Viel „Lalala“ und einige LichtblickeSo zeigt sich der Nachwuchs beim Stammtisch Kölner Karnevalisten

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Die Band auf der Bühne, vorne ist Publikum zu sehen.

Die Band Knallblech beim Auftritt im Sartory-Saal.

Eine junge Band und ein zotiger Redner stachen im Kölner Sartory besonders heraus. 

Zu Beginn erfolgte eine schlechte Nachricht: Ludwig Sebus konnte aufgrund von Krankheit nicht beim Vorstellabend vom Stammtisch Kölner Karnevalisten am Samstagabend im Sartory-Saal dabei sein. Erstmals können hier auch Mitglieder des Literarischen Komitees des Festkomitees auftreten, weil das Festkomitee keinen eigenen Vorstellabend mehr veranstalten wird.

Das war zum einen Josephine Ohly. Ihr neuer Sessionssong „Ich zeich üch et Jlöck“ über das schwere Thema Krieg wurde vom Publikum im gut besetzten Saal mit einem eher leisen Applaus bedacht, der Mitsingteil mit „Lalala“ konnte da auch nicht mehr Stimmung rausreißen. Besser wurde es, wenn Ohly ihre weiße Geige auspackt und kölsche Hits damit neu klingen lässt.

Kölner Karnevalisten: Ohne „Lalala“ scheint es nicht zu gehen

Viel „Lalala“ gab es auch beim zweiten Kandidaten des Literarischen Komitees, Timo Schwarzendahl. „Et Lala Leed“ besteht fast nur aus besagtem „Lala“. Lyrisch eintönig, aber Schwarzendahls Selbstbewusstsein und seine Bühnenpräsenz machten gute Laune. Mit seiner Interpretation von „Ich möch zo Foss noh Kölle jonn“ zeigte er, dass er auch runterdrehen kann. Viel Applaus aus dem Saal für den jungen Party-Karnevalisten – wenngleich sitzendes Publikum älteren Semesters nicht seine Zielgruppe sein dürfte.

Timo Schwarzendahl in weißem T-Shirt und Mikrofon auf der Bühne.

Timo Schwarzendahl holte sich viel Applaus vom Publikum.

Statt „Lalala“ gibt es bei den Altreuchern „Nanana“ – dazu ein „Coloniaaaa“ und „rut un wiess“. Das allein macht aber auch keinen guten Kölschrock, und so blieb die Truppe zwar solide, aber etwas blass, ähnlich wie Loss Jonn, die etwas brav und ruhig wirkten.

Die Domstadtbande war mit einem „Ladada“ in ihrem Song beinahe kreativ. Die Musiker lieferten einen professionell gestalteten Auftritt, mit dem sie sicherlich auch auf größeren Bühnen bestehen können. Noch einmal „Lalala“ und dazu „Hey, hey, hey“ gab es bei Pläsier, eine der wenigen kölschen Bands mit einer Frontfrau, auch die Keyboarderin (hochschwanger!) und die Gitarristin erhöhten die (von den Tanzgruppen einmal abgesehen) insgesamt geringe Frauenquote des Abends. Ein energiegeladener Auftritt, „Zosamme“ und „Schwaade“ sind zwei gute Songs mit eingängigen Refrains. Bleibt die Frage: Trauen kölsche Bands ihrem Publikum so wenig zu, dass kaum ein Song ohne Sinnlos-Silben auskommt?

Knallblech stehen mit Blasinstrumenten auf der Bühne und feuern das Publikum an.

Party und Blasmusik: Dass das zusammenpasst, zeigten Knallblech,

Dass es auch fast ohne Gesang geht, zeigte die Brass-Band Knallblech. Der Mix aus Blasinstrumenten und moderner Popmusik mit Party-Beats funktionierte extrem gut, die jungen Musikerinnen und Musiker sind zweifelsohne talentiert. Das Publikum hätte es vermutlich mehr honoriert, hätten Knallblech statt Lady Gaga und Stromae Kasalla und Höhner interpretiert – in anderem Setting haben sie das Potential, die Hütte abzureißen. Knallblech verdienen definitiv eine schillernde Zukunft.

Vorstellabend: Dä Nubbel bekommt Standing Ovations für seine Rede

Bei den Reden räumte Michael „Dä Nubbel“ Hehn ab: Für ihn gab es nach einem witzigen Vortrag eine der wenigen stehenden Ovationen ab. Dä Nubbel schoss gegen OB Reker, gegen die AfD, gegen die Grünen. Nicht alle Witze waren originell, doch manch einer so scharf, dass man sich fragte: „Hat er das gerade wirklich gesagt?“: Sein Gedicht über den „Vater Rhein“ sei zu einem Zweizeiler geworden, sagte er. Und zwar zu: „Mutter hebt das Bein, Vater R(h)ein.“ Etwas zu viel des Guten war es bei den „Zwei Hillijen“, Bernd und Wolfgang Löhr – Bernd Löhr spielte überdreht und clownesk, Pointen verpufften. Das Krätzje über Fleischgenuss erntet höflichen Applaus, ihr „Stehtisch-Fetisch“ war unterhaltsamer.

Zwei Männer stehen mit Gitarre, Hüten und bunten Klamotten auf der Bühne.

Etwas überdreht: Bernd (links) und Wolfgang Löhr.

Sowohl die „Huusmeister vum Bundesdaag“ (Frank Fander und Axel Foppen) als auch „Dä Schofför“ (Jens Singer) versuchten, politisches Kabarett auf die karnevalistische Bühne zu bringen. Das gelang dem Schofför etwas besser als den Hausmeistern. Eine äußerst sympathische und selbstironische Nummer mit liebevollen Pointen brachte der „Jeck noh Note“, Harald Voß, mit seinen Krätzjer an der Akustikgitarre.

Die Tanzgruppen De Höppemötzjer, Rheinveilchen, Kölsch Hänneschen und Kammerkätzchen und Kammerdiener überzeugten allesamt das Publikum im Sartory. Letztere verdienten sich sogar Standing Ovations. Der Vorstellabend des Stammtischs zeigte: Die Session kann kommen.

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