„Hoher Handlungsdruck“Diese Kreuzungen in Köln sind fahrradfreundlicher geworden

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Die neue breite Radspur auf de Ringen (links), die alte rote (rechts) wird zurückgebaut. 

Köln – Der Wandel von der autogerechten zur fahrradfreundlichen Stadt ist ein schwieriges Unterfangen. Aber er ist alternativlos, sagt Ascan Egerer, Dezernent für Mobilität: „Ein ganz wichtiger Teil einer echten Mobilitätswende ist eine konsequente Förderung des Radverkehrs und eine Neuaufteilung des öffentlichen Raums für alle Beteiligten.“ Bei einer Radtour durch die Innenstadt erläutern Verantwortliche der Stadt an ausgewählten Kreuzungen beispielhaft, wie diese Wende in ihren Augen gelingen kann – und welche Hürden es dabei zu überwinden gilt. Schon jetzt steht fest: Einiges ist umgesetzt, vieles geplant, eine Menge steht noch aus.

Magnusstraße

Hier ist die klassische Entwicklung innerstädtischer Radwege nachvollziehbar. Erst gab es gar keinen Radweg, dann wurde ein schmaler Radweg gebaut, der den Autoverkehr möglichst nicht behindern sollte. Inzwischen ist eine Autospur zugunsten einer breiten Fahrradspur weggefallen. Magnusstraße und Venloer Straße bilden „eine wichtige Radverkehrsachse nach Ehrenfeld“, erläutert Klaus Harzendorf, Leiter des Amts für Straßen und Verkehrsentwicklung. Auf der Magnusstraße sind die Radwege bereits komfortabel. Westlich des Friesenplatzes und vor allem in Ehrenfeld jedoch ist Radeln auf der Venloer Straße noch ein Abenteuer. Auch der Lückenschluss zum Dom fehlt noch.

Christophstraße

Eine weitere wichtige Ost-West-Achse. Und hier ist zumindest in der Innenstadt bis zum Hauptbahnhof das Radverkehrskonzept vorbildlich vollzogen. Aus Auto- wurden breite Radspuren, an einigen schlecht einsehbaren Kreuzungen hat die Stadt Parkplätze in Stellflächen für Räder und vereinzelt auch E-Scooter umgewandelt. Wie inzwischen an fahrradgerechten Kreuzungen üblich, liegen an Ampeln die Haltelinien für Räder vor denen der Autos, damit die Autofahrer die Radfahrer immer im Blick haben. Auch die Ampelanlagen selbst wurden modernisiert und zum Teil ausgetauscht. Unter anderem mussten die Schaltungen der Ampelphasen angepasst werden, erklärt Susanne Rosenstein, die Ampelexpertin schlechthin der Stadtverwaltung.

Friesenplatz

Hier kommen neben dem Rad- und Autoverkehr noch Linienbusse hinzu, die hier halten. Sie müssen den breiten, rot markierten neuen Radweg kreuzen. An Einmündungen wurden, falls vorhanden, Rechtsabbiegespuren für Autos abgepollert und damit eine Gefahrenquelle beseitigt.

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Breite Radwege und Radabbiegespuren am Friesenplatz  

Umliegende Straßen wie die Limburger Straße wurden für Radler in beide Richtungen geöffnet. „Wir müssen immer auch die Querverbindungen zwischen den großen Verkehrsachsen bedenken“, sagt Jürgen Möllers, Kölns Fahrradbeauftragter. Wie auch an anderen Stellen in der Stadt mussten Verkehrsinseln vergrößert werden, da sie für die steigende Zahl an Radlern zu klein waren.

Rudolfplatz/Ringe

Den Anstieg des Radverkehrs lässt sich auf den Ringen gut in Zahlen fassen, wie Möllers ausführt. 1985 befuhren 300 bis 500 Radler pro Tag die Ringe, heute sind es bis zu 6000, künftig rechnet er mit rund 10.000. Der Radweg auf dem Bürgersteig wurde bereits an vielen Stellen auf die Straße verlegt, auch wenn noch einige Lücken klaffen, etwa am Barbarossaplatz und im Norden.

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Oft haben Autos nur noch eine Spur, es gilt Tempo 30. „In den vergangenen drei Jahren hat der Autoverkehr auf den Ringen um 30 Prozent abgenommen und die Unfälle um 50 Prozent. Wir haben hier also einen extrem hohen Sicherheitsgewinn“, sagt Möllers. Die roten Pflastersteine der Radwege auf dem Bürgersteig werden ausgetauscht, die Fläche kann für Außengastronomie oder als  Abstellfläche für Räder genutzt werden.

Aachener Straße

Der Radweg im Stadtzentrum ist auch hier auf die Straße gewandert; vor kurzem erst wurden die Arbeiten abgeschlossen. Hier gab es die besondere Situation, dass die Außengastronomie wegen des engen Fußwegs oft in Konflikt mit dem Radverkehr geriet. Vor einigen Jahren wurde der Bau des vergleichsweise breiten Radwegs auf dem Bürgersteig noch als Errungenschaft der Fahrradfreundlichkeit gefeiert, erinnert sich Möllers. „Jedoch hat damals niemand mit dem Boom der Außengastronomie gerechnet.“ Immer wieder rückten Gäste mit Stühlen auf den Radweg, auch Kellner nutzten ihn.

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Auf der Moltkestraße wurden Parkplätze zur Abstellflächen für Räder.

Heute sind Parkplätze zu Ladezonen geworden, die nachts Anwohner nutzen können. Auch Stellflächen für Räder und E-Scooter sind entstanden.

Und die übrige Stadt?

Lindenthal bekam als erstes ein Radverkehrskonzept, dann die Innenstadt, zuletzt wurde eines für Ehrenfeld erstellt. „Das Radverkehrskonzept Innenstadt ist eine Blaupause für andere Stadtbezirke“, erklärt Harzendorf. Im Stadtzentrum gewonnene Erkenntnisse flössen nun in weitere Planungen ein.

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Jürgen Möllers (v.l.), Susanne Rosenstein, Ascan Egerer und Klaus Harzendorf

„Wir wollen noch in diesem Jahr Radverkehrskonzepte für alle Bereiche der Stadt verabschieden und dann stufenweise umsetzen“, sagt Dezernent Egerer. Ein ambitioniertes Vorhaben, bei dem indes auch die Politik mitspielen muss, die bei den Vorhaben und deren einzelnen Punkten ein gehöriges Wort mitsprechen möchte. Unterdessen setzt die Verwaltung auch ohne spezielles Radkonzept Maßnahmen um. „Wenn hoher Handlungsdruck besteht“, etwa bei gefährlichen Straßenabschnitten, „werden wir natürlich tätig“, sagt Möllers.

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