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Population nachhaltig reduzierenNeues Taubenhaus auf den Köln Arcaden in Betrieb genommen

Lesezeit 3 Minuten
Svenja Stollenwerk zeigt ein Küken, das jüngst geschlüpft ist.

Svenja Stollenwerk zeigt ein Küken, das jüngst geschlüpft ist.

In einem umgebauten Übersee-Container auf dem Parkdeck der Köln Arcaden in Kalk wollen Tierschützer die Tauben-Population kontrollieren.

Den besten Ruf genießen diese Tiere nicht: Stadttauben gelten aus vielerlei Gründen als lästig. Schlechte Ernährung wie Brot und Fast-Food-Reste machen die Tiere krank. Es entsteht durchfallartiger Hungerkot, der viel schwerer zu entfernen ist als der eigentlich feste Taubenkot. Das Problem ist menschengemacht: 50 Prozent aller Brieftauben verlieren bei Wettflügen die Orientierung und stranden in Städten. Immer wieder trifft man auch auf sogenannte Hochzeitstauben. Die Verantwortlichen der Köln Arcaden haben sich zum Handeln entschlossen: „Immer wieder haben sich Kunden über aggressiven Taubenkot auf ihren Autos im Parkhaus beschwert. Und im Eingang bettelten ständig zahlreiche Tiere um Futter“, erklärt Center-Manager Egzon Hashani.

Um das zu ändern, hat sich der private Verein „Veedelstauben“ gegründet und nun einen ersten Erfolg gefeiert: Das Taubenhaus auf dem Parkdeck der Köln Arcaden an der Vietorstraße hat seinen Betrieb aufgenommen. Dr. Sarah Wirthele ist Vereinsvorstand und erklärt, worum es geht: „Rund um das Gelände der Köln Arcaden haben sich in den letzten Jahren rund 200 Stadttauben angesiedelt. Vor dem Einkaufszentrum und im benachbarten Bürgerpark suchen sie nach Futter und nutzen das Parkhaus als Aufenthaltsort.“

Sieben Mal zwei Eier pro Jahr

Zwar habe es zahlreiche Versuche gegeben, die Tiere zu vergrämen. Das sei jedoch letztlich nicht gelungen. Die Vögel hätten in den sechs Meter hohen Mauereinbuchtungen immer wieder Stellen gefunden, an denen sie gebrütet hätten. Ein Tausch der natürlichen Eier gegen künstliche hätte nur mit einer Hebebühne und erheblichem Aufwand erfolgen können. Es habe also Handlungsbedarf bestanden auf Seiten der Tierschützer und -schützerinnen wie auch bei den Verantwortlichen der Arcaden.

Das neue Taubenhaus auf dem Parkdeck der Köln Arcaden an der Vietorstraße.

Das neue Taubenhaus auf dem Parkdeck der Köln Arcaden an der Vietorstraße.

Stadttauben leben in der Regel monogam. Sie legen pro Jahr bis zu sieben Mal jeweils zwei Eier, die sie bebrüten. Das heißt, eine Stadttaube kann jährlich bis zu 14 Nachkommen haben. Unter günstigen Lebensbedingungen haben Tauben eine Lebenserwartung von bis zu 20 Jahren. In Städten sinkt die aufgrund der schlechten Umstände auf zwei bis drei Jahre.

Die Idee, die Stadttauben-Population nachhaltig und tierschutzgerecht zu reduzieren, stammt von Rudolf Reichert, der in den 90er Jahren das „Augsburger Stadttaubenkonzept“ entwickelte. In den Taubenhäusern bekommen die Tiere ausreichend gesunde Nahrung und Plätze zum Nisten. „Dadurch wird erreicht, dass sich die Tauben in dem Schlag aufhalten und nicht in Parks und Fußgängerzonen auf Futtersuche gehen müssen“, sagt Dr. Sarah Wirthele, von Haus aus Sozialwissenschaftlerin und „daher mit komplexen Problemlagen vertraut“.

Bezirksbürgermeisterin Claudia Greven-Thürmer und Dr. Sarah Wirthele von den „Veedelstauben“ im Taubenhaus auf dem Parkdeck der Köln Arcaden an der Vietorstraße.

Bezirksbürgermeisterin Claudia Greven-Thürmer und Dr. Sarah Wirthele von den „Veedelstauben“ im Taubenhaus auf dem Parkdeck der Köln Arcaden an der Vietorstraße.

„Es darf natürlich nicht zu viel Futter im Schlag sein, sonst kommen die Tauben vom benachbarten Bauhaus auch noch zu uns“, merkte Egzon Hashani an. Das Center hat die Finanzierung des Futters übernommen. Wichtig ist, dass die Tauben das Gefühl haben, dass der Schlag ein sicherer Ort ist, um Eier auszubrüten. Deshalb dürfen immer wieder Küken entstehen, deren Laute Vertrauen bei anderen Taubenmüttern wecken. Dann ist der Eiertausch angesagt: Den Tieren werden künstliche Eier sozusagen untergeschoben.

Bezirksbürgermeisterin Claudia Greven-Thürmer war begeistert: „Ein großartiges Projekt“, sagte sie bei der Besichtigung des Inneren des ehemaligen Übersee-Containers. Dort stehen zahlreiche Regalfächer zum Nisten bereit. Und die Wissenschaft ist auch mit von der Partie. Geografie-Studenten der Uni kartieren gerade Kalk aus Taubensicht, um Orte zu entdecken, an denen ein Taubenhaus Sinn macht. Die „Veedelstauben“ suchen noch weitere Mitstreiter und Mitstreiterinnen.