Gedenken an ZwangsarbeiterBronzefigur am Mahnmal im Gremberger Wäldchen gestohlen

Nur noch die Platte mit der Inschrift ist erhalten geblieben.
Copyright: Norbert Ramme
- Am Mahnmal im Gremberger Wäldchen, das an die Morde an sowjetischen Zwangsarbeitern erinnert,, ist die Bronzefigur des Kölner Künstlers Klaus Balke mit Gewalt entfernt worden.
- Stecken rechtsradikale Täter oder schlicht rücksichtslose Diebe dahinter?
Humboldt-Gremberg – Historiker Fritz Bilz und die Mitarbeiter des NS-Dokumentationszentrums sind entsetzt. Am Mahnmal im Gremberger Wäldchen, das an die dort verübten Morde an sowjetischen Zwangsarbeitern durch die Wehrmacht im Frühjahr 1945 erinnern soll, ist die Bronzefigur des Kölner Künstlers Klaus Balke sichtlich mit brachialer Gewalt vom Betonsockel entfernt und gestohlen worden.
Die Plastik zeigt einen Mann mit Kopfbedeckung, Stiefeln und langem Mantel, der eine Frau von hinten unter die Arme packt. Sie hat beide Arme ausgestreckt und den Kopf leidend in den Nacken geworfen. „Ich kann über mögliche Motive und Täter nur Vermutungen anstellen“, sagt Bilz. „Entweder waren es Rechtsradikale, die die Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit auslöschen wollen, oder schlicht rücksichtslose Diebe, die die Skulptur und die zugehörige Bronzeplatte einschmelzen und zu Geld machen wollen.“
Am Ort des Mahnmals befand sich in der Zeit von 1942 bis 1945 ein Barackenlager, in dem insbesondere Männer und Frauen aus der Sowjetunion sowie aus Polen und Frankreich eingeliefert wurden. Sie wurden aus ihrer Heimat zur Zwangsarbeit in die Industriebetriebe der Kölner Region verschleppt. Wegen mangelnder Hygiene und unzureichender Ernährung waren sie oft erkrankt. Darüber hatte Bilz in den vergangenen Jahren schon häufiger bei Führungen berichtet.
Mehr als 800 Zwangsarbeiter haben das Lager durchlaufen
„Die Kranken bekamen im Lager keine Behandlung und noch schlechtere Nahrung als im Lager des jeweiligen Werks“, hatte ihm ein Zeitzeuge erzählt. Die dauernde Belegungsstärke umfasste mindestens 150 Personen. Insgesamt haben, so Bilz, mehr als 800 Menschen dieses Lager, das der Deutschen Arbeitsfront unterstand, durchlaufen. „Nicht alle Insassen sind gestorben. Es gab wenige, die wieder in andere Lager zum Arbeitseinsatz versetzt wurden oder denen die Flucht gelang.“

Nur noch die Platte mit der Inschrift ist erhalten geblieben.
Copyright: Norbert Ramme
Nachdem das linksrheinische Köln bereits am 6. März 1945 durch die amerikanischen Truppen befreit worden war, bildete der Rhein noch rund sechs Wochen lang die Grenze zu Nazi-Deutschland. Einen Tag, nachdem der Kölner NSDAP-Kreisleiter Alfons Schaller am 7. April den Befehl gegeben hatte, das Zwangsarbeiterlager zu räumen, fuhren dort zwei Lastwagen mit Männern vom Volkssturm aus Poll und Deutz vor. Diese erschossen die Insassen, die nicht fliehen konnten und stecken die Baracken in Brand. Von der britischen Besatzungsbehörde, so weiß Bilz, wurde später der Tathergang und die drei Haupttäter ermittelt. „Doch die Kölner Staatsanwaltschaft ist diesen Fällen nicht nachgegangen.“
Gedenkstein in kyrillischer Schrift
Erst 1998 – 53 Jahre nach der Tat – wurden die Ermittlungsakten vom Kölner Historiker Gebhard Aders bei Recherchen im englischen Staatsarchiv in London wiederentdeckt und öffentlich gemacht. Ehe das deutsche Mahnmal 1985 auf Initiative der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) errichtet und durch den Künstler Balke gestaltet wurde, gab es bereits einen Gedenkstein in kyrillischer Schrift. Auf dem heißt es, dass 74 sowjetische Bürger in ihrer Gefangenschaft ermordet wurden. Bilz: „Es ist anzunehmen, dass hier nur die begraben sind, die im März und April 1945 umgekommen sind. Denn vorher wurden die Toten in Massengräbern auf dem Westfriedhof beerdigt.“
Ob das stark beschädigte Mahnmal repariert und die Skulptur ersetzt werden kann, ist derzeit noch unklar.