In Corona-KriseKölner Männer-Gesang-Verein trifft sich zu virtuellen Chorproben

Die Chorleitung lässt die Probe in der Wolkenburg aufzeichnen – die Mitglieder singen zu Hause.
Copyright: KMGV/Roland Breitschuh
Köln – Der 1. Tenor probt am PC, der 2. Tenor am Tablet, der 1. Bass hat sein Notebook aufs Klavier gestellt, der Präsident (2. Bass) blickt konzentriert auf sein Smartphone. Die Sänger des Kölner Männer-Gesang-Vereins (KMGV) bereiten sich auf ihre Chorprobe vor. Jeder für sich, jeder zu Hause.

Der 1. Bass hat sein Notebook aufs Klavier gestellt.
Copyright: KMGV/Körner
Üblicherweise treffen sich etwa 120 Sänger immer donnerstags im großen Saal der Wolkenburg. Das entfällt in Corona-Zeiten. Die letzte gemeinsame Probe fand am 12. März statt. Das bedeutet nicht, dass der KMGV verstummt. Als Alternative gibt es seit dem 2. April die „virtuelle Chorprobe“. An diesem Donnerstag geht die zweite Ausgabe online. Die wurde drei Tage zuvor in der Wolkenburg aufgezeichnet.
Mit zwei Kameras nimmt der KMGV die virtuelle Chorprobe auf
Der komplett bestuhlte Festsaal gehört an diesem Montag einem Quintett. In gebührendem Abstand voneinander halten sich KMGV-Präsident Gerd-Kurt Schwieren, Bernhard Steiner, musikalischer Leiter und Dirigent, sowie dessen Assistent und 2. Dirigent Christopher Brauckmann im Raum auf. Dazu Bernd Weber und Leonhard Schönartz von der Kölner Videoproduktionsfirma „Carasana“.
Mit zwei Kameras nehmen sie die virtuelle Chorprobe auf und schneiden später das Material auf einen etwa 45- bis 60-minütigen Beitrag zusammen.
Steiner und Brauckmann haben für die Probe mit „La Montanara“ und Melodien von Willi Ostermann zwei Stücke ausgesucht, die für die meisten Sängern nicht völlig unbekannt sind, aber seit einiger Zeit nicht mehr im Repertoire des Chores sind.
Treffen ganz bewusst am gewohnten Ort in der Wolkenburg
„Wir möchten in erster Linie zum Singen anregen und so den musikalischen Geist, der diesen Chor prägt, wach halten. Man könnte auch sagen: Das vertraute Donnerstagsgefühl soll sich in die heimischen Wohnzimmer übertragen“, sagt Steiner.
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Daher treffen sie sich auch ganz bewusst am gewohnten Ort in der Wolkenburg. „Der Raum ist total wichtig. Er ist die musikalische Heimat des Chores, unser Zentrum.“ Das Auge singt quasi mit, wenn die Sänger die Videos hochladen.
Einsingen und entsprechende Rituale gibt es auch virtuell
So wie in jeder Probe beginnt Christopher Brauckmann auch virtuell mit dem Einsingen und den entsprechenden Ritualen: „Ich bitte Sie aufzustehen und einen geraden und aufrechten Stand einzunehmen. Wir starten ganz traditionell mit Schulterkreisen. Fünf Mal die Schultern nach hinten, dann fünf Mal nach vorne.“ Für die beiden Chorleiter ist diese Art der Präsentation ungewohnt und spannend zugleich.
„In einen leeren Raum hinein zu sprechen war zunächst etwas gespenstig. Man muss sich mit der Kamera anfreunden, das ging aber ganz rasch“, sagt Steiner. „Das Ganze bietet auch Vorteile. Jeder Sänger kann sich das Video beliebig oft ansehen und sich gezielt die Stellen raussuchen, die ihn interessieren“, ergänzt Brauckmann.
Das geht, weil sich die jeweiligen Übungseinheiten auf eine Stimmgruppe konzentrieren. Das passende Notenmaterial und die Audiodateien können die Sänger ebenso wie die Videos über vorab übermittelte Links im Internet abrufen.
Meilenstein eines neuen Miteinanders in schwerer Zeit
KMGV-Präsident Schwieren bezeichnet die Szenerie als „surreal, aber auch inspirierend. Das ist eine völlig neue Erfahrung für uns. Wir möchten mit diesem Angebot die Verbundenheit im Chor unterstreichen. Wie gut, dass dies digital möglich ist.“ Zum Chor gehören etwa 135 aktive Sänger im Alter zwischen 24 und 89 Jahren, das Durchschnittsalter liegt deutlich über 60. Die Resonanz auf die Premiere war äußerst vielversprechend.
Es gab über 100 Zugriffe und zahlreiche Zuschriften an den Vorstand per Mail: „Es klappt alles perfekt, und die Chorprobe ist für mich sehr effektiv und wirkungsvoll“; „Diese erste virtuelle Chorprobe werden wir im Rückblick vielleicht einmal als Meilenstein eines neuen Miteinanders in schwerer Zeit sehen“ und „Es ist eine großartige Form, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Ich hatte beim Zusehen und Zuhören tatsächlich den Eindruck, ich stehe in der Wolkenburg.“