Großeinsatz auf Kölner HeumarktPolizei will Pro-Israel-Demo mit „starken Kräften“ schützen

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Polizeibeamte stehen in Berlin-Neukölln auf dem Hermannplatz vor einer Gruppe, aus der "Free Palestine"-Rufe kamen.

Trotz Verbots einer Pro-Palästina-Demonstration in Berlin-Neukölln am Mittwoch sammelten sich Sympathisanten an verschiedenen Orten in der Hautpstadt, beobachtet von der Polizei.

Warum die Polizei eine pro-palästinensische Versammlung verboten hat und warum es trotzdem einen Großeinsatz gibt – Fragen und Antworten.

Welche Kundgebungen mit Bezug zum Terrorangriff der Hamas auf Israel finden am Wochenende in Köln statt?

Ursprünglich waren zwei Standkundgebungen angemeldet worden, beide  für Samstagnachmittag auf dem Heumarkt. Eine der beiden hat die Polizei am Freitagnachmittag verboten, und zwar eine geplante Versammlung der Palästinensischen Gemeinde Köln zum Thema „Palästina unter Besatzung“.

Stattfinden wird dagegen von 14.30 bis 18 Uhr eine Pro-Israel-Demo unter dem Motto „Aufstehen gegen Israelhass und Antisemitismus“. Angemeldet sind 100 Personen. Es könnten aber deutlich mehr werden. Laut „Recherche-Antifabündnis gegen Antisemitismus“ (Raba) unterstützen auch in Köln lebende Syrer die Demo mit der Begründung: „Wir wollen Frieden für Israel, ein Ende der Unterdrückung Palästinas durch Hamas und die PLO. Wir wollen Frieden in Syrien und ein Ende des vom Iran unterstützten Assad-Regimes.“

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Warum hat die Polizei am Freitagnachmittag die Kundgebung der Palästinensischen Gemeinde verboten?

Weil sie nach den Worten von Polizeipräsident Falk Schnabel eine „erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ sieht. Ein Verbot sei vor dem Hintergrund der grundgesetzlich garantierten Versammlungsfreiheit zwar „das letzte Mittel“, aber in diesem Fall aus polizeilicher Sicht „unausweichlich“. Ursprünglich hatte ein Mitglied der Palästinensischen Gemeinde die Kundgebung auf dem Heumarkt schon vor dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober angemeldet.

Wegen der seitdem verschärften politischen Lage hatte die Polizei Köln den Teilnehmern zuletzt strenge Auflagen erteilt. Unter anderem wurde ihnen untersagt, das Existenzrecht des Staates Israel zu leugnen. Zudem durfte nicht zu Gewalt oder Hass gegen die israelische Bevölkerung oder jüdische Menschen aufgestachelt werden. Die Terrorangriffe der Hamas auf Israel durften weder gebilligt noch gerechtfertigt oder gar gefeiert werden. 

Warum reichen die Auflagen jetzt offenkundig nicht mehr aus?

Schnabel sagt: „Wir haben bei unserer fortlaufenden Prüfung nunmehr deutliche Anhaltspunkte für eine Verschärfung der Sicherheitslage gefunden, der auch mit weiteren Auflagen nicht wirksam begegnet werden kann.“

Konkreter wird der Polizeipräsident nicht. Wie es heißt, befürchtete die Polizei allerdings, dass weit mehr als hundert Teilnehmer, darunter möglicherweise fanatische Hamas-Anhänger, nach Köln gekommen wären. Es gab entsprechende Äußerungen im Internet und auf sozialen Netzwerken. Auch in Berlin hatte die Polizei zuletzt aus ähnlichen Erwägungen heraus pro-palästinensische Kundgebungen in der Hauptstadt verboten.

Warum plant die Polizei für Samstag trotz des Verbots einen Großeinsatz auf dem Heumarkt?

Zum einen, weil nicht aufgeschlossen werden kann, dass sich dennoch pro-palästinensische Aktivisten zu einer Versammlung in der Altstadt treffen könnten. Außerdem kann der Anmelder der untersagten Demo gegen die Verbotsverfügung der Polizei noch vor dem Verwaltungsgericht klagen – denkbar ist, dass die Kundgebung dann kurzfristig doch noch stattfinden darf.

Zum anderen hat Polizeipräsident Schnabel angekündigt, mit „starken Kräften“ die Sicherheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der pro-israelischen Kundgebung auf dem Heumarkt gewährleisten zu wollen.

Wie reagiert die jüdische Gemeinde in Köln auf das Verbot?

Mit Erleichterung. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Demonstranten an die Auflagen gehalten hätten und glaube, dass die Situation mit den beiden Demos am Heumarkt eskaliert wäre“, sagt Rafi Rothenberg, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Liberalen Gemeinde Köln. „Deswegen halte ich die Entscheidung für richtig. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Gewalttaten gekommen wäre, war einfach zu hoch.“

Felix Schotland, Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln, sagt: „Wir halten das Demonstrationsrecht in Deutschland für ein zentrales Grundrecht. Es ist wichtig, dass es das gibt. Aber wenn dieses Recht genutzt wird, um das Existenzrecht Israels infrage zu stellen oder gar zum Völkermord gegen Juden aufgerufen wird, dann muss das unterbunden werden.“ 

Die Verunsicherung nach dem Angriff auf Israel sei auch unter den in Köln lebenden Juden groß, der Schock über die Ereignisse sitze nach wie vor tief. Teilweise würden sich Mitglieder der Gemeinde aus Angst vor antisemitischen Angriffen nicht mehr vor die Tür trauen. „Wir tun alles, was in unserer Kraft steht, um unsere Gemeindemitglieder in dieser Zeit zu unterstützen“, sagt Schotland. „Aber wenn man dann sieht, dass die Hamas auf Angriffe auf Juden in aller Welt, also auch in Deutschland, aufruft, dann ist das unfassbar.“

Positiv bewertet Schotland die Anstrengungen von Polizei und Staatsschutz, die Sicherheitsvorkehrungen vor jüdischen Einrichtungen zu erhöhen. „Dafür und auch für die Solidarität vieler Menschen in Köln sind wir sehr dankbar.“

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