Protokolle aus der JVA KölnIntensivtäter hat Plan für die Zukunft – „Ich werde keine Dinger mehr drehen“

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Erzählwerkstatt in der JVA Köln - Häftling im Gespräch mit Klaus Jünschke

Tollek spricht in der Erzählwerkstatt der JVA Köln mit Klaus Jünschke.

Tollek ist 26 Jahre alt, gilt als Intensivtäter und sitzt im Gefängnis in Köln. Drogen, Diebstahl, Einbrüche – Bericht aus einem Leben auf der schiefen Bahn.

Ich habe sechseinhalb Jahre bekommen, wegen gewerbsmäßigem Handel mit Falschgeld, unerlaubtem Waffenbesitz, so etwas. Ein Jahr und vier Monate habe ich schon in U-Haft abgesessen. Ich bin in Revision gegangen. Weil ich nach Paragraf 64 verurteilt worden bin, ich also eine Suchtproblematik hatte, komme ich hoffentlich bald in Therapie. Dadurch könnte sich meine Haftzeit verkürzen.

Auf die schiefe Bahn geraten bin ich schon als Kind: Ich bin in einem Hochhauskomplex im Rhein-Erft-Kreis aufgewachsen, da kam ich sehr früh mit Leuten in Kontakt, die Drogen vertickt haben und klauen gegangen sind. Die haben mir gezeigt, wie das geht.


Häftlinge erzählen: Protokolle aus der JVA Köln


Irgendwann kamen Einbrüche dazu, ich habe Leute auch auf der Straße abgezockt, Handys und so, nicht nett. Ich habe Bewährung gekriegt, Sozialstunden, und bin irgendwann in einem Resozialisierungsprojekt in Sachsen-Anhalt gelandet, für zwei Jahre. Mit strengen Auflagen, einem Punktesystem: Man hat nur Freiheiten bekommen, wenn man sich an die Regeln gehalten hat. Hat eigentlich ganz gut funktioniert.

Irgendwann haben meine Eltern mich rausgeworfen. Ich habe in einem alten Kellerabteil gepennt, zwischendurch in einer Obdachlosenunterkunft.
Tollek (26), Inhaftierter der Kölner JVA

Als ich wieder nach Hause kam, war ich 17 – und habe alles über Bord geworfen, was mir dort eingeimpft worden war. Ich hatte einen 450-Euro-Job, fand es aber einfacher, Geld mit Dealen zu verdienen. Habe eine Ausbildung zum Kinderpfleger begonnen, aber abends gedealt.

Irgendwann haben meine Eltern mich rausgeworfen. Ich habe in einem leeren Kellerabteil gepennt, Drogen genommen, war zwischendurch in einer Obdachlosenunterkunft, einem gruseligen Haus mit Toiletten, auf die ich nicht gehen konnte. Ich bin jeden Morgen zu einem Schwimmbad gefahren, um dort auf Toilette zu gehen. Konnte es in der Unterkunft nicht aushalten. Bin zurückgegangen in das Kellerabteil.

Wenn man obdachlos ist, ist man ganz unten. Für Leute, die ein normales Leben leben, ist es nicht nachvollziehbar, wie würdelos das ist. Ich habe so viele Menschen gesehen, die komplett verwahrlost sind. Das bin ich nie. Aber ich wünsche Obdachlosigkeit keinem.

Pläne für die Zeit nach dem Gefängnis: IT-Ausbildung und nie mehr obdachlos werden

Ich selbst habe mich irgendwann rausgekämpft. Nicht auf legalem Weg, aber ich habe es geschafft. Am Ende hatte ich eine schöne Zwei-Zimmer-Wohnung, schönes Auto, Freundin alles, was man so braucht. Und sogar eine Ausbildung in der IT-Branche in Aussicht. Das sollte mein Weg aus der Illegalität sein.

Dann wurde ich festgenommen – mit meiner Freundin habe ich seitdem nicht mehr gesprochen. Ich habe einen Plan für meine Zukunft nach dem Knast: Ich werde die IT-Ausbildung machen, keine Dinger mehr drehen. Nicht mehr obdachlos werden und nicht mehr in den Knast. Das bin ich meiner Familie schuldig. 

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