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VerbrennungKölner müssen bald weniger für den Betrieb des Niehler Müllofens zahlen

5 min

Läuft auf Hochtouren: die Müllverbrennungsanlage in Niehl

Köln – Die Kölner müssen 2019 weniger für den Betrieb des Niehler Müllofens zahlen. „Wir werden den Preis für die Gewichtstonne Restmüll, die bei uns verbrannt wird, um rund fünf Prozent senken“, sagte Andreas Freund, Geschäftsführer der Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (AVG). Derzeit liegt er bei 132,09 Euro.

Ob das auch dazu führen wird, dass die Kölner im kommenden Jahr mit einem Abschlag bei den Müllgebühren rechnen können, kann Freund nicht beurteilen. Der Betrieb der Müllverbrennungsanlage macht knapp ein Viertel der Kölner Müllgebühr aus.

Kölner konsumieren mehr

„Wir können nicht sagen, wie die anderen Leistungen zu Buche schlagen werden“, sagte Freund. „Die Personalkosten haben sich durch den Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst erhöht. Einen großen Gebührensprung wird es aber wohl nicht geben.“ Über die Müllgebühr für 2019 muss der Kölner Stadtrat im Herbst entscheiden.

Andreas Freund

Der Müllofen wird für die Kölner billiger, weil sämtliche Verbrennungsanlagen in Deutschland nach Angaben der AVG derzeit voll ausgelastet sind. „Die Anlagen laufen alle am absoluten Limit. Auch die Sortieranlagen sind bis zur Halskrause zu“, so Freund. Das hat mehrere Gründe: Die gute Konjunktur führt zu mehr privatem Konsum und damit auch zu mehr Haus- und Gewerbemüll. „Zudem ist Köln eine wachsende Stadt. Mehr Menschen bedeuten mehr Müll.“

„Großes schwarzes Loch“

In Niehl werden jährlich rund 700.000 Tonnen Abfall verbrannt. Der Anteil, der nicht aus Kölner Haushalten stammt und zugekauft wird, beträgt rund 30 Prozent. Noch liegen die Preise für die Tonne Restmüll, die als Fremdmengen zugekauft werden, deutlich unter den 132,09 Euro, die von der Stadt Köln und damit von den Bürgern an die AVG gezahlt werden. Fremdkunden müssen jedoch deutlich mehr zahlen als noch vor ein paar Jahren. Wie hoch der Preis pro Tonne ist, betrachtet die AVG als Geschäftsgeheimnis. „Bei der Konkurrenz auf dem freien Markt können wir uns nicht die Karten gucken lassen“, sagte Freund.

Der Bund der Steuerzahler in NRW hatte den Betreibern der Müllverbrennungsanlagen mangelnde Transparenz vorgeworfen. Die Kosten für die Müllgebühren seien ein „großes schwarzes Loch“, sagte dessen Chef Heiner Wirz. „Die Entgelte in den Müllverbrennungsanlagen werden wie ein Staatsgeheimnis gehütet.“ Die Anlagen seien zwar ausgelastet, „aber zu welchem Preis freie Kontingente auf dem Markt angeboten werden, ist völlig unklar.“ Die Bürger jener Städte und Kreise, die eine Anlage betreiben, müssten diese zusätzlichen subventionierten Mengen über die Gebühr mitbezahlen, „weil sie an die Verbrennungsanlage zwangsangeschlossen sind“.

Diese Kritik müsse er zurückweisen, so Freund. „Jede Tonne Müll, die wir auf dem freien Markt ankaufen und in unserer Anlage verbrennen, entlastet den Gebührenzahler.“

Gute Erlöse

Dass die Gebühren für den Müllofen 2019 im fünf Prozent sinken, liegt auch an höheren Erlösen, die von der AVG durch den Stromverkauf erzielt werden, der aus Abfallprodukt beim Betrieb der Anlage anfällt. „Wir hatten acht Jahre lang einen Preisverfall an der Leipziger Strombörse. Das ändert sich gerade. Ab 2019 werden wir für den Strom, den wir in das Netz der Rhein-Energie einspeisen, zehn bis 15 Prozent mehr erzielen.“ Ohne diese Einnahmen würde der Preis für die Tonne Restmüll, die in Niehl verbrannt, um 15 bis 20 Euro höher liegen, sagte Freund. Jetzt zahle sich aus, dass die Stadt Köln beim Bau der MVA in den 1990er Jahren nicht nur auf Verbrennung, sondern auch auf Wiederverwertung und Wertstoffketten gesetzt habe.

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Erdgas aus Bioabfall

Die AVG investiert rund 15 Millionen Euro in den Bau einer Vergärungsanlage für Bioabfälle auf ihrem Betriebsgelände an der Geestemünder Straße. Bisher wird der Biomüll ausschließlich für die Kompostierung genutzt. In der neuen Anlage werden die Biogase in einem aufwendigen technischen Verfahren in Erdgas umgewandelt, das auf der Emdener Straße direkt in die Leitungen der Rhein-Energie eingespeist werden kann. Die Anlage soll im Herbst 2019 in Betrieb gehen.

Zunächst sollen 20.000 Bioabfall so behandelt werden, die Hälfte der Menge, die in Köln jährlich anfällt. Sollte das System ausgelastet sein, könnte eine zweite Anlage gebaut werden. Die AVG denkt auch darüber nach, im Kölner Norden eine Erdgas-Tankstelle zu bauen. Ein Teil der Müllfahrzeuge der Abfallwirtschaftsbetriebe könnte auf Erdgas umgestellt werden. Die neue Vergärungsanlage soll Erdgas produzieren, das den Jahresbedarf von 2500 Bürgern entspricht könnte. Zudem werden durch die Anlage jährlich 4000 Tonnen CO2 eingespart.

Aufbereitung von Altholz

Drei Millionen Euro steckt die Unternehmenstochter AVG Ressourcen in die Modernisierung der Altholzaufbereitung vom Sperrmüll bis zu alten Paletten. Zwischen 80.000 und 100.000 Tonnen werden jährlich recycelt. Hauptabnehmer sind die Spanplatten-Industrie und Kraftwerke, die mit Biomasse betrieben werden. Der Anteil des Altholzes, das im Müllofen derzeit verbrannt wird, soll langfristig weiter sinken.

Deponie Vereinigte Ville

Gemeinsam mit den Deponie-Nachbarn RWE und Remondis Industrieservice will die AVG ein Planfeststellungsverfahren für die Erweiterung der Deponie in Hürth-Knapsack einleiten, auf der mineralische Abfälle wie Rostaschen und Schlacken aus der Bleiverarbeitung abgelagert werden. Das sind rund 500.000 Tonnen im Jahr. „Wir müssen ein neues Volumen schaffen, weil die Deponie in zehn Jahren sonst voll ist und wir einen Entsorgungsnotstand haben“, sagt AVG-Geschäftsführer Andreas Freund. Der Plan sieht vor, die Deponie von bisher 130 auf 160 Meter zu erhöhen. Dadurch würde sie die Lagerfläche um ein Drittel auf 120 Millionen Kubikmeter erweitern. Eine Kapazität, die bis in Jahr 2070 ausreichen könnte. (pb)