Diskussionsrunde in Köln„Die Realität ist anders als im Fernseh-Tatort“
Köln – Nicht oft waren sich die Diskutanten auf dem Podium einig – in einer Sache aber schon: „Die Realität ist anders als im Fernseh-Tatort“, stellte Björn Gercke fest, Strafverteidiger aus Köln. „Ganz anders“, ergänzte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer und erntete keinen Widerspruch.
„Was muss die Presse dürfen – Verdachtsberichterstattung in den Medien“ lautete der Titel der „frank&frei“-Veranstaltung am Donnerstag in der Karl-Rahner-Akademie, moderiert vom Chefkorrespondenten des „Kölner Stadt-Anzeiger“, Joachim Frank.
Eine Erkenntnis des Abends: Allein die Vollstreckung eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses in einem Ermittlungsverfahren bedeutet – anders als oft im „Tatort“ – noch lange nicht, dass der Verdächtige auch schuldig ist. Gerade in Wirtschaftsstrafverfahren, berichtete Gercke, kämen Ermittler gar nicht mehr ohne Durchsuchungen und Beschlagnahmen aus – auch wenn es sich nur um einen Anfangsverdacht handele, also die unterste Stufe eines Verdachts.
Und der liege schon dann vor, wenn jemand nur in der Lage sei, „einigermaßen schlüssig eine Strafanzeige zu stellen“, sagte der Kölner Medienanwalt Heiko Klatt. Er vertritt den Ex-Fußballprofi Christoph Metzelder in einem aktuellen Strafverfahren – an dieser Stelle allein den Tatvorwurf zu wiederholen, könnte übrigens juristischen Ärger nach sich ziehen, warnte Klatt, da sei die Rechtsprechung des Landgerichts Köln eindeutig.
Susanna Dahs, Justiziarin der Mediengruppe DuMont, hielt dagegen, der „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der „Express“ hätten im Fall Metzelder bislang keine Verfügung des Landgerichts erhalten. Die bisherige Berichterstattung sei „vorbildlich“ gewesen.
Aufgehängt an den Medienveröffentlichungen über Metzelder diskutierten die fünf Podiumsteilnehmer engagiert darüber, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form die Presse generell über den Verdacht einer Straftat berichten darf, wenn der oder die Beschuldigten dabei erkennbar werden.
Peter Berger, Chefreporter des „Kölner Stadt-Anzeiger“ klagte, Rechtsanwälte ließen sich mit der Beantwortung journalistischer Anfragen oft viel Zeit. „Und dann kommt keine Antwort, sondern ein dreiseitiges Schreiben, was mir alles droht, wenn ich berichte.“ Das erschwere die Recherche enorm.
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In jedem Fall sei bis zu einer Berichterstattung doch mal die Anklageerhebung abzuwarten, sagte Klatt. „Dann sind Sie auf der sicheren Seite.“ Dem widersprachen Dahs, Berger und auch Ulrich Bremer. „Das kann man so apodiktisch nicht sagen“, befand der Oberstaatsanwalt. Es gebe Straftaten, etwa Mordfälle, in denen die Beweislage von Beginn an so erdrückend sei, dass sofort ein dringender Tatverdacht vorliege – über den dürfe dann auch berichtet werden.