Die Frauenberatungsstelle Agisra, Rom e.V. und der Kölner Flüchtlingsrat fordern von der Stadt Köln langfristige Planungssicherheit.
Kölner Träger schlagen Alarm„Wir sind in Sorge, dass die soziale Infrastruktur zerstört wird“

Sophia Cora von Agisra, Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat und Mariia Olenchenko von Rom e.V. fordern ein Umdenken der Politik.
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Es geht um die Beratung von Frauen, die von Gewalt betroffen sind, Bleibeperspektiven für Geflüchtete, Nachhilfeangebote und Hilfen im Bürokratiedschungel: Weil mit der städtischen Haushaltssperre die freiwilligen Leistungen eingefroren sind, bangen viele Kölner Träger um ihre Existenz. „Wir sind in großer Sorge, dass wir unsere Arbeit im kommenden Jahr nicht mehr wie geplant anbieten können und die soziale Infrastruktur in Köln dadurch zerstört wird“, sagte Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Frauenberatungsstelle Agisra und dem Verein Rom e.V.
Dass die Träger bis zur Ratssitzung am 16. Dezember nicht wüssten, ob sie im kommenden Jahr ausreichend finanziert werden, „ist eine Beleidigung und Nicht-Wertschätzung unserer Arbeit“, so Prölß. „Wir fordern, die freiwilligen Leistungen als Pflichtleistungen anzuerkennen – durch unsere Beiträge zur Integration bekämpfen wir nicht zuletzt die Feinde unserer Demokratie, die mit der AfD auch im Kölner Stadtrat sitzen.“
Jeder Mensch mit festem Aufenthaltstitel bringt der Stadt einen finanziellen Vorteil von durchschnittlich 9000 Euro
Die Arbeit für Geflüchtete nutze Köln auch finanziell enorm, sagte Prölß. „Jeder Mensch mit festem Aufenthaltstitel bringt der Stadt einen finanziellen Vorteil von durchschnittlich 9000 Euro, weil die Menschen dann vom Sozialamt zum Jobcenter wechseln.“ Allein zwischen Mai 2023 und Dezember 2024 erhielten 332 Menschen über das Kölner Bleiberechtsprojekt einen festen Aufenthalt. „Das führt zu einer Ersparnis von knapp drei Millionen Euro. Wenn man die Förderung in Höhe von 400.000 Euro abzieht, sind es noch immer weit über zwei Millionen.“
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In dem Projekt arbeitet die Kölner Ausländerbehörde gemeinsam mit Caritas, Diakonie, Flüchtlingsrat und Rom e.V. daran, lange in Deutschland lebenden Menschen eine langfristige Bleibeperspektive zu geben. „Dass dieses überaus erfolgreiche Projekt jetzt infrage steht, ist einfach absurd“, so Prölß.
„Es ist traurig, dass wir wie schon in den vergangenen Jahren darum kämpfen und uns rechtfertigen müssen, um die Arbeit unserer Beraterinnen finanziert zu bekommen“, sagte Sophia Cora von Agisra. Der Beratungsbedarf sei in den vergangenen Jahren stark gestiegen – „im Jahr 2020 hatten wir 3855 Beratungen von 795 Frauen, 2023 waren es 5000 Beratungen von 1270 Frauen“, so Cora. Wichtige Stellen wie jene für die Beratung von Frauen, die häusliche Gewalt erfahren mussten, seien gefährdet. „Dabei vermitteln uns die städtischen Behörden täglich Frauen, die dringend Hilfe brauchen.“
Kölner Verein Rom e.V. bangt um mehrere Stellen
Der Verein Rom e.V. bangt um den Fortbestand von drei Vollzeit- und vier Teilzeitstellen. „Falls die freiwilligen Leistungen nicht weiter gezahlt werden, können wir unsere Angebote für Menschen im Projekt Bleiberechtsperspektive und für Menschen ohne Papiere nicht wie bisher fortführen“, sagt Mariia Olenchenko, Leiterin der Beratungsstelle des Vereins. Fälle von Antiziganismus hätten in den vergangenen Jahren stark zugenommen. „Viele Sinti und Roma vertrauen nur uns. Wir schützen sie vor Diskriminierung – und müssen doch jedes Jahr um unsere Finanzierung bangen.“
Falls die freiwilligen Leistungen nicht weiter gezahlt werden, können wir unsere Angebote für Menschen im Projekt Bleiberechtsperspektive und für Menschen ohne Papiere nicht wie bisher fortführen
Claus-Ulrich Prölß erinnerte daran, dass durch die Flüchtlingsarbeit jedes Jahr ein Millionenbetrag an Drittmitteln erwirtschaftet werde: „Wenn die Stadt 1000 Euro für die Flüchtlingsberatung zahlt, kommen über das Land 3000 Euro dazu.“ Entscheide sich die Stadt, nichts mehr zu zahlen, breche eine „für die Demokratie essentiell wichtige Arbeit“ komplett zusammen.

