GeschäftsideeKölner Existenzgründer mixen Lakritzlikör „Kettenfett“

Jens Peter Vente, Matthes Schauerte und Benjamin Jürgens (v.l.) beim Reklametrinken im Stiefel an der Zülpicher Straße
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Köln – Eine Geschäftsidee zur Marktreife zu bringen, kann anstrengend sein: Dreieinhalb Jahre, fast jeden Mittwoch trafen sich Benjamin Jürgens, Matthes Schauerte und Jens Peter Vente, um über Marketing- und Geschäftsstrategien zu beraten – und um zu trinken. Jedes Mal wurden drei neue Mischungen angesetzt, die eine Woche später probiert wurden: Aus Lakritz, Zucker, geheimen Zutaten und Zuckerrübenschnaps sollte ein Getränk werden, das bislang mancher Wirt in Hinterzimmern selber zusammenbastelt und nun in größerem Stil an deutschen Tresen begeistern soll. „Kettenfett“ nennen die drei Kölner ihren Lakritzlikör, der mit coolen Sprüchen („Rostige Kehlen kann man schmieren“) und „Guerilla-Marketing“ Fans finden soll.
„So was Geiles machen wir selber“
Bei einer Party habe ein Finne das dortige Nationalgetränk „Salmiaki“ mitgebracht, sagt Schauerte. Als sie die Flasche leer gemacht hatten, waren sich die drei Freunde sicher: „So was Geiles machen wir selber.“ Am Anfang wurden Lakritz-Bonbons aufgelöst, dann stiegen die Ansprüche. Sie suchten einen Lieferant für den Rohstoff und Firmen, welche die Süßholzwurzeln – normalerweise für Süßigkeiten – verarbeiten. Es begann das Experiment am lebenden Objekt, bis die Rezeptur stand. Nicht zu süß, nicht zu stark, pechschwarz: Wer Lakritz nicht mag, ist hier falsch. Salmiaksalz sorge für die „skandinavische Note“. 25 Prozent Alkohol sind drin. Was sonst noch, sei geheim. Auf künstliche Farb- und Aromastoffe werde verzichtet.
Warten auf den Durchbruch mit Lakritzlikör
Die drei Existenzgründer kennen sich aus gemeinsamen Kindergartenzeiten im Sauerland. Danach hätten sie sich aus den Augen verloren und schließlich in Köln wiedergetroffen. Nun warten ein technischer Betriebswirt, ein Musikwissenschaftler und ein Grafik-Designer auf den wirtschaftlichen Durchbruch mit Lakritzlikör. „Wir sind nicht blauäugig“, sagt Schauerte. Aber schön wäre es doch, wenn man mit dem trinkbaren Kettenfett Geld verdienen könnte. Solange müssen sie neben 35 bis 40 Arbeitsstunden für ihr Getränk pro Woche auch noch allerlei Gelegenheitsjobs annehmen. So steht kurz vor dem Ende des ersten Betriebsjahres vor allem die Mühsal aller Existenzgründer in der Bilanz: Viel Arbeit, wenig Ertrag. Einen Kredit wollten die drei nicht aufnehmen. Insofern fehlt ein nennenswertes Budget für Werbung. Also verteilen sie Aufkleber, zeigen Präsenz bei Veranstaltungen und Festivals, verteilen Bierdeckel und posten Lustiges im Internet. Sie ziehen von Tresen zu Tresen, um bei abendlichen Besuchen mit Proben zu überzeugen.
50 Kneipen in Köln und Bonn bieten „Kettenfett“ an
Die Freude über Nachbestellungen wurde dadurch getrübt, dass man für einzelne Flaschen durch die Region fahren musste. Das hat sich mit zunehmender Verbreitung verbessert: In Köln und Bonn gibt es mittlerweile 40 Kneipen, die „Kettenfett“ ausschenken. Ein paar Geschäfte und Getränkehändler kommen dazu. In Berlin oder Bremen gibt es erste Stützpunkte außerhalb der Region.
Den Namen „Kettenfett“ haben sich die drei Erfinder schützen lassen, was manchem Wirt, der unter gleichem Namen – auch in Köln – seit langem Ähnliches verkauft, nicht schmecken wird. Sorgen sollen sich die Wirte aber nicht machen, sagt Schauerte. „Wir sind nicht auf Stress aus.“ Weitere Nachahmer sollen aber möglichst verhindert werden.