheinturm zu 48 Prozent der Stadt Düsseldorf und zu 52 der Telekom-Tochter Deutsche Funkturm gehört, ist letztere alleiniger Eigentümer des Colonius. „Wir sind grundsätzlich für jedes Konzept offen, bisher wurde uns aber kein tragfähiges mit entsprechender Finanzierung vorgelegt“, sagt Telekom-Sprecher André Hofmann auf Anfrage. Gescheiterte Überlegungen zur Reaktivierung hatte es allerdings schon einige gegeben. Im Gespräch waren eine Nutzung als Restaurant und Aussichtsplattform, Museum, Diskothek, Wohnraum, Bürofläche und Fernsehstudio sowie die Umbauung. Es sei jedoch ein zweistelliger Millionenbetrag nötig, um den Kölner Fernsehturm überhaupt wieder nutzbar zu machen. Das beziehe sich vor allem auf die Sanierung der Aufzuganlage und der beiden ehemaligen Restaurant-Ebenen. Ein Betreiber müsste aktuell deutlich höhere Brandschutzauflagen erfüllen, als das noch vor 20 Jahren notwendig war, da der Bestandsschutz nach fünf Jahren Leerstand ausläuft.
Die Aussichten auf eine Wiedereröffnung der Aussichtsplattformen sehen also derzeit denkbar schlecht aus. Vor einem atemberaubenden Blick über das Rheinland steht derzeit wohl die Fahrt nach Düsseldorf. Einen kleinen Trost gibt es aber: Von dort aus zeichnet sich die Silhouette Kölns ganz deutlich am Horizont ab – Orientierung bietet dabei ausgerechnet der Colonius.
In Deutschland gibt es nach Angaben der Telekom-Tochter Deutsche Funkturm derzeit insgesamt sechs große Fernseh- und Fernmeldetürme, die öffentlich zugänglich sind und über Gastronomieangebote verfügen. Dazu zählen die Gebäude in Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Mannheim, München und Schwerin.
Der Stuttgarter Fernsehturm gehörte bis zum März vorigen Jahres ebenfalls dazu. Damals musste er jedoch aus Brandschutzgründen für Besucher geschlossen werden. Das Restaurant musste nur zwei Monate später Insolvenz anmelden. Eine Verbesserung der Schutzmaßnahmen würde laut eines Gutachtens insgesamt Kosten in Höhe von rund 750 000 Euro verursachen.
Der Heinrich-Hertz-Turm in Hamburg-St. Pauli musste wegen einer Belastung mit Asbest im Jahr 2001 geschlossen werden. Seit der Sanierung konnte kein neuer Betreiber für die Gastronomie-Plattform gefunden werden. (att)