„Wir müssen besser werden“Kriminalität in Köln steigt, Aufklärungsquote sinkt – Wie die Polizei reagiert

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Polizisten laufen auf dem Hohenzollernring entlang.

Die Kriminalität in Köln steigt um sechs Prozent, vor allem auf der Straße gibt es mehr Fälle.

Erneut ist die Kriminalität in Köln im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, vor allem die Straßenkriminalität treibt die Zahlen nach oben.

Am Ende, nachdem Michael Esser eine ganze Reihe beunruhigender Zahlen zur Kriminalitätsentwicklung in Köln präsentiert hat, betont der Kölner Kripo-Chef: „Ich habe jetzt viel über Zahlen geredet, aber hinter jeder dieser Zahlen stehen Opfer, für die wir jeden Tag professionelle Polizeiarbeit leisten müssen“. Und Polizeipräsident Johannes Hermanns betont angesichts steigender Fallzahlen und einer sinkenden Aufklärungsquote: „Wir müssen besser werden.“

149.970 Straftaten hat die Kölner Polizei im vergangenen Jahr in Köln und Leverkusen registriert. Das sind 6,2 Prozent mehr als 2022. Nach dem Rückgang der Kriminalität in den Corona-Jahren 2020 und 2021 liegt Köln damit bei der Kriminalität wieder auf dem Niveau von 2017. Gleichzeitig ist die Aufklärungsquote leicht von 50,2 auf 49,6 Prozent gesunken. „Wir müssen feststellen, dass sich der positive Trend, den wir vor der Corona-Welle hatten, nicht fortgesetzt hat“, so Hermanns. Damit liege man zwar im Landestrend, denn in ganz Nordrhein-Westfalen sind die Zahlen gestiegen, „aber das macht es nicht besser“.

Straßenkriminalität nimmt in Köln stark zu

Haupttreiber der steigenden Zahlen ist die deutliche Zunahme der Straßenkriminalität, also Straftaten wie Diebstahl oder Körperverletzung. Die Zahl der Delikte in diesem Bereich ist um zehn Prozent gestiegen. Damit verstärkt sich eine Entwicklung, die sich bereits im vergangenen Jahr nach dem Ende der Pandemieeinschränkungen abzeichnete.

Vor allem Diebstahlsdelikte haben zugenommen: 66.820 registrierte die Polizei 2023, das sind 15 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Besonders auffällig ist der Anstieg bei Ladendiebstählen (27 Prozent), Autodiebstählen (20 Prozent) und Diebstählen von Mopeds und Krafträdern (70 Prozent). „Die Tatgelegenheiten nehmen zu, gerade in einer Eventstadt wie Köln“, erklärt Hermanns den Anstieg der Zahlen. Besonders stark stiegen die Zahlen demnach in der Polizeiinspektion Mitte (plus 18 Prozent), wo es besonders viele Geschäfte, Veranstaltungen und Touristen gibt – und damit auch die meisten Tatgelegenheiten.

„Es handelt sich um Taten, die schnell ausgeführt werden und bei denen es oft wenig Hinweise auf den Täter gibt“, ergänzt Esser. Dementsprechend niedrig fällt die Aufklärungsquote aus: Nur rund 16 Prozent der Delikte aus dem Bereich Straßenkriminalität konnte die Polizei aufklären. Bei Diebstählen liegt die Quote sogar nur bei zehn Prozent. „Damit können wir nicht zufrieden sein“, gibt Herrmanns zu.

Auch Jugendkriminalität bereitet in Köln weiter Sorgen

Um gegenzusteuern hat die Polizei bereits im vergangenen Jahr die „EG-Fokus“ eingerichtet. Von der Ermittlungsgruppe erhofft sich die Kölner Polizei, wie bereits berichtet, eine Trendwende. Der Ansatz: Statt wie bisher Einzeltaten hinterherzuermitteln und sie zur Anklage zu bringen, soll sich die Ermittlungsgruppe auf Intensivtäter konzentrieren, die für einen großen Teil der Taten verantwortlich ist. In Zusammenarbeit mit einer Sonderdezernatsstelle bei der Staatsanwaltschaft sollen die Taten dann auch gebündelt zur Anklage gebracht werden. „So wollen wir die Aufklärungsquoten steigern und die Justiz in die Lage versetzen, mehr Haftstrafen auszusprechen“, sagt Esser.

Doch nicht nur im Bereich der Straßenkriminalität gehen die Zahlen nach oben. In fast allen Deliktsbereichen sind die Fallzahlen 2023 gestiegen. So etwa bei den Sexualdelikten (13 Prozent), Raub (acht Prozent) und bei Rauschgiftdelikten (acht Prozent). Straftaten gegen das Leben, also Mord und Totschlag, sind sogar um 27 Prozent gestiegen. Die Gesamtzahl bewegt sich allerdings weiterhin auf einem niedrigen Niveau (38 Fälle).

Auffällig ist, wie bereits berichtet, der Anstieg der nichtdeutschen Tatverdächtigen um vier Prozent. 42 Prozent der Tatverdächtigen besaßen keinen deutschen Pass. In den Jahren 2022 und 2021 lag dieser Anteil noch bei 38 Prozent und damit bereits deutlich über dem Anteil der Nichtdeutschen an der Gesamtbevölkerung: 2022 hatten 20 Prozent der Kölnerinnen und Kölner keinen deutschen Pass.

Sorgen bereitet der Polizei nach wie vor der Anstieg der Jugendkriminalität: Die Zahl der tatverdächtigen Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden bis 21 Jahre stieg um acht Prozent. Kripo-Chef Esser erklärt den Anstieg auch mit der unruhigen Weltlage und dem medialen Umfeld vieler Jugendlicher: „Gewalt, ob in der Ukraine oder im Gaza-Streifen, ist in den sozialen Medien dauerpräsent. Das führt zu einer besonderen Belastung der Jugendlichen“, meint er. Die Polizei allein könne die steigende Jugendkriminalität nicht lösen. „Das ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Aber wir werden nicht müde, darauf hinzuweisen.“

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