„Wäre Katastrophe“Unterstützer setzen sich am Dom gegen Auslieferung von Assange ein

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Den zweiten Tag in Folge erinnert unter anderem Amnesty International an das Schicksal des Wikileaks-Gründers, das sich aktuell in London entscheidet.

Viel Hoffnung hat Thespina Lazaridu nicht mehr. Schon seit Jahren setzt sich die Aktivistin mit ihrer Organisation „Free Assange Köln“ für die Freilassung des Wikileaks-Gründers ein. „Und bisher wurden all unsere Hoffnungen immer und immer wieder enttäuscht“, sagt sie.

Dennoch steht sie am Mittwoch gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Menschenrechtsorganisation Amnesty International und der Deutschen Friedensgesellschaft auf der Domplatte, um auch in Köln ein Zeichen der Unterstützung für den Wikileaks-Gründer zu setzen, während sich in London sein Schicksal entscheidet. „Das, was Julian Assange widerfährt, darf nicht vergessen werden. Eine Auslieferung an die USA wäre die Katastrophe schlechthin. Deswegen sind wir heute hier.“

Aktuell entscheidet ein britisches Gericht darüber, ob Assange doch noch das Recht erhält, gegen eine Auslieferung an die USA in Großbritannien Berufung einzulegen. Wann das Gericht eine Entscheidung fällt, ist unklar.

Auslieferung von Assange an die USA „fatales Zeichen für Pressefreiheit“

Assange ist in den USA in 17 Fällen der Spionage und in einem Fall des Computermissbrauchs angeklagt. Hintergrund ist die Veröffentlichung vertraulicher diplomatischer und militärischer Dokumente über die Enthüllungsplattform Wikileaks.

Lazaridu und andere Unterstützerinnen und Unterstützer Assanges sehen ihn als investigativen Journalisten, der das Fehlverhalten des US-Militärs im Irak und in Afghanistan aufgedeckt habe. Dies sei durch die in der US-Verfassung garantierte Meinungs- und Pressefreiheit geschützt, die Strafverfolgung politisch motiviert.

Auf einem Plakat steht „Kriegsverbrechen publizieren ist kein Kriegsverbrechen“.

„Kriegsverbrechen publizieren ist kein Kriegsverbrechen“ haben die Unterstützer auf ein Plakat geschrieben.

Vor dem Dom haben Lazaridu und ihre Mitstreitenden eine Gefängniszelle erreichtet, darin einen lebensgroßen Pappaufsteller von Assange platziert, auf dessen T-Shirt auf Englisch das Wort „Wahrheit“ prangt. Eine Gruppe Musikerinnen und Musiker singt auf Assange umgedichtete Versionen von Liedern wie „Die Gedanken sind frei“.

Schon am Dienstag, als die Anhörung in London begann, standen sie den ganzen Tag auf der Domplatte. „Es geht darum, die Menschen auch hier aufzuklären“, sagt Lazaridu. Sie verteilt Flyer und Postkarten, die an das Außenministerium adressiert sind. „Annalena Baerbock muss tätig werden und international Druck ausüben, damit endlich etwas passiert“, fordert sie.

Auch Ursula Kleiner-Gantz von Amnesty International sagt: „Im Fall von Julian Assange entscheidet sich auch, was wir als Westen unter Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verstehen.“ Den Umgang Deutschlands mit dem Wikileaks-Gründer bezeichnet sie als heuchlerisch: „Wir reden oft und viel über Pressefreiheit und sind stolz auf unsere Demokratie. Aber wenn die USA an Assange ein Exempel statuieren will, dann kommt von unseren Politikern nichts.“ Die Auslieferung von Assang an die USA wäre ein „fatales Zeichen für die Pressefreiheit im Westen.“

Auch sie schaut mit Bangen nach London, auch sie hat wenig Hoffnung, dass Assange bald wieder frei sein könnte. Und doch: „Wenn man sieht, wie viele Menschen hier an unseren Stand kommen, sich informieren und sich bedanken, dann macht das Mut.“

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