Mitten im FastenmonatVier Muslime erklären, wieso Ramadan in Köln kaum sichtbar ist

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Seit zwei Wochen ist Ramadan, aber sichtbar ist das kaum: Festbeleuchtung wie auf der Venloer Straße ist ein Novum in Köln.

Seit zwei Wochen ist Ramadan, aber sichtbar ist das kaum: Festbeleuchtung wie auf der Venloer Straße ist ein Novum in Köln.

45 Moscheen und 120.000 Muslime gibt es in Köln: Trotzdem bekommt die Mehrheit kaum etwas vom wichtigsten Monat ihres Kalenders mit. 

Mehr als jeder Zehnte in Köln ist muslimisch. 120.000 Menschen feiern seit zwei Wochen ihren wichtigsten Monat im Jahr: Ramadan. Trotzdem bekommt man als Nicht-Muslim in der Stadt nur wenig davon mit. Vier fastende Kölner erzählen, woran das liegt und berichten von Orten, an denen Ramadan doch seine Spuren hinterlässt.

„Wir sollten raus aus der Anonymität und rein ins Veedel gehen“, sagt Ahmet Edis. Er arbeitet beim Paritätischen Wohlfahrtsverband, ist stellvertretender Vorsitzender des Integrationsrats. Der Muslim ist gut vernetzt und sagt: „Ich will, dass uns mehr Kölnerinnen und Kölner sehen und ins Gespräch kommen.“ So wie durch die Festbeleuchtung des privaten Vereins „The Ramadan Project“, deren Initiatorinnen zum Start des Fastenmonats die Venloer Straße schmückten. „Das ist klasse für die Wahrnehmung“, sagt Edis. Diese Sichtbarkeit ist neu und die Ausnahme in Köln. Viele Kölner Muslime wollten sich nicht mehr verstecken, sagt Edis.

Es gibt hunderte Karnevalslieder über die Kölner Vielfalt, es wäre schön, wenn man sie im Alltag umsetzt
Ahmet Edis, Kölner Muslim und Fachreferent Jugend- und Kulturarbeit bei der Paritätischen

In Köln feiern die meisten das Fastenbrechen nach Sonnenuntergang zu Hause, erzählt er, laden höchstens die Familie und Freunde ein. Dabei kann ein öffentlicheres Iftar, wie Muslime es nennen, laut Edis den Zusammenhalt unter den Zugewanderten in Köln stärken. So wie die lange Tafel auf der Keupstraße, die es die vergangenen Jahre gab. Das sei in Deutschland bislang ungewöhnlich. Die Adventszeit dagegen ist sehr sichtbar in den Straßen.

Ahmet Edis arbeitet beim Paritätischen Wohlfahrtsverband und ist stellvertretender Vorsitzender des Integrationsrates in Köln.

Ahmet Edis arbeitet beim Paritätischen Wohlfahrtsverband und ist stellvertretender Vorsitzender des Integrationsrates in Köln.

„Viele Muslime auch in Köln fühlen sich gelähmt und haben Angst, zur Zielscheibe zu werden“, sagt Edis. „Den gesellschaftlichen Diskurs gegenüber dem Islam und die hohe Zustimmung für die AfD kriegen die muslimischen Menschen ja mit.“ Es gebe hunderte Karnevalslieder über die Kölner Vielfalt, es wäre schön, wenn man sie im Alltag umsetze.

Längere Öffnungszeiten und Iftar-Menü: Restaurants in Köln sind abends Anlaufstellen für fastende Muslime

Wie zum Beispiel im Casablanca in der Taunusstraße: Hier treffen sich die Nachbarn aus Kalk, Muslime, Christen und manchmal schauen sogar Kölner aus dem Linksrheinischen vorbei. Kader Zaghi führt das Café und öffnet im Ramadan zusätzlich sonntagnachmittags. Dann kauft die Nachbarschaft frisch für Iftar später am Abend ein. „Ramadan wird von Jahr zu Jahr unsichtbarer in Köln“, sagt Zaghi. Seit Corona stelle er fest, dass noch mehr Leute bloß zu Hause Fasten brechen.

Kader Zaghi führt das Café Casablanca in Kalk.

Kader Zaghi führt das Café Casablanca in Kalk.

Nicht weit vom Casablanca auf der Kalker Hauptstraße öffnete Baris Akcay vor wenigen Monaten eine Filiale von Damla, einer Kölner Franchiseunternehmung mit mehreren Läden in der Stadt. Im Schaufenster stehen pompöse Torten und süße Baklava. Im Damla gibt es aber auch Frühstück, Mittag- und Abendessen – und ein Iftar-Menü. Dafür hat das Damla länger auf. „Es wäre cool, wenn auch in Kalk geschmückt wird“, spricht auch Akcay die Beleuchtung auf der Venloer Straße an, „hier leben doch so viele Muslime“. Und fügt noch hinzu: „Dann würde man sich wohler fühlen.“

Sein Restaurant ist einer der Orte in Köln, an denen es aktuell zum Sonnenuntergang voll wird. Zumindest hinter der Tür. Außer Hinweise auf längere Öffnungszeiten und vereinzelte Banner mit dem Festtagsgruß „Ramadan Mubarak“ ist auch auf der Frankfurter Straße oder der Deutz-Kalker-Hauptstraße in Mülheim nicht viel vom Ramadan zusehen.

Moscheen in Köln sind zum Großteil von außen unscheinbar

Zurück in der Taunusstraße ein paar Hundert Meter die Straße runter findet man eine der 45 Moscheen Kölns. Die Taqiyyu d-din al-Hilali Moschee wirkt von der Straße aus unscheinbar, doch jeden Abend nach dem Iftar treffen sich hinter ihren Türen um die 150 Gläubige zum Gebet.

Mohamed Khanaji hat die Taqiyyu d-din al-Hilali Moschee in der Taunustraße mitgegründet.

Mohamed Khanaji hat die Taqiyyu d-din al-Hilali Moschee in der Taunustraße mitgegründet.

Hier in Kalk ist für Mohamed Khanaji, Vorstandsmitglied der Moschee, Ramadan sehr wohl sichtbar. Seine Gemeinde wachse, durch mehr und mehr Menschen aus Syrien und dem Irak, die in das Viertel ziehen. „Wir pflegen eine gute Nachbarschaft“, sagt er. Trotzdem halten sich die Musliminnen und Muslime auch in der Taunusstraße zurück: „Wir versuchen, das Abendgebet leise zu veranstalten.“ Khanaji sagt, es wohnen doch Familien nebenan.

2011, als er mit einem Verein die Moschee aufbaute, suchte Khanaji nach geeigneten Räumen. Das sei nicht einfach gewesen: „Wir basieren wie die meisten Vereine auf Spenden. Wir können uns keine Räume auf den Hauptstraßen leisten.“ Außer der Ditib-Zentralmoschee sind alle in Köln in Gebäuden, die Vereine in Teilen zu Gebetsräumen umwandelten. Hinterhofmoscheen werden sie im übertragenen Sinn genannt, weil sie von der nicht-muslimischen Mehrheit kaum wahrgenommen werden. Eine Bezeichnung, die viel aussagt.

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