Keine NotwehrKalker Todesschütze ins Gefängnis?

Gionatan F. muss sich vor Gericht wegen Totschlags verantworten. Er hatte im Dezember elfmal auf sein Opfer geschossen.
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Köln – Der Todesschütze von Kalk hat nach den Vorstellungen der Anklage nicht aus Notwehr gehandelt und soll ins Gefängnis. Staatsanwalt Elmar Köstner fordert für den 28-jährigen Bistrobesitzer Gionatan F. viereinhalb Jahre Haft wegen Totschlags, wenn auch in einem minderschweren Fall. F. habe sich von dem späteren Opfer Nevzat D. aufs Übelste bedroht gefühlt, habe die Beweisaufnahme des mehr als zwei Monate dauernden Prozesses ergeben. Das Opfer war in der einschlägigen Szene als Schwerverbrecher, Schutzgeld-Erpresser und Schläger bekannt und hatte dafür bereits eingesessen.
Im September 2012 hatte Nevzat D. das Bisto des Angeklagten aufgesucht und ihm unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass es für sein Leben besser sei, wenn er seinen Befehlen Folge leisten würde. Gionatan F., der schon in frühester Jugend den Gegner als Schläger kennengelernt hatte, zog daraufhin eine Pistole und schoss: er drückte auch noch weiter ab, als Nevzat D. von zwei Kugeln schwer verletzt am Boden lag. Das Opfer starb – von insgesamt sieben Kugeln getroffen – wenig später im Krankenhaus. F. stellte sich in Begleitung seines Anwaltes der Polizei und sprach von Notwehr.
Die Chancen auf einen Freispruch wegen Notwehr hatte ein psychiatrischer Sachverständiger gestärkt. Der Gutachter sprach von einem „affektiven Ausnahmezustand“, in dem sich F. zur Tatzeit befunden habe: „Der Angeklagte war außer sich vor Angst, die für ihn angesichts der Bedrohungs-Situation überwältigend gewesen sein muss“. Deshalb sei eine verminderte Schuldfähigkeit sowie eingeschränkte strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht auszuschließen.
Staatsanwalt Köstner verneinte dies. Der Angeklagte habe für eine Bewusstseinsstörung „zu gezielt und geplant gehandelt“ und mit den Vielfach-Schüssen „den Tod von Nevzat D. billigend in Kauf genommen“. Zwar könne nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Gebrauch einer Schusswaffe „als letztes Mittel in einer Notwehrsituation akzeptiert werden“, dies sei aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Angeklagte hätte die Wahl gehabt, den Gegner mit vorgehaltener Waffe zu bedrohen oder ihm gezielt in die Beine zu schießen. Stattdessen habe Gionatan F. ausschließlich tödliche Schüsse auf den Oberkörper abgegeben.
Köstner sprach von einem „Totschlag in einem minderschweren Fall“, denn das Opfer habe in der Tat in der Szene mit übelsten Bedrohungen und Gewaltattacken nur Angst und Schrecken verbreitet. Strafschärfend hingegen wertete der Ankläger das Vorstrafenregister des Angeklagten: F. stand noch unter laufender Bewährung wegen eines Körperverletzungsdeliktes, als er die Tat beging. Das Gericht will am 3. August das Urteil verkünden. Die Verteidigung hatte erwartungsgemäß auf Freispruch plädiert.
