Die Kölner Volkshochschule hat in Kooperation mit der Kölner Synagogen-Gemeinde ein neues Programm für 2024 erstellt.
Kooperation mit VHSJüdische Gemeinde in Köln fordert mehr Fokus auf arabischen Antisemitismus

Präsentation des neuen VHS-Programms in der Synagoge. Abraham Lehrer (l.) und Jakob Schüller (r.) in der Synagoge an der Roonstraße.
Copyright: Clemens Schminke
Schon vor Jahren hat Abraham Lehrer gefordert, in Integrationskursen den arabisch-islamischen Antisemitismus stärker zu berücksichtigen. Am Montag hat der Vorstand der Kölner Synagogen-Gemeinde und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland diese Forderung erneuert. Anlass war die Vorstellung des Programms der Kölner Volkshochschule für das erste Halbjahr 2024; Themenschwerpunkt des nächsten Jahres ist „Zusammenhalt“.
Seit 2015 besteht eine Kooperation zwischen der Synagogen-Gemeinde und der VHS; so finden gemeinsame Führungen durch die Synagoge an der Roonstraße und zum jüdischen Friedhof in Deutz statt. VHS-Leiter Jakob Schüller betonte bei der Programmpräsentation, die Volkshochschule wolle in Zeiten des Konflikts ein Zeichen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und besonders gegen Antisemitismus setzen sowie ihrer Solidarität und Verbundenheit mit Menschen jüdischen Glaubens Ausdruck geben.
Werte der Demokratie sollen vermittelt werden
Zu seiner Forderung sagte Lehrer, die Integrationskurse seien für europäische Flüchtlinge konzipiert worden, nicht aber für arabischstämmige Menschen. Diese kämen aus Ländern, wo „tagaus, tagein“ im Radio und Fernsehen davon die Rede sei, der Staat Israel müsse vernichtet werden und Juden seien zu „eliminieren“. Als weiteres Beispiel für die Prägung dieser Migranten nannte er die Art des Umgangs mit Frauen.
Integrationskurse müssten auf diese Gruppe zugeschnitten werden, um grundlegende Werte der Demokratie zu vermitteln. Schüller ergänzte, der Dachverband der Volkshochschulen, die im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Integrationskurse durchführen, habe bereits den Vorschlag gemacht, im Curriculum Werte „stärker in den Blick zu nehmen“.
Kritik an frühzeitiger Veröffentlichung des Programms
„Wir müssen alles auf den Prüfstand stellen“, sagte Lehrer mit Blick auf die Welle des Antisemitismus. Diesen habe man nicht ernst genug genommen, obwohl schon vor 20 Jahren Untersuchungen bei einem Fünftel der deutschen Bevölkerung latente antisemitische Einstellungen zutage gefördert hätten. Seitdem habe sich das Problem vergrößert, wie die gewachsene Bereitschaft zeige, extrem rechte Parteien zu wählen. Lehrer schlug vor, „eine Art runden Tisch“ einzurichten, um Experten zusammenzuführen, die sich mit der Materie beschäftigen. Es gehe dabei auch um Fremdenhass, generellen Rassismus und Frauenfeindlichkeit. Die Angst unter Juden in Deutschland sei groß, sagte er.
Im Vorfeld des Gemeindetags vom 14. bis zum 17. Dezember, zu dem der Zentralrat der Juden in Deutschland nach Berlin eingeladen hat, hätten sich Gemeindemitglieder beschwert, dass das Programm veröffentlicht wurde, denn daraus gehe hervor, welche Sightseeing-Bustouren geplant sind – ein mögliches Ziel von Anschlägen. In Köln überlegten jüdische Eltern, ob sie ihre Kinder zum Gottesdienst, Religionsunterricht und ins Jugendzentrum gehen lassen sollten.
Im ersten Halbjahr 2024 sind 2800 Veranstaltungen geplant
Dass das neue VHS-Programm sich an der aktuellen Lage ausrichte, nannte Lehrer „sehr wichtig“. Am 18. April hält der Historiker Peter Longerich, der an der Universität London gelehrt und das Holocaust Research Centre gegründet hat, einen Vortrag über „Antisemitismus. Eine deutsche Geschichte“. Schon am 21. Februar findet ein Diskussionsabend der VHS und des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit Jürgen Wiebicke zur Bedrohung der Demokratie statt.
Ebenfalls beteiligt ist der „Kölner Stadt-Anzeiger“, wenn am 16. Mai, am Vorabend des Internationalen Tages gegen Homo-, Bi- und Transfeindlichkeit, Jürgen Domian über dieses Thema spricht. Um Zusammenhalt geht es auch bei Veranstaltungen zur Einsamkeit, beim Kursangebot „Sprachen der Vielfalt“ für Haupt- und Ehrenamtler, die mit Migranten zu tun haben, und bei Bildungsurlauben zur barrierefreien Kommunikation mit „Leichter Sprache“. Zusammenhalt ist ebenso das Thema eines Schreibwettbewerbs.
2800 Veranstaltungen bietet das erste Halbjahr 2024. 2023 gab es bei 4800 durchgeführten Veranstaltungen 52 400 Kursanmeldungen. Damit liege man immer noch deutlich unter den rund 70 000 in den Jahren vor der Corona-Pandemie, sagte Schüller. In diesem Jahr wurden an der VHS 2700 Einbürgerungstests gemacht; 550 Mal wurde der Test „Leben in Deutschland“, der für den Aufenthaltsstatus wichtig ist, abgelegt. Zum Ende des Jahres geht Schüller in den Ruhestand. Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin stehe noch nicht fest, sagte er.