Auch in Köln erlaubtBootfahren auf dem Rhein ohne Führerschein möglich – Mehr Unfälle befürchtet

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Touristenschiffe auf dem Rhein.

Auf dem Rhein dürfen Hobbyfahrer jetzt Boote bis zu 15 PS ohne Führerschein steuern.

Bislang war es durch eine Sonderregelung verboten, seit April ist es erlaubt: Boote mit bis zu 15 PS darf nun jeder auf dem Rhein steuern.

Was bislang bereits in fast allen europäischen Gewässern möglich war, geht nun auch auf dem vielbefahrenen Rhein: Ohne Führerschein darf in Sportbooten mit einer Leistung bis 11,03kW (15 PS) und einer Länge von maximal 20 Metern über den Fluss geschippert werden. Bilsang war es aufgrund einer Sonderregelung verboten. Ohne entsprechenden Füherschein durften auf dem Rhein nur Boote bis fünf PS und bis 15 Metern Länge gefahren werden.

Die Zentralkommission für Rheinschifffahrt (ZKR) hat diese Sonderregelung zum 14. April aufgehoben und die Regeln somit denen für andere europäische Wasserstraßen angepasst. In Köln gibt es bereits einen Anbieter, der ein entsprechendes Boot vermietet.

Für die Freizeitfahrer und Neulinge gibt es damit keine Einschränkungen, sie dürfen mit kleinen und eher leistungsschwachen Booten auf dem Rhein nun fahren, wie und wo sie möchten – gesonderte Regeln gelten für sie nicht. Eine Spritztour unter den Kölner Rheinbrücken mit Blick auf den Dom geht jetzt also nicht nur für Yachtbesitzer und auf Touristenschiffen. Für alles, was über der Grenze von 15 PS oder 20 Metern Länge liegt, ist weiterhin der Sportbootführerschein oder ein Sportpatent nötig.

Bootfahren ohne Führerschein in Köln: Kritiker befürchten Gefahren

Die Lockerung stößt nicht überall auf Begeisterung, gehört der Rhein zwischen Basel und seiner Mündung in die Nordsee doch zu den am stärksten befahrenen Wasserstraßen weltweit. Markus Schwartz ist bei der Köln-Düsseldorfer Personenschifffahrt für den nautischen Bereich verantwortlich und sieht die Entwicklung skeptisch. Er könne der Änderung keinerlei Zuspruch geben, sagt er.

„Der Rhein ist eine Großschifffahrtsstraße, und die Zahl der Verkehrsteilnehmer wird in Zukunft stetig wachsen“, so Schwartz. „Ohne jegliche vorab getätigte Schulung im Umgang mit einem Motorboot wird es unweigerlich zu gefährlichen Situationen zwischen der Berufsschifffahrt und den führerscheinfreien Verkehrsteilnehmer kommen.“

Die ZKR hingegen teilt mit: „Negative Erfahrungen im Hinblick auf die Sicherheit durch die Anhebung der Grenzen für Länge und Motorisierung sind nicht bekannt.“ Hinweise, dass die Erhöhung der Führerscheinfreigrenze zu mehr Unfällen führe, gebe es demnach nicht.

Die Unfallschäden seien in Deutschland nach 2013, als die Führerscheinpflicht national gelockert wurde, sogar zurückgegangen, so das ZKR. „Größere Motoryachten verfügen vielfach über eine sehr moderne Antriebstechnik, was das Manövrieren erleichtert und einen erheblichen Sicherheitsgewinn bedeutet“, heißt es seitens des ZKR. Deshalb habe man sich bereits 2018 dafür entschieden, die Regelung auf den Rhein auszuweiten. Die Umsetzung verzögerte sich dann noch bis April dieses Jahres.

Führerscheinfrei auf dem Rhein fahren: „fahrlässig und leichtsinnig“

Bastian Majewski betreibt die „Sailcademy“ in Köln und bietet Skippertrainings an. Zwar sei es sicherer, auf dem Rhein mit mehr Leistung zu fahren, sagt er. Aber: „Eindeutig ist jemand Unerfahrenes im Wassersport insbesondere auf dem Rhein schnell überfordert.“

Selbst für erfahrene Wassersportler sei der Rhein eine Herausforderung: „In unseren vielen Skippertrainings sind wöchentlich Teilnehmer, die seit vielen Jahren einen Sportbootführerschein und diverse Erfahrungen im Wassersport haben. Sie geben uns dennoch das Feedback, dass sie den Rhein, die Strömung und die Berufsschifffahrt unterschätzt hätten.“ Völlig unbedarfte Fahrer zwischen Frachtschiffen – das hält Majewski für fahrlässig und leichtsinnig. „Auf dem Möhnesee ist das vielleicht eine nette Freizeitaktivität“, sagt er, auf dem Rhein würde er es aber niemandem empfehlen, den er möge.

Es gibt Leute, die haben ihren Führerschein 1990 gemacht – die können oft genauso wenig und fahren mit 90 oder mehr PS.
Nico Engels vom Bootscharter Roxyboot

Für Nico Engels, der den Bootscharter Roxyboot in Köln betreibt, sieht die Lage anders aus. Er hat bereits ein 15PS-Boot, das er nun an alle vermieten kann. Außer, dass der Fahrer über 18 Jahre alt sein muss und keinen Alkohol konsumieren darf, gibt es keine Voraussetzungen.

Das Tragen von Schwimmwesten ist freiwillig. „Passieren kann immer etwas“, meint er. „Es gibt Leute, die haben ihren Führerschein 1990 gemacht – die können oft genauso wenig und fahren mit 90 oder mehr PS“, so Engels.

Der Rhein sei übersichtlich, es gebe immer ausreichend Platz, um Fracht- und Touristenschiffen auszuweichen – was für die kleinen Sportboote Pflicht sei. Außerdem bekomme jeder, der das Boot mieten möchte, eine ausführliche Einweisung. „Wenn ich es den Leuten nicht zutraue, dann sage ich auch, dass es nicht geht.“ Dazu sei man dauerhaft erreichbar und das Boot GPS-überwacht. In den ersten Wochen habe es keine Zwischenfälle gegeben. 

Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) äußert sich vorsichtig zu der neuen Regel. Bewerten möchte der BDB die neu gewonnene Freiheit nicht, betont aber: „Die Berufsschifffahrt hat grundsätzlich Vorfahrt. Daher war es bereits auf Grundlage der alten Regelungen, und ist es auch weiterhin auf Grundlage der neuen Regelungen, wichtig, dass die Freizeitschifffahrt den nötigen Abstand zu Fahrzeugen der Berufsschifffahrt einhält“, so Fabian Spieß, Referent des BDB.

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