Was passiert, wenn 20.000 Menschen auf einmal verschwinden? Wie ein Bombenfund Köln lahmlegte – und einen Tag der Stille hinterließ.
Drei Bomben, eine leere Stadt80 Jahre nach dem Krieg räumt Köln sich selbst – Bilder der Geisterstadt

Blick auf die menschenleere, evakuierte Altstadt und das Rheinufer in Köln.
Copyright: Martina Goyert
Am frühen Morgen schob sich graues Licht durch die Straßen von Deutz. Köln atmete flach, wie im Halbschlaf. Kein Kinderlachen auf Schulhöfen, keine Rufe vom Wochenmarkt, keine Motorengeräusche auf belebten Straßen. Stattdessen: Stille.
Der Grund dafür: Drei Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg. Gefunden in einer Baugrube an der Deutzer Werft – eine Stelle, die aussah wie jede andere Baustelle auch. Weiße Planen, rot-weißes Flatterband, ein paar Männer in Schutzanzügen. Doch was unter der Erde schlummerte, reichte aus, um eine halbe Stadt auf den Kopf zu stellen.
Kein Lachen, kein Lärm, nur Stille: Der leise Nachhall der Geschichte unter unseren Füßen
20.000 Menschen mussten am Mittwoch (4. Juni) ihre Wohnungen verlassen. In einem Radius von einem Kilometer um den Fundort galt: raus. Keine Ausnahmen. Nicht für alte Menschen, nicht für Katzen und Meerschweinchen, nicht für Patientinnen und Patienten im Eduardus-Krankenhaus.
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Wer sich am Vormittag durch die Innenstadt bewegte, sah eine Kulisse, wie sie sonst nur aus Filmen bekannt ist. Verwaiste Ampelkreuzungen, geschlossene Cafés, leere Hotelhallen. Selbst der Rhein, an gewöhnlichen Tagen ein Spiegel urbanen Lebens, wirkte verlassen. Man kann sich die Leere nicht aussuchen, sie wird einem auferlegt.
Was der Fund dreier Blindgänger in Deutz mit einer Millionen-Stadt machte
Die Hohenzollernbrücke, meistbefahrene Eisenbahnbrücke Europas, blieb stumm. Der Hauptbahnhof wurde zur Sackgasse. Geschäfte blieben dunkel, Kioske ließen ihre Jalousien unten, Spielplätze waren wie ausgestorben – nur die Einsatzkräfte von Polizei, Ordnungsamt, Feuerwehr und Rettungsdienst waren unterwegs. Am Deutzer Rheinufer warteten die Kampfmittelbeseitiger auf ihr Zeichen.
Es war kurz nach halb acht, als das erlösende Signal kam: Entschärfung erfolgreich. Drei Sprengkörper, über 80 Jahre alt, sind jetzt nichts weiter als rostiges Metall. Keine Gefahr mehr, keine schlafende Bedrohung im Boden. Zumindest nicht an dieser Stelle.
1,5 Millionen Bomben regneten im Zweiten Weltkrieg auf Köln herab, viele davon versanken im Boden – blind, vergessen, aber nie ganz ungefährlich. 31 solcher Blindgänger wurden allein 2024 gefunden. Die Stadt gehörte zu den am stärksten bombardierten Städten. Wie viele Entschärfungen es 2025 wohl werden?

