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Kölner KarnevalKölner Traditionssitzung droht das Aus nach fast hundert Jahren

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06.02.2023, Köln: löstije Knollendorfer im Sartory Sitzungsleiter Hänneschen Jacky von Guretzky-Cornitz Rote Funken Hellige  Foto: Stefan Worring

Sitzungsleiter und Hänneschen Jacky von Guretzky-Cornitz im Sartory.

Seit fast hundert Jahren gibt es die Sitzung der Löstije Knollendorfer, der Gemeinschaft der Puppenspieler. Jetzt droht das Aus.

Selten hat man einen dermaßen umjubelten Aufzug eines Traditionskorps gesehen wie den der Roten Funken im Sartory bei der Sitzung der Löstije Knollendorfer, der Gemeinschaft der Puppenspieler. Die „älteste Boygroup im Fasteleer“ bot nicht nur ihren Spielmannszug und eine große Abordnung des Korps auf, sondern hatte auch die Hellige Knäächte & Mägde zum gemeinsamen Tanzen und Wibbeln dabei.

Da war auch der krankheitsbedingte Ausfall von Mariechen Judith Gerwing zu verkraften. Zumal man das Dreigestirn aus eigenen Reihen dabei hatte, am eigentlich freien Montag. Stehende Ovationen für den Hans-Hachenberg-Vortrag von Prinz Boris I. und das Bläck-Föss-Medley des Trifoliums.

Sichtlich gerührt auch Sitzungsleiter Jack Rolf Maximilian, genannt Jacky, von Guretzky-Cornitz, selbst Roter Funk und als Puppenspieler et Hännesche. „Das ist der erste Besuch eines Kölner Dreigestirns bei unserer Sitzung in fast hundert Jahren, und das trotz 457 anderer Auftritte“, sagte er mit leicht belegter Stimme.

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Denn was das Publikum im ausverkauften Saal nicht wusste: Der Kölner Traditionssitzung droht das Aus. Aktuell sieht es so aus, als würde es keine neue Auflage des Formats geben. Das liegt vor allem an der nicht vorhandenen Vereinsstruktur (es gibt noch nicht einmal eine Website) und führt dazu, dass Guretzky-Cornitz als Privatperson alle Verträge unterschreiben muss.

Kein Ding, solange alles normal läuft. Aber als im vergangenen Jahr wegen der Pandemie alles abgesagt werden musste, hatte et Hännesche ein Problem. Nur mit der Hilfe von Freunden und anderen Gesellschaften gelang die Rückabwicklung der ausgefallenen Sitzung und dank des Sonderfonds der Regierung eine Kostenübernahme.

„Aber in dieses Risiko will ich nicht noch einmal gehen“, sagt Jacky Guretzky-Cornitz, der als Literat seit 1988 das Programm zusammenstellt und mithilfe von Juliane Rodenbusch auch Ticketing und sonstige Organisation übernimmt. Nach dieser Session ist Schluss mit den Löstijen Knollendorfern, und auch beim Hänneschen-Theater will er im kommenden Jahr in Rente gehen.

Ein Nachfolger bei den Löstije Knollendorfern ist nicht in Sicht. Andere Puppenspieler und Puppenspielerinnen engagieren sich zwar, aber privat haften für eine Veranstaltung dieser Größe will keiner. So könnte die gefeierte Sitzung 2023 die letzte gewesen sein – trotz des besonderen Programms.

Auszeichnung für Jacky von Guretzky-Cornitz

Denn nicht nur das Dreigestirn, auch die anderen Karnevalsstars auf der Bühne wie Bernd Stelter, Jürgen Beckers, Jörg Runge oder JP Weber verzichteten auf ihren freien Montag. Musikalisch trugen Sänger Ludwig Sebus, die Kölner Ratsbläser („Do bes ming Stadt“) und die leider viel zu selten auftretende Knippschaft mit Bömmel Lückerath und Kafi Biermann zum Gelingen des Abends bei.

Und für et Hännesche gab es am Ende auch noch eine Überraschung: Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn zeichnete Jack Rolf Maximilian von Guretzky-Cornitz für seine ehrenamtlichen Verdienste um das Brauchtum mit dem Verdienstorden des Festkomitees in Gold aus.

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