Kalker Verein VisionMenschenkette zum Gedenken an die Kölner Drogentoten

Die Kalker Menschenkette wurde in den sozialen Medien veröffentlicht.
Copyright: Hans-Willi Hermans
Köln-Kalk. – Eigentlich ist der großzügige Garten des Vision e.V. an der Neuerburgstraße 25 idyllisch gelegen und wie gemacht für eine Open-Air-Party. Würste und Nudelsalat für die Besucher gab’s auch an diesem Tag, doch „geschmückt“ waren Pavillons, Rasen und Gebäude mit schwarzen Luftballons und schwarzen Kreuzen: Der Drogenselbsthilfe-Verein hatte zum alljährlichen Aktions- und Trauertag für die Opfer illegaler Drogen eingeladen.
Zahl der Kölner Drogentoten angestiegen
Der fand zum 25. Mal statt, doch die Zahlen auf den Transparenten ließen keine Feierfreude aufkommen: 34000 Menschen sind in dieser Zeit deutschlandweit an Drogen gestorben, allein in Köln waren es 1190 Männer und Frauen. Auch der Blick auf die jüngste Vergangenheit beruhigt keineswegs: Waren in der Domstadt 2020 noch 52 Drogentote zu beklagen, so stieg die Zahl 2021 auf 74 an.

Blumen und Kreuz zum Gedenken.
Copyright: Hans-Willi Hermans
„Woran das liegt, kann niemand sagen“, so Claudia Schieren, Geschäftsführerin von Vision. „Möglicherweise hängt es mit Corona zusammen.“ Sie ist deshalb begeistert, dass vielleicht noch Ende dieses Jahres – so war in einer Mitteilung des Gesundheitsamts an die Kalker Bezirksvertretung zu lesen – ein Drogenkonsumraum gleich um die Ecke an der Dillenburger Straße 27 eröffnet werden soll. Es wäre der zweite in Köln, der erste wurde bereits am Neumarkt seiner Bestimmung übergeben.
Ein Raum, in dem Drogen unter Aufsicht und ohne drohende polizeiliche Verfolgung eingenommen werden können, so Schieren, wäre eine höchst willkommene Ergänzung zur Arbeit des Vereins. Denn solche Hilfestellungen dürfen die Mitarbeiter von Vision nicht anbieten, dafür ist medizinisches Fachpersonal nötig. Gerade bei der Einnahme von Drogen aber entstünden außerhalb solcher geschützten Zonen häufig lebensgefährliche Situationen, erklärte Schieren, denn die Betroffenen müssten Drogen derzeit versteckt und unter Stress in U-Bahnhaltestellen, im Auto, oder auf Spielplätzen zu sich nehmen. Dann werde die Menge oft falsch eingeschätzt, nicht selten seien die Spritzen verunreinigt.
Betreuung und Versorgung für Suchtkranke
Der Verein Vision wurde im Jahre 1990 unter dem Namen „Junkie-Bund“ gegründet, mittlerweile hat er 13 hauptamtliche Mitarbeiter. In den Kontaktläden der Einrichtungen werden Betroffene über Möglichkeiten zur ärztlichen Versorgung, zur Entgiftung oder über Substitutionsprogramme informiert. Frühstück und Mittagessen, Dusche und Kleidertausch gehören ebenfalls zum Angebot, ganz von selbst ergeben sich dabei soziale Kontakte. Von der Neuerburgstraße aus werden außerdem betreutes Wohnen für Suchterkrankte, eine psychosoziale Begleitung während der Substitution, die Aufklärungsarbeit an Schulen, die Teilnahme an Integrationsmaßnahmen sowie aufsuchende Arbeit – das Streetworking – organisiert.Das Einzugsgebiet der Einrichtung besteht im Wesentlichen aus Kalk, Vingst, Ostheim und Teilen von Mülheim. Allein im Kalker Kontaktladen, melden sich täglich bis zu 40 Ratsuchende. Geöffnet sind die Räume in der Neuerburgstraße 25 montags bis donnerstags von 9 bis 15.30 Uhr, freitags von 9 bis 13 Uhr. Telefonisch ist der Vision e.V. unter 0221/8200730 zu erreichen, oder über die Homepage. (hwh)http://www.vision-ev.de
Ein Drogenkonsumraum wäre ideal, um diese Gefahren zu vermeiden. „Wenn die Stadt nach einem Träger sucht und die Bedingungen stimmen, wird sich unser Verein gerne bewerben.“ Der Vision e.V. setzt sich seit seiner Gründung für eine staatlich überwachte Abgabe von Drogen wie Morphium und Kokain ein, um gesundheitlichen Risiken der Suchtkranken zu minimieren, dem illegalen Handel das Wasser abzugraben und auch die Beschaffungskriminalität unnötig zu machen.
Verhandlungen mit Vermieter gestalten sich schwierig
Bezirksbürgermeisterin Claudia Greven-Thürmer bedauerte in ihrem Grußwort, dass es der Verwaltung trotz Ratsbeschluss und Mitteln im städtischen Haushalt in den vergangenen fünf Jahren nicht gelungen sei, so einen Raum in Kalk einzurichten. Allerdings gestalteten sich die Verhandlungen mit dem künftigen Vermieter in der Dillenburger Straße, der Bayrischen Versorgungskammer, schwierig. Da geht es, wie am Rande des Gedenktags zu hören war, auch um spezielle Kündigungsregelungen bei begründeten Beschwerden aus der Nachbarschaft.
Immerhin sei die Eröffnung nun absehbar, damit „wäre ein wichtiger Schritt getan, die Lebenssituation Drogen gebrauchender Menschen zu verbessern“, so Greven-Thürmer. Die gehörten schließlich zum Kalker Stadtbild. „Aber sie haben keine Lobby. Hier sind wir als Bezirkspolitiker gefordert - als ihre Lobby und als Fürsprecherinnen für bestmögliche Unterstützung. Wir werden nicht wegsehen“, versprach die Bezirksbürgermeisterin.
Öffentlich Info-Veranstaltung vor der Einrichtung des Drogenkonsumraums
Laut Verwaltung hatte das Gesundheitsamt zusammen mit der Sozialraumkoordination Kalk im Februar zu einer digitalen Veranstaltung zum Drogenkonsumraum eingeladen. Rund 25 Vertreter von Schulen und Kitas, aber auch der Pflanzstelle, der Suchtberatung, des Bürgervereins und des Integrationshauses sowie Politiker, Verwaltungsmitarbeiter und die Polizei nahmen daran teil. „Im Ergebnis wurde eine hohe Akzeptanz des Hilfeangebots deutlich“, heißt es in der Mitteilung. Das Gesundheitsamt stehe nun im regelmäßigen Austausch mit der Kalker Sozialraumkoordination und der Leitung des Bezirksamts, „eine öffentliche Infoveranstaltung kurz vor der Eröffnung des Drogenkonsumraums Kalk“ sei geplant, versichert die Verwaltung.
Fotos werden zusammen gefügt
Beim Gedenktag wurde dennoch eine Menschenkette organisiert, um für ein generelles Umdenken bei der Kriminalisierung von Drogen einzutreten. Die Kette wurde auch fotografiert: „Die Bilder von ähnlichen Aktionen bundesweit werden nun alle aneinandergefügt, das Ergebnis ist irgendwann in den sozialen Medien zu sehen“, erklärte David Teper, zweiter Geschäftsführer des Vereins.