In Ehrenfeld geschriebenLaura Cwiertnia erinnert mit Roman an Gastarbeiterinnen

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Laura Cwiertnia

Die Autorin und Journalistin Laura Cwiertnia hat lange in Ehrenfeld gelebt und hier auch für ihren Debütroman recherchiert.

Köln-Ehrenfeld – Laura Cwiertnia setzt sich auf eine Bank am Lenauplatz, nippt an ihrem doppelten Espresso und schaut sich um: „So ein Veedel wie Ehrenfeld findet man so schnell nicht wieder”, sagt die Journalistin, die hier während ihres Studiums acht Jahre lang gelebt hat. Inzwischen ist Köln Cwiertnias Zweitwohnsitz, sie arbeitet in Hamburg als Stellvertretende Ressortleiterin bei der Wochenzeitung Die Zeit. Köln hat sie aber nie ganz losgelassen, sie ist häufig in der Domstadt zu Besuch und hat während der Pandemie anderthalb Jahre wieder durchgehend in ihrer Ehrenfelder Wohnung gelebt. Und gearbeitet.

Cwiertnia hat nun nämlich ihren ersten Roman veröffentlicht, den sie zum Großteil im Veedel geschrieben hat, in einem Gemeinschaftsbüro nahe der Venloer Straße, deren kulinarische Vielfalt ihr die Schaffenspausen versüßte.

Suche nach der eigenen Identität

„Auf der Straße heißen wir anders” lautet der Titel ihres Debüts, in dem Cwiertnia unter anderem von der Geschichte der Gastarbeit in Deutschland erzählt:  „Es erschien mir passend, das Buch in Ehrenfeld zu schreiben. Immerhin ist das Veedel selbst stark durch sogenannte Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter geprägt worden”, so die Autorin.

Zur Person

Laura Cwiertnia, Jahrgang 1987, zog im Alter von 21 Jahren nach Köln. hier studierte sie Politikwissenschaften und Regionalstudien Lateinamerika. Nach acht Jahren in Ehrenfeld ging es für die gebürtige Bremerin dann wieder zurück in Deutschlands Norden, um in Hamburg eine Stelle bei der Zeit anzutreten. Für diese ist Cwiertnia seit 2021 als stellvertretende Leiterin des Ressorts „Green” zuständig, das sich dem Themenkomplex der Nachhaltig widmet. Mit „Auf der Straße heißen wir anders” hat sie im Februar diesen Jahres ihr literarisches Debüt veröffentlicht.

Gleichzeitig geht es im Buch darum, was es heißt, auf der Suche nach der eigenen Identität zu sein, wie es ist, zwischen den Stühlen zu sitzen und was verdrängte Erinnerungen für Familien bedeuten können: „Es geht um sehr ernste Dinge, aber das Buch ist nicht nur deprimierend”, so Cwiertnia, „mir ist wichtig, dass die Leser auch mal schmunzeln können.”

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Der Roman handelt von der jungen Frau Karla und ihrer armenischen Familie, mit der sie in Bremen-Nord lebt - dem Geburtsort von Laura Cwiertnia. Auf zwei Erzählebenen folgt der Leser Karlas Familie durch vier Generationen, von der Gegenwart bis zum Völkermord an den Armeniern zu Beginn des 20. Jahrhunderts: „Dadurch geht der Roman auch der Frage nach, wie sich persönliche und kollektive Traumata auf Familiengeschichten auswirken und wie sie Menschen zu dem machen, was sie sind.”

In ihrem Buch legt die Autorin den Fokus dabei auch auf die Gastarbeiterinnen, die - so sagt sie - in der allgemeinen Erinnerung oft vergessen werden: „Es gab in Deutschland über 700.000 Gastarbeiterinnen, an deren Geschichte ich erinnern wollte.”

Für den Roman in Köln-Ehrenfeld recherchiert

In ihrem Roman arbeitet Cwiertnia diese Geschichte exemplarisch anhand der Großmutter ihrer Protagonistin Karla auf, die in den 60er-Jahren als Gastarbeiterin aus der Türkei nach Deutschland kam. Um das Schicksal der eingewanderten Frauen detailliert erzählen zu können, recherchierte Cwiertnia lang und intensiv, ebenfalls in Ehrenfeld. Im Gebäude des hiesigen Bürgeramtes nämlich befindet sich auch das „Domid”, das Dokumentationszentrum und Museum für Migration in Deutschland: „Die Recherche zum Roman war wirklich spannend, das Archiv des Domid ist sehr umfangreich und man kann eine Menge über die Geschichte der Migration in Deutschland lernen.”

Während ihr Roman von der Suche nach Heimat, Identität und den eigenen Wurzeln handelt, sieht Laura Cwiertnia zumindest ihre literarische Heimat klar definiert: „Ich sehe mich noch immer als Kölner Autorin”, sagt sie lachend, „ich hoffe nur, das nimmt mir in Hamburg niemand übel.”

Auf der Straße heißen wir anders, Laura Cwiertnia, Verlag Klett-Cotta, 240 Seiten, 22 Euro.

Am ​​Samstag, 11. Juni, liest Laura Cwiertnia im King Georg, Sudermanstraße 2, aus ihrem Roman vor. Die Lesung beginnt um 21 Uhr, Einlass ist ab 20 Uhr. Ein Stream der Lesung wird gleichzeitig ins Internet übertragen, die Karten kosten 9,27 Euro. Weitere Informationen finden sich im Netz.

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