Die Kliniken der Stadt Köln investieren 750.000 Euro in ein neues Genlabor am Krankenhaus Merheim. Es soll in der Tumormedizin helfen.
Schnellere DiagnosenNeue Geräte im Krankenhaus Merheim helfen bei personalisierter Krebstherapie

Dr. Jessica Lüsebrink, Mitarbeiterin der Pathologie am Krankenhaus Merheim, bestückt einen Pepettierroboter mit mehreren Proben.
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Dr. Jessica Lüsebrink stellt mehrere Proben in einen Pepettierroboter. In den Proben befindet sich DNA oder RNA. Die nimmt der Roboter auf, damit die Proben später in einem Sequenzer weiter „verarbeitet“ werden können. Und das geht in der Pathologie am Krankenhaus Merheim jetzt viel schneller. Dafür sorgt die neue Technologie, die im sogenannten Sequenzer-Labor eingesetzt wird. Rund 750.000 Euro wurden in vier moderne Laborgeräte investiert. Mit diesen ist nun eine umfassende Gen-Analytik möglich.
„Gene, die einen Tumor mit verursachen, die haben irgendwo einen Rechtschreibfehler“, sagt Professor Oliver Schildgen. Der Bio- und Virologe leitet das Labor in der Pathologie am Krankenhaus Merheim. Dort werden solche Rechtschreibfehler gefunden. Aufgabe der Abteilung ist es, Proben zu untersuchen und anhand veränderter Strukturen Erkrankungen zu erkennen und diese mit Blick auf den zu erwartenden weiteren Krankheitsverlauf einzuordnen. „Mit molekularen Verfahren wie der Gen-Sequenzierung liefern wir entscheidende Informationen für die Therapieentscheidung“, sagt Schildgen. Gerade in der Onkologie sei die präzise Analyse von Genmutationen der Schlüssel zur personalisierten Behandlung.

Professor Oliver Schildgen, Leiter des neuen Sequenzier-Labors in der Pathologie am Krankenhaus Merheim.
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Gezielte Therapie mit weniger Nebenwirkungen
Sind die „Rechtschreibfehler“ gefunden, folgt die Therapie mit „Tipp-Ex“, erklärt Schildgen. Mit Tipp-Ex wird dann geschaut, dass nur Zellen erwischt werden, die den Rechtschreibfehler haben. Die Ergebnisse aus dem Sequenzer-Labor bilden die Grundlage für diese individuell zugeschnittenen Therapien. Bei denen komme dann kein Tipp-Ex, sondern Antikörper oder spezifische Hemmstoffe zum Einsatz.
„Die personalisierte Medizin geht heute dahin, dass wir spezifische Rezeptoren an einem Tumor ansteuern“, sagt Professor Goßmann, Geschäftsführer der Kliniken Köln. Das ist zum einen verträglicher für Patienten. Zum anderen wirken sie dadurch für Außenstehende oft auch nicht mehr als Tumorpatienten. Denn Nebenwirkungen, die sich auf Haare oder Nägel auswirken, sind nicht oder kaum mehr vorhanden. Früher seien Tumorpatientinnen und -patienten dahingehend therapiert worden, dass neben den Tumorzellen auch Zellen kaputtgegangen sind, die nicht kaputtgehen sollten, sagt Goßmann. Das sei heute größtenteils anders.
In dem neuen Labor in Merheim „schauen wir nicht bei einem Gen nach Rechtschreibfehlern, sondern wir gucken bei 517 Genen nach Fehlern“, sagt Schildgen. Und das nicht in mehreren Wochen, wie es früher der Fall war, sondern innerhalb von vier bis fünf Werktagen. Die Geschwindigkeit ist in vielerlei Hinsicht ein wichtiger Faktor. „Eine Tumordiagnose bei einem Patienten ist häufig mit Lebensängsten verbunden“, sagt Goßmann. Die Wartezeit, bis Gewissheit da ist, zehrt an den Menschen. Mit den neuen Geräten könne den Patienten schneller eine Diagnose, verbunden mit einer auf den Patienten zugeschnittenen Therapie-Option vermittelt werden.
Um die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Diagnostik zu gewährleisten, ist das neue Labor an einen autarken Stromkreis angeschlossen. So kann die Arbeit im Labor im Falle eines Stromausfalls unterbrechungsfrei weiterlaufen. Das ist wichtig, denn anders als in Filmen und Serien sind die Ergebnisse nicht innerhalb von ein paar Stunden da, sondern brauchen eben ihre Zeit, sagt Dr. Jessica Lüsebrink. Auch wenn es jetzt in Merheim schon bedeutend schneller geht, als vorher.
Die Laborleistung steht nicht nur Patientinnen und Patienten der Kliniken der Stadt Köln mit den Krankenhäusern Holweide, Merheim und dem Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße zur Verfügung, sondern kann auch anderen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder pathologischen Laboren angeboten werden.