Milde EntscheidungSpäter Geburtstag bewahrt Kölner Betrüger vor Haftstrafe

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Amtsgericht Symbolbild

Der Fall wurde vor dem Kölner Amtsgericht verhandelt.

Köln – Die kriminelle Energie war erheblich, als der gelernte Metallbauer unter falschem Namen bei einem Unternehmen für Messtechnik Waren im Gesamtwert von rund 44.000 Euro bestellte. Vor dem Kölner Amtsgericht kam dem Angeklagten am Mittwoch aber zugute, dass er einen Monat vor seinem 21. Geburtstag aufgeflogen war; die Richterin wandte das milde Jugendstrafrecht an.

Köln: Unter falschem Namen Waren für 44.000 Euro bestellt

Spezialkameras zur Kanalinspektion hatte der Angeklagte im Internet bestellt und neben einem Phantasienamen auch eine falsche Kontonummer angegeben. Als Lieferanschrift wurden tatsächlich existierende Adressen von Komplizen angegeben, die ihm Hausflur von Mehrfamilienhäusern die Waren mit falscher Unterschrift entgegen nehmen sollten. Im ersten Fall wurden zwei Kameras im Wert von rund 6800 Euro ausgeliefert. Die Täter verkauften diese für etwa die Hälfte an einen offenbar gutgläubigen Abnehmer weiter.

Als das Geld per Lastschrift eingezogen werden sollte, bemerkte die Firma aus dem Kreis Paderborn den Betrug, zumal sich danach die Bestellungen aus Köln häuften. In Absprache mit der Polizei wurden danach mehrfach zum Schein Pakete mit Dummys veschickt. Es kam im Juni 2018 zu Durchsuchungen beim Angeklagten, auf seinem Handy konnten die Ermittler die Bestellvorgänge nachvollziehen und Rechnungen sichern.

Jugendgerichtshilfe empfiehlt das härtere Erwachsenenstrafrecht 

Mit 16 Jahren war der heute 23-jährige Beschuldigte zu Hause ausgezogen. Er lebte mit seiner Freundin in einer Wohngemeinschaft, schloss erfolgreich die Hauptschule ab und danach seine Ausbildung. Ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe sagte, der Angeklagte habe auf ihn den Eindruck gemacht, sein Leben „sehr reif, selbstbestimmt und eigenverantwortlich“ zu führen und das schon seit einigen Jahren. Daher sollte in diesem Fall das Erwachsenenstrafrecht angewandt werden.

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„Es gab aber schon familiäre Brüche“, warf Richterin Gabriele Bos ein. Der Beschuldigte habe sich allein durchschlagen müssen, wenngleich er dies gut gemeistert habe. Zum Zeitpunkt der Taten habe er sich zudem noch in der Ausbildung befunden, daher könne man das Jugendstrafrecht noch anwenden. Dass die Tat als solche gar nicht jugendtypisch war, darauf ging die Richterin nicht ein. Verteidiger Sebastian Schölzel sagte, der Mandant habe seiner damaligen Freundin etwas bieten wollen und daher Geld gebraucht.

Richterin stellt das Verfahren gegen Geldauflage ein

Da Sozialstunden nun keinen Sinn mehr machten, da der Angeklagte inzwischen eine feste Arbeitsstelle habe, schlug Richterin Bos vor, das Verfahren ohne Urteil einzustellen; gegen eine Zahlung von 500 Euro an den Förderverein des Kölner Vereins Brücke, der Jugendliche unterstützt, die sich strafbar gemacht haben. Die Staatsanwältin wies auf ein aktuell laufendes neues Strafverfahren gegen den 23-Jährigen wegen Betruges hin, mit Bedenken stimmte sie der Einstellung aber letztlich zu.

Wäre das Verfahren, wie von der Jugendgerichtshilfe angeregt, unter Erwachsenenstrafrecht zu Ende geführt und etwa eine banden- oder gewerbsmäßige Tatbegehung festgestellt worden, dann hätte den Angeklagten eine Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten erwartet – sein Geburtstag im Juli und eine offenbar milde gestimmte Richterin haben ihn davor bewahrt. 

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