32-Jährige ortet ihr gestohlenes HandyIn dieser Straße in Köln-Kalk wohnt ein Dieb – aber die Polizei kann nichts tun

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Eine Straße in Köln-Kalk mit Häusern zu beiden Seiten und geparkten Autos am Straßenrand

In dieser Straße in Köln-Kalk steht ein Haus, in dem die 32-jährige Jana ihr gestohlenes Handy geortet hat.

In der Nacht zum 21. Januar haben Handydiebe in zwei Clubs und einem Hotel in Köln mehrere Smartphones gestohlen.

Es ist ziemlich genau 2.45 Uhr in der Nacht zum vorvergangenen Sonntag, als die Stimmung bei Jana Zimmermann (Name geändert) jäh umschlägt von ausgelassen in erschrocken. Der Reißverschluss an ihrer Handtasche, die die 32-Jährige um die Schulter trägt, ist geöffnet, ihr Smartphone fehlt. Fast zeitgleich bemerkt ihre Freundin, die mit Zimmermann Karneval in einem Hotel in der Innenstadt feiert, dass auch ihr Handy gestohlen wurde.

Vom Personal an der Rezeption erfährt Jana Zimmermann, dass es sogar noch weitere Opfer gibt. Offenbar haben Diebe reiche Beute in dem Festsaal gemacht, am Ende der Nacht ist die Rede von mindestens zwölf gestohlenen Handys, Portemonnaies und angeblich auch einer Uhr im Wert von mehreren hunderttausend Euro. Und obwohl Jana Zimmermann nur kurz darauf den Standort ihres gestohlenen Smartphones bis auf einige Meter genau eingrenzen kann, ist die Kölner Kripo offenbar bis heute machtlos. Die Beute und die Diebe bleiben verschwunden. Und Jana Zimmermann hadert mit der Polizei.

Köln: Polizei braucht Durchsuchungsbeschluss

Direkt nachdem sie den Diebstahl bemerkt hat, fährt die 32-Jährige im Taxi nach Hause. Dort versucht sie mit einem Ersatzhandy, ihre gestohlenes iPhone zu orten – mit Erfolg: Ihr wird eine konkrete Adresse angezeigt, ein Mehrfamilienhaus in Kalk. Zimmermann ruft auf der Polizeiwache in Rodenkirchen an, es ist jetzt 5.15 Uhr, und schildert, was ihr widerfahren ist, nennt auch die geortete Anschrift. „Ich wollte, dass die Polizei sofort jemanden hinschickt.“ Doch der Beamte am Telefon habe abgelehnt, dafür bräuchte es einen Durchsuchungsbeschluss. Als die 32-Jährige erwidert, dann fahre sie eben selber hin, habe der Polizist ihr dringend davon abgeraten.

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Nach ein paar Stunden Schlaf, gegen 12 Uhr, ruft Zimmermann erneut bei der Polizei an, teilt mit, dass sie nun mit ihrer Freundin nach Kalk fahren werde. Diesmal kommt eine Polizeistreife dazu. Mit den Beamten betreten Zimmermann und ihre Freundin das Haus. Vom Flur gehen 14 Wohnungen ab. Eine rechtliche Handhabe, sie alle zu betreten oder gar zu durchsuchen, hat die Polizei nach eigener Angabe nicht.

Köln: 32-Jährige will Handydieb selber überführen

Über die Funktion „Ton abspielen“ auf dem Zweithandy will die 32-Jährige einen lauten Ton auf ihrem gestohlenen iPhone auslösen, um herauszufinden, hinter welcher Wohnungstür genau sich das Smartphone befindet. Aber es bleibt stumm. Der Täter hat das Gerät offenbar abgeschaltet, das letzte Ortungssignal hat Zimmermann um 5.03 Uhr empfangen.

Von einem Hausbewohner erfährt sie, dass mitten in der Nacht schon eine junge Frau ratlos vor dem Haus gestanden und berichtet hätte, sie habe soeben ihr gestohlenes Smartphone darin geortet.

Ein Zettel mit einem Zeugenaufruf hängt in einem Hausflur

Diesen Zettel hat die 32-Jährige in dem Haus aufgehängt, um nach Zeugen zu suchen.

Die 32-Jährige fragt sich: Warum hat die Polizei bis heute keinen richterlichen Durchsuchungsbeschluss erwirkt? Auf Nachfrage erläutert eine Polizeisprecherin, dafür sei ein „klar eingrenzbares Durchsuchungsobjekt“ erforderlich. Eine Zuordnung des gestohlenen Handys zu einer konkreten Wohnung in dem Mehrfamilienhaus sei aber nicht möglich. Nur bei besonders gravierenden Straftaten, etwa Mord oder Totschlag, gelten erweiterte rechtliche Grundlagen; in solch einem Fall dürfte die Polizei womöglich alle Wohnungen überprüfen – nicht aber bei einem Handydiebstahl.

Das Mehrfamilienhaus liegt nicht weit vom Polizeipräsidium entfernt. 14 Namen stehen auf den Klingelschildern neben der Haustür. Im Eingangsbereich quellen am Montagvormittag dieser Woche die Müllbehälter über, im Vorgarten liegen Bierflaschen und Müll. Auf Klingeln öffnet niemand. Ein Anwohner sagt nur, er könne zur Frage nach den gestohlenen Handys nichts beitragen: „Ich kenne in dem Haus keinen, der sowas macht.“

Was genau die Polizei bisher in dem Fall unternommen hat, will die Behördensprecherin „wegen der laufenden Ermittlungen“ nicht verraten. Nur so viel: Man habe unter anderem Videomaterial aus dem Hotel gesichert sowie aus zwei Kölner Clubs in Ringnähe, in denen in derselben Nacht vom 20. auf den 21. Januar ebenfalls mehrere Smartphones gestohlen wurden. Die Polizei vermutet, dass es sich um dieselben Täter handeln könnte wie aus dem Hotel. Ermittelt wird in einem Sammelverfahren gegen unbekannt wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei.

Bislang haben vier Gäste der Karnevalsparty im Hotel Strafanzeige erstattet sowie je zwei aus den beiden Clubs. Die Kripo Köln (Telefon 0221/229-0) bittet weitere Opfer, sich zu melden.

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit täglich sinkt, ihr gestohlenes Handy doch noch zurückzubekommen – Jana Zimmermann hat es noch nicht ganz abgeschrieben. Irgendwann, so glaubt sie, wird es wieder angeschaltet. „Ich bin gespannt, wo ich es dann orten werde.“

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