Einsamkeit, Stress, ProblemeTelefonseelsorgen verstärken Suizidprävention in Köln

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Symbolbild

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Köln – Als 1953 im London die weltweit erste Telefonseelsorge gegründet wurde, war das zentrale Anliegen, Selbstmorde zu verhindern. So war es auch in Berlin, als im Oktober 1956 eine private Telefonnummer für die „Ärztliche Lebensmüdenbetreuung“ in der Presse veröffentlicht wurde – die Geburtsstunde der Telefonseelsorge in Deutschland.

In Anknüpfung an diese Ursprünge gehören die Evangelische und die Katholische Telefonseelsorge in Köln zu den Einrichtungen, die zurzeit gemeinsam ein Netzwerk zur Suizidprävention in der Stadt aufbauen. Am 10. September, dem Welt-Suizid-Präventionstag, soll es der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Dies teilten am Dienstag Annelie Bracke, Leiterin der Katholischen Telefonseelsorge Köln, und Pfarrerin Dorit Felsch, die das evangelische Pendant leitet, bei einem Pressegespräch mit. Zwar sei die Suizidrate nicht gestiegen, sagte Bracke, doch mehr Anrufer als früher würden über Suizidgedankensprechen; das betreffe acht bis neun Prozent der Telefonate.

Sorgen spiegeln gesellschaftliche Entwicklung wider

Doch in den Gesprächen geht es um vieles mehr, von Stress am Arbeitsplatz und Krankheiten über Probleme in Familie und Partnerschaft bis zu Einsamkeit. Unvermeidlich spiegeln die Themen die gesellschaftliche Entwicklung wider. So hat Felsch beobachtet, dass die Zahl der Gespräche, bei denen es um Angst um den Lebensunterhalt, speziell um Altersarmut geht, „statistisch signifikant“ gestiegen sei.

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2019 gingen bei beiden Telefonseelsorge-Stellen insgesamt 28.200 Anrufe ein; das bedeutet im Durchschnitt 77 Gespräche pro Tag. Daneben gibt es die Möglichkeit, sich per E-Mail und im Chat Hilfe zu holen. Diesen Weg bevorzugten manche Menschen, weil hier die Hemmschwelle niedriger sei, heikle Themen anzusprechen, sagte Felsch.

136 ehrenamtliche Mitarbeiter bei beiden Telefonseelsorgen tätig

Telefonseelsorge in Köln

Evangelische Telefonseelsorge Köln, Rufnummer (Büro) 0221/31 71 59, Postfach 250 104, 50517 Köln, Mail: telefonseelsorge@kirche-koeln.de, Internetseite: www.ev-telefonseelsorge-koeln.de

Katholische Telefonseelsorge Köln, Rufnummer (Büro) 0221/25 70 184, Domkloster 3, 50667 Köln, Mail: mail@telefonseelsorge-koeln.de, Internetseite: www.telefonseelsorge-koeln.de

Bei der Evangelischen Telefonseelsorge sind 72 ehrenamtliche Mitarbeiter tätig, bei der katholischen 64. Der Einsatz pro Monat umfasst 15 Stunden, einschließlich regelmäßige Supervision und Fortbildung. Beide Einrichtungen suchen Helfer. Voraussetzungen für die Mitarbeit sind, sich gut auf andere Menschen einstellen und mit Krisen umgehen zu können, belastbar, flexibel, teamfähig und für Spriritualität offen zu sein. Die Ausbildung dauert ein Jahr; sie beginnt in diesem September (evangelisch) beziehungsweise im Januar 2021 (katholisch).

Die Teilnehmer lernen Grundlagen der Gesprächsführung und beschäftigen sich mit Themen wie etwa Tod, Trauer, Erkrankungen, Suizidalität und Partnerschaft. Einen wichtigen Teil der Ausbildung nimmt die Selbsterfahrung ein: Wie gehe ich selber mit Krisen um, was sind meine wunden Punkte? Wenn die ehrenamtlichen Kräfte im Einsatz sind, können sie von Fortbildungen profitieren; weitere Gemeinschaftsveranstaltungen kommen hinzu. Überhaupt wird auf die Gemeinschaft großen Wert gelegt.

Schon die Ausbildung erlebten die Teilnehmer als großen Gewinn, sagte Bracke. Dies setze sich während der Arbeit fort. Gerade für dieses Ehrenamt gelte: „Man gibt viel, und gleichzeitig bekommt man viel zurück“.

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