Diebstähle und ÜberfälleSo arbeiten die Profibanden aus Köln-Kalk

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Razzia Kalk

Polizisten bei einer Razzia in Kalk

Köln-Kalk – Eine Jeans für 700 Euro, Louis-Vuitton-Taschen für mehrere tausend Euro, teure Sonnenbrillen und Uhren und gut 40 DHL-Versandquittungen für Pakete nach Algerien – was die Polizei Köln an jenem kühlen Januarabend Anfang dieses Jahres in einer Wohnung in Vingst sicherstellt, lässt einen tiefen Einblick zu in die mögliche Struktur gut organisierter Diebesbanden. Die Wohnung in der Homarstraße gehört einem mutmaßlichen Hehler. Die Polizei geht dem Verdacht nach, dass der Mann Diebesgut angekauft und für den Weitertransport nach Nordafrika vorbereitet hat. Mit ihrer Razzia durchkreuzten die Ermittler diese Pläne wohl im letzten Moment.

Köln: Sprunghafter Anstieg von Strafanzeigen seit Herbst 2021

Seit Herbst vorigen Jahres verzeichnet die Polizei in der Stadt einen sprunghaften Anstieg von Strafanzeigen nach Diebstählen, Raubüberfällen und Trickbetrügereien. Handys werden aus Taschen und Jacken gezogen, Laptops aus Autos entwendet, weil der Fahrer unter einem Vorwand abgelenkt wurde. Gepäckstücke verschwinden, Pakete aus Liefertransportern werden gestohlen. Tatorte sind Kaufhäuser, Restaurants, Rolltreppen, Parkhäuser, Kneipen und Bars, Züge und Bahnhöfe. Ermittlungen und Festnahmen der Polizei legen den Verdacht nahe, dass die Täter vielfach junge Männer aus Algerien sind.

„Im gesamten Jahr 2019 hatten wir 19 Festnahmen algerischer Täter, 2021 waren es 37– allein zwischen August und Dezember“,  berichtet Günther Korn, Leiter der Projektgruppe Taschen- und Trickdiebstahl bei der Polizei. „Da hat sich eine Szene entwickelt.“ Einige der Kölner Verdächtigen haben nach Erkenntnissen der Polizei bis Sommer 2021 zum Beispiel in Spanien gelebt und dort schwarz in der Gastronomie gearbeitet. In Folge der dortigen Corona-Lockdowns verloren viele ihre Jobs und gelangten über verwandtschaftliche Beziehungen nach Köln. Hier leben sie vor allem in Vierteln wie Vingst, Kalk und Humboldt-Gremberg.

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Abgesehen haben es die Diebe bevorzugt auf aktuelle iPhone-Modelle – in Ländern, in denen Apple-Produkte schwer zu bekommen sind, lässt sich mit dem Weiterverkauf viel Geld verdienen. Die Polizei konnte in anderen Strafverfahren Fälle nachvollziehen, wo Diebe in Köln gestohlene Geräte ortsansässigen Hehlern verkauften, anschließend wurden die Smartphones übers Internet von IT-Spezialisten in Vietnam und Jordanien oder auch in Rumänien von Experten vor Ort entsperrt und schließlich in Nordafrika oder im Irak für mehrere hundert Euro verkauft. Wie das die algerischen Banden konkret machen, wisse man nicht im Detail, sagt Korn.

Die ständigen Razzien der Polizei in Köln, Festnahmen und auch Gerichtsprozesse würden aber in der Szene durchaus registriert, sagt der Ermittler, er wählt einen Vergleich: „Wir als Polizei versuchen, die Tür zuzuhalten, während auf der anderen Seite 50 Mann dagegen drücken.“ Das sei mühsam, aber es zahle sich aus. „Die Täter merken inzwischen, dass wir auch ihre Rückzugsorte und die Hehler angehen“, sagt Korn. Dadurch habe sich die Lage zuletzt ein wenig beruhigt. „Aber wir müssen den Druck hochhalten.“

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