Interner PrüfberichtKöln geht kaum gegen illegale Ferienwohnungen vor

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Köln Altstadt Häuser

Blick auf die Altstadt, die auch bei Touristen zum Übernachten sehr beliebt ist

  • Köln ist ein Touristenmagnet, das haben auch Mieter und Vermieter längst erkannt. Seit Jahren ist die Menge an Wohnungen, die auf Airbnb und Co. angeboten werden, zunehmend ein Problem für den Wohnungsmarkt.
  • Eigentlich soll das Amt für Wohnungswesen hart gegen illegale Ferienwohnungen vorgehen und Bußgelder verhängen.
  • Doch wie ein interner Prüfbericht nun offenbart: Im Amt herrscht Chaos. Verstöße werden kaum geahndet.

Köln – Touristen finden in Köln ohne Probleme eine Unterkunft in einer privaten Wohnung mitten im Zentrum. Wer sich etwa auf der Internetplattform Airbnb umschaut, entdeckt Bleiben in bester Lage, sei es in der Nähe des Neumarktes oder des Barbarossaplatzes. Die Stadt geht jedoch davon aus, dass Tausende dieser Wohnungen illegal vermietet werden, und geht seit 2014 mit einer Schutzsatzung dagegen vor, die der Stadtrat im Mai noch einmal verschärfte. Wird frei finanzierter Wohnraum als Touristenunterkunft genutzt, ist das in Köln nur mit einer Genehmigung erlaubt.

Das städtische Amt für Wohnungswesen ist dafür zuständig, illegal als Ferienwohnungen angebotene Mietwohnungen zu ermitteln und Bußgelder gegen die Eigentümer zu verhängen. Die Wohnungsaufsicht hat diese Aufgabe in den vergangenen Jahren allerdings nur sehr mangelhaft erfüllt, wie aus einem internen Prüfbericht hervorgeht, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. Das nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Dokument haben Mitarbeiter des Rechnungsprüfungsamts verfasst.

2017 kein einziges Bußgeld verhängt

Untersucht wurden 59 Fälle von Zweckentfremdung bei Wohnraum in der Zeit zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 30. Juni 2018. Das Ergebnis offenbart desaströse Zustände. So fehlten in den Akten mehrfach Eingangsvermerke, Abfragen von Einwohnerdaten im Melderegister und Grundbuchauszüge. Die Prüfer entdeckten in einer Akte lose Blätter, eine andere konnten die Mitarbeiter der Wohnungsaufsicht auf Nachfrage nicht vorlegen. „Viele der zur Prüfung herangezogenen Vorgänge waren nicht ausreichend dokumentiert und unvollständig“, heißt es in dem Bericht.

Die Wohnungsaufsicht kam zudem der Aufgabe, selbst zweckentfremdeten Wohnraum zu ermitteln, nur unzureichend nach. So wurden die Mitarbeiter erst dann tätig, wenn sie zuvor Hinweise von Bürgern und anderen Ämtern erhielten. Eine eigenständige Internetrecherche habe nur vereinzelt stattgefunden.

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In vielen Fällen sei die Sachbearbeitung außerdem nicht kontinuierlich und konsequent fortgeführt worden. So seien teilweise große zeitliche Lücken entstanden. Bei den Anhörungsschreiben, die den Wohnungseigentümern zugingen, setzten die Mitarbeiter der Wohnungsaufsicht uneinheitliche Fristen. In einem Fall sei ein Einspruch fälschlich als verspätet abgewiesen worden, obwohl die Frist eingehalten wurde. In einem anderen Fall erließ das Amt einen Bußgeldbescheid, ohne vorher die Möglichkeit zur Anhörung zu geben. Im Jahr 2017 wurde kein einziges Bußgeld festgesetzt. Der Prüfbericht mahnt zudem an, dass Verfahren ohne plausible Begründung eingestellt wurden. So wurde eine Akte mit der Begründung geschlossen, dass die Wohnung nur 25 Quadratmeter groß sei. Die Prüfer fanden das angesichts des Bedarfs an Studentenwohnungen nicht nachvollziehbar.

Fehler der Wohnungsaufsicht

Gleich in mehreren Fällen stellte die Wohnungsaufsicht fälschlicherweise fest, dass untersuchte Einfamilienhäuser von der Schutzsatzung ausgenommen seien. Ein weiteres Verfahren wurde eingestellt, weil niemand vor Ort nachforschte, ob eine Wohnung als Touristenunterkunft genutzt wurde. Die Daten im genutzten Softwareprogramm waren „unzureichend gepflegt“.

„Die Prüfung zeigt Mängel in der Sachbearbeitung, die sich in hohem Maße auf die unzureichende Personalausstattung zurückführen lassen“, heißt es im Fazit des Berichts. So war die Position des Gruppenleiters seit 2016 „faktisch nicht besetzt“ – die Stelle wurde erst im August 2018 neu vergeben. Aufgrund dessen wurde dem Vier-Augen-Prinzip kaum gefolgt. Es fehlte ein internes Kontrollsystem für Verfahren, die aus sonstigen Gründen eingestellt wurden. Weitere Personalengpässe entstanden aufgrund vakanter Stellen in der Sachbearbeitung und im Ermittlungsteam.

„Die Verwaltung bewertet die bisherige Tätigkeit der Wohnungsaufsicht positiv“, teilte eine Stadtsprecherin auf Anfrage mit. Es sei sachgerecht auf die Problemlage der Zweckentfremdung durch Online-Plattformen durch Ausweitung von Stellen und Neustrukturierung reagiert worden. „Die Bekämpfung der Zweckentfremdung durch gewerbliche Vermietung und Leerstand bedarf eines langen Atems, ist aber auf einem guten Weg“, so die Sprecherin.

Die Geschichte hinter der Geschichte

Viele Vorgänge innerhalb einer Stadtverwaltung sind nicht öffentlich, obwohl sie für die Öffentlichkeit von Interesse sind. Wenn die Stadtspitze der illegalen Nutzung von Wohnungen als Ferienunterkünfte den Kampf ansagt, ist es wichtig zu erfahren, wie erfolgreich das in der Realität überhaupt funktioniert. In der eigenen Bewertung stellt sich die Stadtverwaltung in der Regel positiv dar. Die Aufgabe von investigativen Journalisten besteht darin, hinter die Kulissen zu schauen und den Vorhang zur Seite zu ziehen, um Verfehlungen, Skandale und Mängel offenzulegen.

Das kann – wie im vorliegenden Fall – funktionieren, indem man Zugang zu einem nicht öffentlichen Prüfbericht erhält, der desolate Zustände innerhalb der Stadtverwaltung offenbart. Möglich wird das durch jahrelange Arbeit in einem bestimmten Bereich und ein dichtes Netz an Informanten. Dabei spielt Vertrauen eine entscheidende Rolle, denn nur auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Anonymität eines Hinweisgebers gewährleistet ist. Informationen werden zudem vor einer Veröffentlichung redaktionell geprüft und eingeordnet.

Für mich sind die wichtigsten Aufgaben eines Journalisten, kritisch zu sein und Missstände aufzuzeigen.

Tim Attenberger ist Redakteur und arbeitet für die Kölner Lokalredaktion.

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