Prozess um Betrug96-jährige Kölnerin aus Heim erst zum Notar, dann zur Bank gebracht

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Eine 95-jährige Kölnerin wurde laut Anklage zum Ziel eines Erbschleichers.

Köln – Ein mutmaßlicher Erbschleicher musste sich am Donnerstag vor dem Kölner Amtsgericht verantworten. Der 70-Jährige hatte die Bekannte seiner Familie aus einem Pflegeheim abgeholt, ging mit ihr erst zum Notar und dann mit einer Vollmacht zur Bank. Betrug warf ihm die Staatsanwaltschaft vor, doch der Angeklagte selbst sprach von redlichen Motiven. 

Köln: Bekannter wollte Seniorin nach Holland bringen

Nachdem sie 60 Jahre mit ihrem Mann in den Niederlanden gelebt hatte, kam die ältere Dame nach dessen Tod zu den Verwandten ins Rheinland. „Sie fühlte sich in dem Pflegeheim nicht wohl und wollte zurück nach Holland“, sagte der Angeklagte, der den Kontakt zu der Dame gehalten hatte. Er habe daher vorgeschlagen, sie in ein teures Privatheim in Holland verlegen zu lassen. 

Der Angeklagte bestätigte zwar einige Angaben der Staatsanwaltschaft. Demnach sei er mit der Seniorin zu einem Notar in Bergisch Gladbach gefahren, um sich eine Generalvollmacht bescheinigen zu lassen. 

Köln: Notar trug Angeklagten als Alleinerben ein 

Bei der Gelegenheit habe die Frau ihn noch zum Alleinerben gemacht; sie habe darauf bestanden. Bei einer Bank wollte er dann noch die Kontovollmacht erlangen, die der Neffe der Frau besaß, um das Heim bezahlen zu können. 

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Gleichzeitig wollte er Geldgeschenke an die Enkel der Frau rückgängig machen. „Sie meinte, ihre Familie nimmt sie nur aus“, sagte der Angeklagte. Dass die 96-Jährige 330.000 Euro auf dem Konto gehabt habe, habe er gar nicht gewusst. Eine Bankmitarbeiterin hatte bei dem Gespräch Verdacht geschöpft und das Konto sperren lassen. Der spätere Versuch des Angeklagten, sich zumindest 10.000 Euro zu überweisen, scheiterte daher. 

Gutachten spricht bei Seniorin von Geschäftsunfähigkeit 

Den entscheidenden Vorwurf der Staatsanwaltschaft, nämlich gewusst zu haben, dass die alte Dame nach mehreren Schlaganfällen geschäftsuntüchtig sei, wies der Angeklagte zurück. Er habe ausschließlich zum Wohle der Dame gehandelt. 

Ein Gutachten bestätigte zwar die Geschäftsunfähigkeit, allerdings attestierte ein Psychiater der 96-Jährigen, sich immer noch klar artikulieren zu können, was die Richterin zu Gunsten des Angeklagten auslegte. 

Kölner Richterin stellt das Verfahren ohne Auflagen ein 

Nachdem die Verteidigerin des Angeklagten angeregt hatte, bei einem nächsten Termin die 96-Jährige zu laden, schlug die Staatsanwältin eine Einstellung des Verfahrens vor; eine Vernehmung sei nicht zielführend und der Seniorin kaum zuzumuten. 

Die Anwältin hatte gesagt, ein Vorsatz des Betruges sei ihrem Mandanten nicht nachzuweisen. Die Richterin stimmte der Einstellung ohne Auflagen zu, der Sachverhalt wird somit nicht weiter aufgeklärt. Der Neffe der Seniorin wurde inzwischen als gesetzlicher Betreuer eingesetzt, die Dame verblieb im Kölner Heim.

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