Guido Cantz wird 50„Mein Gott, der Blonde, macht der das immer noch?“

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Guido Canzt Pripro des Porzer

Guido Cantz bei der Prinzenproklamation des Porzer Dreigestirns

Köln – Herr Cantz, Sie habe ihre Biografie geschrieben. Das Buch heißt „Bauchgefühl und Gottvertrauen – von 1971 bis 20.15 Uhr“ (256 Seiten, Bonifatius-Verlag, 22 Euro). Welche wichtigen Entscheidungen haben sie aus dem Bauch heraus getroffen?

Ganz viele, ich bin ein Bauchmensch, das ist ein guter Ratgeber. Wenn ich nervös bin, was nicht oft passiert, macht sich das auch immer am Bauch fest. Also bei entscheidenden Sachen…

...sie würden ihre Frau wieder heiraten…

Keine Frage. Ich beschreibe im Buch, wie ich ihr den Heiratsantrag gemacht habe. Ich habe mich da selbst überrumpelt. Vor einem gemeinsamen Urlaub mit meiner Noch-Freundin war ich bei einer Juwelierin in Troisdorf und habe etwas verlegen nach Verlobungsringen gefragt und wie man einen Antrag macht. Du willst also einen Heiratsantrag machen, hat die Juwelierin wissend geantwortet. Und so war‘s wohl – mein Bauch hatte längst entschieden. Beim Humor ist das genauso. Der Bauch sagt mir, was beim Publikum ankommt.

Bleiben wir beim Buchtitel: Was wäre ohne Gottvertrauen schiefgelaufen?

Ich glaube, dass der liebe Gott auf mich aufpasst. Neben Talent, Ehrgeiz und auch Fleiß gibt es immer Momente im Leben, wo man sagt: Da habe ich ein bisschen Glück gehabt. Ich glaube schon, dass das in irgendeiner Form gelenkt ist. Vor 25 Jahren, also genau zur bisherigen Hälfte, lag ich auf einmal mit einer mutmaßlichen Blinddarmentzündung, die zwar operiert wurde, aber gar keine war, vier Tage auf der Intensivstation. Da kam dann der Pfarrer sonntags mit der heiligen Kommunion und ich habe gemerkt, dass einem das so einen Halt gibt. Auch weil man mit dem Mann gut reden konnte. Nach drei Wochen Krankenhaus wusste ich jedenfalls genau, was ich wollte: Du setzt jetzt zu 100 Prozent auf die Karte Bühne und machst genau das, was du willst. Ich habe das als eine Art Schubs verstanden, mich auf meine Karriere zu konzentrieren. Und das hat ganz gut funktioniert. Vor Auftritten gehe ich gerne einige Minuten in eine Kirche, ein guter Ort, um Ruhe zu finden. Ich bin jemand, der immer unter Strom ist, da hilft das Besinnen.

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Ein zentraler Satz im Buch?

Ich bin etwas über 50, seit 30 Jahren im Scheinwerferlicht und habe 20 Jahre einfach so drauflosgelebt – macht zusammen hundert: Was will ich eigentlich wirklich vom Leben?

Sie sind VfB Stuttgart-Fan. Was ist sonst von ihren schwäbischen Vorfahren geblieben?

Sparsamkeit. Die hat mir gut über die Corona-Zeit geholfen und Gelassenheit gegeben. Schwäbisches Rest-Gen.

Bundesweit gelten Sie als Kölner, aber wie viel Porz steckt in Ihnen?

Ganz viel. Ich habe einen neuen Reisepass. Da steht als Geburtsort „Porz, jetzt Köln“ drin. Das ist meine Heimat, ich wohne da immer noch. Nix gegen Köln, aber ich bin Porzer.

Sie sehen immer noch aus wie ein verschmitzter Lausbub. Jetzt wird der Bub 50. Wie fühlt sich das an?

(lacht) Das fühlt sich gar nicht so schlimm an. Es hat allerdings dazu geführt, darüber nachzudenken, was noch so kommt und was ich will. Auch wenn ich mich noch dagegen wehre: es ist Zeit, erwachsener zu werden. (lacht) Nein, ich habe schon große Lust an dem, was ich mache. Im Karneval wie im Fernsehen.

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Guido Cantz am Flügel

Wer ist ihr Vorbild als Komiker?

Ganz klar Otto. „Der ostfriesische Götterbote“ war meine erste LP. Ich war hin und weg von Otto Waalkes. Dass man das beruflich machen kann, Land und Leute zu unterhalten, fand ich mit zehn schon riesig. Der war so schnell und lustig und musikalisch – unglaublich. Mein schönstes Erlebnis mit ihm war, als er bei „Verstehen Sie Spaß?“ zu Gast war. Er machte die Nummer „Mama, ich mag mein Brechmittel nicht mehr“ und hatte einen Hänger. Dann hat mein Idol mich gefragt, wie der Text seiner Nummer weitergeht, weil ich die alle auswendig kann – das war so schön.

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Ihr Beruf ist es, sich über andere lustig zu machen. Können Sie Selbstironie?

Klar, muss man ja. Natürlich werde ich jetzt auch Witze über mich als 50-Jährigen machen. Man kann nicht nur austeilen, man muss auch einstecken können. Alles andere funktioniert nicht.

Nach zwölf Jahren endet ihr Job als Moderator bei „Verstehen Sie Spaß“. Sie haben dieser TV-Show ihren Stempel aufgedrückt. Geht man da gerne?

Ich gehe freiwillig und gerne. Ich kann mir vorstellen, dass es bei der letzten Sendung am 18. Dezember emotional wird. Das Team ist mir sehr ans Herz gewachsen. Als ich 2009 den Schlips von Frank Elstner übernommen habe, hätte ich mir nicht träumen lassen, das so lange zu machen. Anfangs war bei den Kritikern ja weniger die Frage „Wie macht der Cantz das?“ als vielmehr „Wie lange macht der das noch?“. Es macht immer noch Riesenspaß, aber mir ist es lieber, die Leute sagen „Schade, dass der aufhört“ als „Mein Gott, der Blonde, macht der das immer noch?“. Mein Bauch sagt, das ist der richtige Zeitpunkt jetzt.

Blond bleibt es ja. Was sagen sie zu ihrer Nachfolgerin Barbara Schöneberger?

Die ist klasse, die hat Humor, und wir mögen uns. Tip top.

Gibt es neue Pläne fürs Fernsehen?

Es gibt Gespräche, ich sondiere, aber es gibt noch nichts Konkretes.

Trotz der TV-Präsenz sind sie dem Karneval immer treu geblieben. Warum?

Weil mir Karneval Spaß macht und meine Wurzel ist. Mein Wohnzimmer. Ohne den Karneval, ohne Leute wie Peter Raddatz, den Stammtisch Kölner Karnevalisten (SKK) oder die ersten Literaten, die mich haben machen lassen, hätte ich ja nie die Chance gehabt, überhaupt ins Fernsehen zu kommen. Geschweige denn, samstags um 20.15 Uhr eine Sendung zu moderieren. Ich bin sehr treu, auch meinem Publikum gegenüber. Ich mag Leute nicht, die ihre Wurzeln vergessen. Ich bin einfach jeck und höre mittlerweile mittwochs vor Weiberfastnacht mit den Auftritten auf, um selbst feiern zu können. Weiberfastnacht ist der schönste Tag im Jahr. Der menschenleere Alter Markt dieses Jahr war schon sehr traurig. Das würde ich ungern noch mal erleben.

Vor 30 Jahren im Karneval haben sie mit zerbrochenem Tennisschläger um den Hals und rotblonden Haaren angefangen.

Das war eine andere Zeit. Ich habe Leute wie Boris Becker oder Rudi Carrell nachgemacht, und mich auf Vorschlag von Peter Raddatz, der mich in Porz bei einem Auftritt bei der Bundeswehr gesehen hatte, beim SKK vorstellen dürfen. Dann ging das Ratz-Fatz, zwei, drei Auftritte im Sartory, und die Leute standen Schlange an der Garderobe. Plötzlich war ich im Karneval.

Sie waren der „Mann für alle Fälle“…

Früher hatte man einen Beinamen im Karneval. Stelter war der „Werbefachmann“, Raddatz der „Mann mit dem Hötche“. Ich habe das an den Peter angelehnt. Heute bin ich einfach Guido Cantz, obwohl mich manche immer noch so ansagen.

Wie ist ihre Erwartung für die kommende Session?

Ich bin gespannt, was passiert. Ich würde sehr gerne mein Bühnenjubiläum feiern, mit vielen Menschen, da hätte ich schon Lust drauf. Auch für alle anderen würde ich mich freuen, wenn wir wieder Karneval feiern könnten. Aber planbar ist das nicht. Ich bin für 2G und habe wenig Verständnis für Leute, die sich nicht impfen lassen.

2G und Hütte voll?

Ich bin kein Mediziner, aber dreiviertel voll wäre auch schon schön. Für viele Kulturbetriebe ist das eine existentielle Frage. Ich will mir gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn eine zweite Session ausfallen würde. Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben.

Ist es schwer, die Leute zum Lachen zu bringen?

Es ist schwerer geworden, weil Internet und die sozialen Medien etwas kontraproduktiv sind für uns Redner. Eine gute Nummer wird zügig gefilmt und geteilt. Nach zwei Wochen ist die überall gelaufen. Früher bist du mit einem guten Gag durch die Session gekommen. Die Halbwertzeit für Witze ist kurz geworden.

Wie feiern Sie ihren Geburtstag?

Ich hätte gerne groß gefeiert, aber das war im Vorfeld alles zu unsicher. Deshalb nur im engsten Familienkreis. Es gibt Wiener Schnitzel vom Kalb. Mit lauwarmem Kartoffelsalat. Superlecker! 

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