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Ergebnisse des Köln-Check„Extreme Unzufriedenheit“ – Kölner sehen ihre Stadt im Niedergang

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Knotenpunkt und Ärgernis: Der Barbarossaplatz in Köln, der längst kein richtiger Platz mehr ist.

Knotenpunkt und Ärgernis: Der Barbarossaplatz in Köln, der längst kein richtiger Platz mehr ist.

Der Köln-Check belegt die Unzufriedenheit der Bürger in vielen Bereichen – die Lage vor der Kommunalwahl scheint offen.

Die Menschen in Köln sehen die Stadt im Niedergang. Eine Fülle ungelöster Probleme und das Gefühl einer Verschlechterung in fast allen Lebensbereichen lassen auch die vermeintlich unerschütterliche Identifikation der Kölner mit ihrer Stadt schwinden. Das sind zentrale Ergebnisse des Köln-Check, einer repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag von „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „Kölnische Rundschau“ zur bevorstehenden Kommunalwahl am 14. September.

Auf die Frage, was in Köln in den vergangenen Jahren besser geworden sei, sagen 64 Prozent der Bewohner: Nichts. 78 Prozent geben an, Köln habe sich in den letzten Jahren zu seinem Nachteil verändert, und jeder Siebte (15 Prozent) sagt zur Frage, was er oder sie an Köln schätzt, „leider nicht mehr viel“ oder „nichts“. Als größtes Problem machen die Kölnerinnen und Kölner mit weitem Abstand die Verkehrssituation mit einem Bündel an Missständen aus.

Groß ist auch der Ärger über die Lage am Wohnungsmarkt und die Vermüllung der Stadt. Am massivsten ist die Unzufriedenheit mit dem Zustand der Schulen. Aber auch die Arbeit der Stadtverwaltung stößt auf gewaltigen Unmut. Als Konsequenz sagt inzwischen jeder Fünfte in Köln (19 Prozent), er oder sie würde lieber woanders wohnen. Vor acht Jahren lag dieser Anteil noch bei nur 14 Prozent.

Forsa-Chef Manfred Güllner sieht erschreckenden Zahlen und „extreme Unzufriedenheit“

Forsa-Chef Manfred Güllner, der das Lebensgefühl der Kölner schon seit Jahrzehnten demoskopisch erfasst, sprach von erschreckenden Zahlen und warnte vor fatalen Folgen der „extremen Unzufriedenheit“. Wenn allerdings trotz negativer Entwicklungen immer noch 81 Prozent aller Kölnerinnen und Kölner über 16 angäben, gern in Köln zu wohnen, zeige das eine nach wie vor vorhandene Verbundenheit. „Viele andere Städte erreichen keinen so hohen Wert“, sagte Güllner.

Am meisten schätzen die Bewohner an ihrer Stadt die Mentalität der Menschen mit ihrer Offenheit und dem Lebensgefühl des „Leben und leben lassen“. Der scheidenden Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) stellt das Wahlvolk zum Ende ihrer zehnjährigen Amtszeit ein schlechtes Zeugnis aus. Aktuell sind mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der Kölner mit Rekers Arbeit weniger bis gar nicht zufrieden. Nur 28 Prozent äußern sich zufrieden.

Damit haben sich die Verhältnisse im Vergleich zu einer Befragung im Jahr 2017 gedreht. Damals stand Reker noch bei 47 Prozent der Kölner gut da. Nur 37 Prozent der Befragten gaben an, sie seien mit der OB unzufrieden. Lage vor der Kommunalwahl völlig offenGut zwei Monate vor der Neuwahl des Stadtoberhaupts ergab der Köln-Check eine völlige Offenheit der Ausgangslage.

Die aussichtsreichsten Kandidierenden für die Reker-Nachfolge

Die aussichtsreichsten Kandidierenden für die Reker-Nachfolge – Berivan Aymaz (Grüne), Torsten Burmester (SPD) und Markus Greitemann (CDU) – kommen derzeit nur auf 11 Prozent (Greitemann) bzw. je 10 Prozent der Stimmen. 41 Prozent würden sich momentan für keinen der elf Bewerberinnen und Bewerber entscheiden. Allerdings ist die Riege der Kandidaten den Wahlberechtigten weithin unbekannt. Den höchsten Bekanntheitsgrad (36 Prozent) hat der Bewerber der satirisch auftretenden „Partei“, der Kriminalbiologe Mark Benecke, gefolgt von Burmester, Greitemann und Aymaz.

In der Sonntagsfrage zur Kommunalwahl behaupten sich die Grünen trotz Verlusten mit 24 Prozent als stärkste Kraft. Die CDU, im Jahr 2020 noch gleichauf mit der SPD, setzt sich jetzt mit leichtem Vorsprung vor die Sozialdemokraten. Allerdings verlieren auch diese beiden Parteien an Zuspruch. Hingegen erreichen Linkspartei (11 Prozent) und AfD (10 Prozent) deutlich bessere Ergebnisse als vor fünf Jahren. Die AfD kann ihren Stimmanteil sogar mehr als verdoppeln. Die FDP verliert auf niedrigem Niveau noch einmal an Stimmen. Das BSW und die sonstigen Parteien, unter ihnen die im bisherigen „Ratsbündnis“ mit Grünen und CDU regierende Partei Volt, kommen auf zusammen 14 Prozent.

Diese Zahlen stehen zwei Monate vor der Wahl unter Vorbehalt. Zwar sagen 79 Prozent der Berechtigten, sie wollten sich „auf jeden Fall“ an der Wahl beteiligen. Allerdings sind diese Angaben nach den Erfahrungen der Meinungsforscher geschönt. Selbst der Wahltermin ist einer Mehrheit (53 Prozent) derzeit noch unbekannt.


Der Köln-Check

In Erweiterung des am 10. Juli im „Kölner Stadt-Anzeiger“ veröffentlichten „NRW-Check“ der nordrhein-westfälischen Zeitungen haben diese Zeitung und die „Kölnische Rundschau“ für die Stadt eine Umfrage zur Kommunalwahl am 14. September in Auftrag gegeben.

Das Institut Forsa befragte dazu vom 25. Juni bis 3. Juli im Rahmen des repräsentativen Panels forsa.omninet 1.002 wahlberechtigte Kölnerinnen und Kölner ab 16 Jahren. In die Auswertung gingen Ergebnisse früherer Erhebungen ein. So ließ sich ermitteln, wie sich die Einstellungen im Laufe der letzten Jahre verändert haben.

Die Ergebnisse sind bei einer Fehlertoleranz von plus/minus 2,5 Prozentpunkten auf alle Kölner Wahlberechtigten übertragbar. (jf)