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Bürgerinitiative in BrückFlüchtlingshelfer beklagen Bürokratie und Kriminalität

Lesezeit 3 Minuten

Ehrenamtliches Engagement an der Basis: Helfer sortieren Kleidung für Flüchtlinge.

  1. Die Helfer haben ein Zehn-Punkte-Papier mit den wichtigsten Problemen aufgestellt.
  2. Neben organisatorischen Mängeln und bürokratischen Hürden sprechen die Autoren auch von Integrationsverweigerung und Kriminalität unter den Flüchtlingen.

Köln – Von einer „schonungslosen Bilanz“ ist die Rede, von erheblichen Missständen – und einem gewandelten Blick auf das Thema „Flüchtlinge“. Seit einem Jahr kümmern sich hundert Bürger aus Brück, Neubrück und benachbarten Vororten in der Initiative „Willkommen in Brück“ um 200, bald 300 Flüchtlinge in drei Unterkünften, um Informationen an die Bürger und um die Stimmung im Stadtteil.

Zehn-Punkte-Papier

Heute sagen sie: „Wir wollen und werden uns weiter engagieren – aber ohne eine Veränderung der Rahmenbedingungen schaffen wir das nicht.“ Ein Zehn-Punkte-Papier listet die Probleme auf, versehen mit Beispielen und Lösungsvorschlägen. Neben organisatorischen Mängeln und bürokratischen Hürden sprechen die Autoren auch deutlich von Integrationsverweigerung und Kriminalität unter den Flüchtlingen.

„Natürlich wissen wir, unter welchem Druck die Kölner Behörden arbeiten“, sagt Wolfgang Schmitz vom Organisationsteam der Initiative. „Umso wichtiger ist es, bürokratische Hemmnisse und Reibungsflächen zu benennen, damit möglichst wenig Energie verloren geht.“ Deshalb richtet die Initiative ihre Bilanz als Weck- und Alarmruf auch an Verwaltung und Politik. Die folgenden Stichworte nehmen wesentliche Kritikpunkte des Dokuments auf, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt.

Informationsaustausch

Die Initiative berichtet, von der Ausländerbehörde abgeschobene Flüchtlinge seien weder vom Sozial- noch vom Wohnungsamt ausgelistet worden. Ausführlich beschreibt das Papier ein System der Leistungserschleichung, das auf unzureichender Registrierung der Flüchtlinge sowie mangelnder Kontrolle und fehlenden Sanktionen beruht.

Profiteure seien sowohl Flüchtlinge selbst als auch Vermieter von Unterkünften. Es komme zu Leerständen, aber auch zu Mehrfachanmeldungen. Zur Abhilfe werden ein zentrales Registrierungssystem sowie eine streng sanktionierte Residenzpflicht vorgeschlagen.

Wolfgang Schmitz von der Initiative „Willkommen in Brück“

Betreuung

Für etwa 100 Männer in einer Flüchtlingsunterkunft steht nur für zwei Stunden wöchentlich ein Sozialarbeiter bereit. Ehrenamtler seien mit der psycho-sozialen Betreuung überfordert. Verlangt wird die schnelle, deutliche Ausweitung professioneller Hilfe.

Bildung

Es fehle an berufsqualifizierenden Angeboten. Die besonders prekäre Situation weiblicher Flüchtlinge sei nicht im Blick. Geschönte oder falsche Angaben vieler Flüchtlinge ergäben ein unrealistisches Bild ihres Bildungsstands.

Ein erheblicher Teil sei „gar nicht in der Lage, über kurz oder lang auf dem deutschen Arbeitsmarkt integriert zu werden“. Mit der konsequenten Teilnahme an den Kursen hapere es aufgrund von Mentalitätsunterschieden, Lehrmethoden, bisweilen fehle aber auch die Motivation.

Arbeiten

Die schnelle Prüfung und Bewilligung einer Arbeitserlaubnis erweise sich als Theorie. In der Praxis überwögen „unsinnige“ Widerstände. „Solange die Zustimmung der Ausländerbehörde erforderlich ist und dort eine Bearbeitung nur sehr schleppend stattfindet, bekommt in Köln kaum ein Asylbewerber Arbeit. Und die Schwarzarbeit blüht.“ Das Papier schlägt verkürzte Verfahren zumindest für Minijobs vor.

Wohnen

Das Papier moniert praxisfremde Vorschriften zu Mindestgrößen von Wohnungen für Flüchtlinge. Das verlängere letztlich den Aufenthalt in noch weitaus beengteren Notunterkünften.

Familiennachzug

Die Autoren beklagen unkooperatives Verhalten im Kölner Ausländeramt und eine im Ländervergleich schleppende Praxis des Datenaustauschs zwischen NRW und den Botschaften. Das Papier erwähnt aber auch Schindluder mit Heiratsurkunden in den Herkunftsländern, der nach dortigen Maßstäben noch nicht einmal illegal sei.

Kriminalität

Erfahrungen etwa mit Diebstahl, Drogen- und Gewaltdelikten seien „ernüchternd“ und belasteten die Arbeit der Ehrenamtlichen – da helfe auch der Hinweis auf Kriminelle unter Deutschen nicht weiter. Die Bereitschaft, Verstöße auf allerlei Weise zu entschuldigen oder schönzureden, sei geschwunden, zumal nach den Vorfällen der Silvesternacht, unter denen auch die Mehrheit der Flüchtlinge leide.

Auf Anzeigen habe es zwar Durchsuchungen und Festnahmen gegeben, aber bisher keine Konsequenzen. Das sei für Einheimische und Flüchtlinge schwer zu verstehen. Trotzdem würden Rechtsverstöße anstelle bisheriger hilfloser Reaktionen künftig nicht mehr geduldet, sondern angezeigt.