Baustelle seit Monaten verwaistRätsel um Gebäuderuine in Köln-Ossendorf

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Die Metallkonstruktion an der Wilhelm-Schreiber-Straße

  • Bereits seit einem Jahr steht eine rätselhaft anmutende Metallkonstruktion auf dem früheren Sportplatz der Grundschule an der Wilhelm-Schreiber-Straße in Köln-Ossendorf.
  • Ursprünglich sollte hier eine Unterkunft für 240 Flüchtlinge entstehen. Der Bau teilte die Anwohner in Befürworter und Skeptiker.
  • Doch was genau jetzt mit dem Gebäude passiert, ist unklar. Die Baustelle ist schon seit Monaten verwaist.
  • Die Hintergründe.

Ossendorf – „Das sollte einmal eine Flüchtlingsunterkunft werden. Sieht noch komisch aus, ist aber so“, so hätte es wahrscheinlich ein Kinderfernsehen-Moderator wie Peter Lustig beschrieben. Gegenüber der Grundschule, die seinen Namen trägt, befindet sich eine rätselhaft anmutende Metallkonstruktion. Seit einem Jahr steht das Gebilde auf dem früheren Sportplatz der Schule an der Wilhelm-Schreiber-Straße. Die letzten Bauarbeiter und Handwerker zogen im Januar ab. Das Baustellenschild, das Aufschluss über das ursprüngliche Vorhaben gab, ist abgebaut.

Seither ruht das Projekt, eine Unterkunft für 240 Flüchtlinge zu errichten. Die Chronik der bisherigen Ereignisse beginnt vor rund vier Jahren. Um die Jahreswende 2015/16 machten in Ossendorf die ersten Gerüchte die Runde, dass Flüchtlinge im Stadtteil untergebracht werden sollten. Schnell teilte sich die Bewohnerschaft in Befürworter und Skeptiker. Informationsabende mit gespannter Atmosphäre sollten folgen.

Flüchtlingsunterkunft in Köln-Ossendorf: Areal schien ideal

Die Stadtverwaltung – damals händeringend auf der Suche nach Grundstücken – hatte den Sportplatz an der Grundschule Wilhelm-Schreiber-Straße ausfindig gemacht. Das Areal schien ideal zur Ansiedlung einer Flüchtlingsunterkunft. Zumal für die damals mehr als 13.000 Menschen, die im Stadtgebiet in Notunterkünften lebten, möglichst schnell bessere Unterkünfte geschaffen werden sollten. Die wichtigsten Kriterien schienen erfüllt: „Sie liegen neben der Größe einer Fläche in der kurzfristigen Verfügbarkeit, geringem Herrichtungsaufwand der Fläche und vorhandener Erschließung sowie Infrastruktur“, hieß es zur Begründung der Standortwahl.

Mitte 2016 starteten erste Erschließungsmaßnahmen bevor im November desselben Jahres der eigentliche Bau der zweigeschossigen Wohncontaineranlage für bis zu 240 Personen sowie Gemeinschaftssanitäranlagen startete. Im März 2017 sollte der Betrieb beginnen.

Termin für Bauarbeiten in Köln nicht eingehalten

Ein Termin, der wie viele weitere danach nicht eingehalten werden konnte. Anfang 2019 teilte die Verwaltung schließlich mit, dass der Vertrag mit dem beauftragten Unternehmen aufgehoben worden sei. Zugleich hieß es, dass neue Überlegungen angestellt würden, auf welche Weise der begonnene Bau noch genutzt werden könne.

Mitte des Jahres kamen im Viertel Zweifel auf, ob das Grundstück, auf dem Jahrzehnte lang Schüler Sport treiben konnten, überhaupt noch für den Bau von Unterkünften benötigt wird. Dem jedoch begegnete die Stadt im Juni mit der Klarstellung, dass der Bedarf weiterhin da sei. Der Plan, Häuser in Systembauweise auf den vorhandenen Beton-Bodenplatten zu errichten ist mittlerweile so weit gediehen, dass noch in diesem Jahr ein Bauantrag gestellt werden könnte.

Neuer Prüfantrag für Bauarbeiten in Köln

Im Juli beschloss die Bezirksvertretung Ehrenfeld einen Prüfantrag. Dabei soll festgestellt werden, ob an der Wilhelm-Schreiber-Straße zusätzlich zur vorgesehenen Flüchtlingsunterkunft eine Freiluft-Sportanlage errichtet werden kann – ein Spielfeld mit Dach auf Stelzen und Ballfangnetzen statt Wänden. Als Ersatz für den verloren gegangenen Sportplatz. Der Bau soll sich an dem Modell „Sport im Sozialraum“ am Rendsburger Platz in Mülheim orientieren.

Die Verwaltung steht dem positiv gegenüber: „Unabhängig von der Frage, wann ein Bau der Flüchtlingsunterbringung erfolgt, wäre nach Ansicht der Verwaltung im Sinne der Sportentwicklungsplanung eine Freiluft-Sporthalle zu begrüßen.“ Dies gelte auch und vor allem dann, wenn eine Flüchtlingsunterkunft entstünde. Dann könnte eine solche Freilufthalle – die über die drei geplanten zweigeschossigen Gebäude hinaus voraussichtlich auf dem ehemaligen Sportplatz Raum finden würde – von Flüchtlingen, der angrenzenden Schule und von Kindern und Jugendlichen des Bezirks genutzt werden.

Anwohner sollen mit Flüchtlingen In Kontakt kommen

Entsprechende Mittel zum Bau einer solchen Freilufthalle sind im Budget der Sportverwaltung vorhanden. Stadtplanerische und baurechtliche Fragestellungen prüft die Verwaltung derzeit noch.

Die Chronik dürfte also im Jahr 2020 noch um weitere Kapitel fortgeschrieben werden. Denn, so der Beschluss der Politiker, die Planung soll im Rahmen einer Veranstaltung mit Leitung und Schulpflegschaft der Grundschule sowie den unmittelbaren Anwohnern vorgestellt werden. Bei der Gelegenheit solle auch zusammengetragen werden, wie Flüchtlinge und Anwohner über den Sport miteinander in guten Kontakt kommen können.

Diese Ideen will die Bezirksvertretung dann prüfen und gegebenenfalls weitere Beschlüsse fassen. Peter Lustig starb im Jahr 2016. Im Sommer 2018 wurde er zum Namenspaten erkoren. Würde er noch leben, hätte er vielleicht längst eine seiner manchmal ganz pfiffigen Ideen beigetragen.

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