Angebliche Abzocke mit MautgebührenKölner will italienische Autobahngesellschaft verklagen

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Autos stauen sich an einer Mautstation auf einer italienischen Autobahn

Mautstation auf einer italienischen Autobahn

Sozialarbeiter Franco Clemens aus Köln hat zwei Mahnbescheide aus Italien erhalten. Er wittert „systematischen Betrug“.

Die Wellen schlagen hoch nach der Berichterstattung im „Kölner Stadt-Anzeiger“ Ende März über angebliche Abzocke mit Mautgebühren auf italienischen Autobahnen. Seitdem meldeten sich Leser  per Mail und Telefon und schilderten eigene Erlebnisse. Der Tenor: „Das ist organisierter Betrug“.

Der Kölner Ex-OB-Kandidat und pensionierte Polizist Andreas Kossiski hatte sich über Post eines Inkasso-Anwalts beklagt, der Kossiski kürzlich im Namen einer italienischen Autobahngesellschaft vorwarf, bei einer Reise an die ligurische Küste vor einem Jahr Mautgebühren in Höhe von 9,60 Euro nicht bezahlt zu haben. Inklusive weiterer Gebühren sollte er nun insgesamt 53,28 Euro nachzahlen. Kossiski kann allerdings per Kontoauszug belegen, die 9,60 Euro am fraglichen Tag im Vorjahr beglichen zu haben. Um letztlich einem Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang aus dem Weg zu gehen, zahlte der ehemalige Kölner OB-Kandidat die 9,60 Euro jetzt nach – ohne Anerkennung von Schuld. Auf die übrigen Gebühren verzichteten Anwalt und Autobahngesellschaft auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Kölner Sozialarbeiter akzeptiert angeblichen Beweis für Verstoß nicht

Franco Clemens, Sozialarbeiter aus Köln, hat ähnliches erlebt. Er soll die Maut gleich an zwei Tagen in den vergangenen beiden Jahren geprellt haben – was Clemens vehement bestreitet. „Ich fahre seit Jahrzehnten regelmäßig nach Italien, kenne mich mit dem dortigen Mautsystem bestens aus. Ich habe immer vor Ort bezahlt, es gab nie Probleme, nur jetzt auf einmal.“ Clemens wittert einen „systematischen Betrug“ und lässt nach eigenen Angaben gerade in Italien eine Klage gegen die Autobahngesellschaft vorbereiten. Zahlen will er jedenfalls nicht.

Er hält es für denkbar, dass einzelne Mitarbeiter der Mautstellen möglicherweise versuchen, Urlauber abzuzocken. Als Beweis für einen der angeblichen Verstöße erhielt er einmal ein Foto von seinem Nummernschild. „Aber was soll das denn beweisen?“, fragt Clemens und liefert die Antwort gleich hinterher: „Gar nichts.“

Er sei zwar tatsächlich an den beiden fraglichen Tagen in Italien gewesen – und wurde dabei offenbar an einer Mautstation fotografiert, vom wem auch immer. Aber die Mautgebühren habe er wie immer vor Ort in bar beglichen. Die Quittungen habe er allerdings nicht aufbewahrt, so wie es vermutlich die wenigsten Urlauber tun.

Ich werde nicht einen Euro an Sie zahlen.
Rainer Weyrich aus Bergisch Gladbach

Wie zum Beispiel auch Rainer Weyrich. Der Bergisch-Gladbacher schlägt sich seit einem Jahr mit einem Inkasso-Dienst herum. Er soll wegen 1,07 Euro Mautgebühr insgesamt 10,47 Euro nachzahlen – und das zweimal wegen angeblich zwei Verstößen. Das Wort „Betrug “ wolle er zwar nicht in den Mund nehmen, sagt Weyrich, wohl aber „moderne Wegelagerei“. Er hat schriftlich Widerspruch eingelegt. Man habe daraufhin unter anderem eine Kopie seines Kfz-Scheines angefordert, aber Weyrich denkt nicht daran. „Ich werde einen Teufel tun und meinen Kfz-Schein in Kopie versenden.“

In den besagten Zeiträumen habe er sich nicht in Italien aufgehalten, an der benannten Mautstation sei er noch nie in seinem Leben gewesen,  versichert er. An einem der beiden Tage habe er sich zudem nachweislich zur Chemobehandlung in einem Krankenhaus befunden. Den Anwälten hat er geschrieben: „Ich werde nicht einen Euro an Sie zahlen.“

Beim ADAC kennt man die Klagen deutscher Autofahrer über die angebliche Abzocke in Italien. Auf Anfrage teilt eine Sprecherin mit, man habe „keine Erkenntnisse darüber, dass es sich bei Mautnachforderungen aus Italien um eine Art Betrugsmasche handelt“. Ein Grund für mögliche Unstimmigkeiten könnte sein, dass der angebliche Mautpreller sein Auto zum fraglichen Zeitpunkt verliehen habe, jemand anderes also in Italien am Steuer saß, aber der Halter nun zur Kasse gebeten werde. Oder auch, dass durch eine „fehlerhafte Auswertung der Kamerabilder“ Kennzeichen verwechselt worden seien.

In Fällen unberechtigter Nachforderungen empfiehlt der ADAC, sich „aktiv zur Wehr zu setzen“. Man solle im ersten Schritt mit einem Schreiben beim Inkassounternehmen (meist das italienische Inkassobüro Nivi SpA) intervenieren und angeben, dass es sich um offenkundig um eine Verwechslung handle. „Hierbei sollte ein Foto des eigenen Fahrzeugs, inklusive Kennzeichen und ggf. eine Kopie der Zulassungsbescheinigung hinzugefügt werden.“

Erst wenn das Inkassounternehmen die Forderung nicht fallen lasse, sollten sich Betroffene an einen Anwalt wenden. Wer auf ein Schreiben der Nivi SpA wegen einer Mautnachforderung nicht reagiere, müsse mit weiterer Post eines deutschen Inkassobüros oder Rechtsanwalts mit höheren Kosten und auch mit gerichtlicher Durchsetzung der Forderung in Deutschland rechnen. Daher rät der ADAC dazu, „bei nachweislich nichtberechtigten Forderungen, zum Beispiel bei einer Verwechslung, aktiv zu werden und sich an das Inkassobüro zu wenden.“

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