„Erfolg hat nichts mit Alter zu tun“Kölner Firmengründer stellt auch Rentner ein

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Gabriel Schwärzel  

  • Wie reagieren Menschen, was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zum Kaffee einlädt? Dieser Frage geht Susanne Hengesbach regelmäßig nach.
  • Diesmal begegnet sie einem Hotelfachmann, der tendenziell lieber ältere Menschen, als junge Unerfahrene beschäftigt.
  • Im Start-up des 35-jährigen Gabriel Schwärzel arbeiten sowohl junge Mütter als auch Rentner im Telemarketing.

Köln – Es ist gar nicht so schwer, eine neue Sprache zu lernen. Ich müsse lediglich an jeden zweiten Satz ein „woisch, wie i moin“ anhängen, und schon würde ich als Schwäbin durchgehen, erklärt mir der Mann, den ich heute am Yitzhak-Rabin-Platz anspreche. Gabriel Schwärzel ist in Stuttgart geboren und betont: „Ich liebe es, Schwabe zu sein, schwäbisch ist meine DNA!“ Ich wiederum staune, dass sein Hochdeutsch kein Fünkchen Akzent verrät, was bei Leuten aus seiner Heimat echt selten ist. Noch mehr staune ich allerdings über seine Einstellung zu Mitarbeitern im Rentenalter. Aber dazu später.

Gabriel Schwärzel kommt von einer beruflichen Besprechung und will noch kurz ins Restaurant „Tanica“ reinspringen, um dort einen Tisch für seinen Hochzeitstag zu reservieren. Weil er so von dem Italiener an der Mozartstraße schwärmt – nicht nur vom Essen, sondern auch vom „super netten Personal“, schlage ich vor, dort einen Espresso zu trinken. Als wir uns gegenübersitzen, erzählt Schwärzel von seiner Jugend im Ländle; schildert, wie sein Vater seinerzeit nach einem schweren Unfall seine philippinische Mutter kennenlernte, wie er selber mit 16 seine Karriere zum Hotelfachmann begann und schließlich ins Rheinland übersiedelte.

Hotellerie leidet extrem unter Fachkräftemangel

Schwärzel liest morgens Hotelnewsletter wie andere Leute Tageszeitung, weiß genau, welches Haus wann, wo eröffnet und von wem geleitet wird und brennt für seine Branche. Vor anderthalb Jahren hat er sich mit einem Start-up selbstständig gemacht und „helfe nun Hotels, sich im Vertrieb optimal aufzustellen“, wozu heute vor allem auch „eine gute Sichtbarkeit in den sozialen Netzwerken“ gehöre.

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Ähnlich wie die Gastronomie leide auch die Hotellerie zurzeit extrem unter Fachkräftemangel – speziell in Deutschland. Vor der Pandemie habe es einen regelrechten Hotelboom gegeben. Europaweit seien 400 neue Hotels geplant gewesen, davon allein 200 hierzulande. Der Markt sei weiterhin interessant für Investoren, aber das Hauptproblem bleibe – es fehlen einfach die Mitarbeiter. Diese Lücke versuche er, nun mit zu schließen.

„Ich betrachte Alter nicht als Maßstab“

„Aber Sie können doch auch keine Leute aus dem Ärmel schütteln“, stelle ich fest. Schwärzel lacht. „Das nicht. Aber ich betrachte Alter nicht als Maßstab.“ Ob jemand 18 oder 58 ist, spielt für mich keine Rolle.“ Tendenziell gebe er älteren Bewerbern sogar eher eine Chance, weil die mehr Lebenserfahrung mitbrächten. „Lebenserfahrung, von der ich mir oft selber eine Scheibe abschneiden kann“, sagt Schwärzel, der – obwohl selber erst 35 Jahre – dem Jugendwahn nichts abgewinnen kann. Es breche ihm das Herz zu sehen, dass die Gruppe der Um-die-Sechzig-Jährigen auf dem Abstellgleis lande. „Die wollen doch nicht alle nur Flaschen sammeln oder Hunde Gassi führen!“

Er selber stelle immer wieder fest, wie viel Passion und Engagement die Generation 50 oder auch 60 plus mitbringe, wenn man sie mit echten Aufgaben betraue. Dieser riesigen Personengruppe „nur noch irgendwelche Dummi-Aufgabe“ zu überlassen, „weil man ihnen nicht zutraut, noch was leisten zu können“, sei doch schrecklich. – „Das heißt, Sie stellen auch sogenannte Siver-Ager ein?, frage ich. Schwärzel nickt bejahend und erzählt, dass bei ihm sowohl junge Mütter mit kleinen Kindern als auch Rentner im Telemarketing tätig seien.

Glücklich über freie Zeiteinteilung

Dabei gehe es in erster Linie darum, die Travelmanager oder Reiseplaner in Unternehmen zu kontakten und ihnen „das richtige Hotel zum richtigen Preis“ für Geschäftskunden anzubieten.

„Einem Fremden etwas am Telefon zu verkaufen, stelle ich mir nicht einfach vor“, sage ich. „Entweder man kann es, oder man kann es nicht“, so mein Gegenüber. Und man müsse nach dem sechsten oder siebten erfolglosen Anruf genauso motiviert sein wie beim ersten“, erklärt der Schwabe und schwärmt von einem Rentner aus seiner Mannschaft, der nach jahrzehntelanger Tätigkeit bei der Telekom im neuen Job nach entsprechender Einarbeitungszeit – „niemand wird bei uns ins kalte Wasser gestoßen“ – noch mal richtig Feuer gefangen habe. „Und die jungen Frauen mit Kindern seien glücklich über die freie Zeiteinteilung im Home-Office und die Möglichkeit, zwischendurch die Kinder aus der Kita holen zu können. „Erfolg hat nichts mit Alter zu tun“, lautet Schwärzels Credo.

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